| # taz.de -- Zwangsarbeit in Berlin: Niemand wollte sich erinnern | |
| > Mit einer Gedenktafel erinnert eine Kreuzberger Arbeitsgruppe an | |
| > Zwangsarbeiter*innen in der NS-Zeit. Deren Geschichte ist noch wenig | |
| > erforscht. | |
| Bild: Gedenktafel am Dragoner-Areal in Kreuzberg, erstmal nur provisorisch | |
| BERLIN taz | Zwangsarbeit war während des zweiten Weltkriegs auch [1][in | |
| Berlin allgegenwärtig]. Doch direkt nach dem Krieg mochte sich in der | |
| Zivilbevölkerung niemand so recht daran erinnern. So kommt es, dass | |
| Historiker*innen und Initiativen das Wissen über | |
| Zwangsarbeiter*innen und deren Schicksale heute [2][mühsam aus | |
| unterschiedlichen Quellen zusammenklauben] – etwa aus Akten der | |
| Gesundheitsämter, oder aus Listen, die den Verlust persönlicher Dinge nach | |
| Bombenangriffen darlegten. „Es ist ein Puzzlespiel“, sagt Eberhard Elfert | |
| von der „Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus | |
| der Garde-Dragoner-Kaserne“. Um ihre eigenen Erkenntnisse zur Zwangsarbeit | |
| zu dokumentieren, hat [3][die Arbeitsgruppe am Donnerstag auf dem | |
| Kreuzberger Dragoner-Areal eine provisorische Gedenktafel enthüllt]. Das | |
| Areal war im zweiten Weltkrieg ein wichtiger Rüstungsstandort. | |
| „Der Autohersteller Adler“ habe „im zweiten Weltkrieg in der Alten | |
| Reithalle und in den daran anschließenden Adler-Halle“ Militärfahrzeuge | |
| instandgesetzt, ist auf der Tafel zu erfahren. „Dabei wurden | |
| Zwangsarbeiter*innen eingesetzt“, heißt es weiter, und dass sich im 1. | |
| Stock der Reithalle ein Lager befunden habe. Die Tafel hängt nun an der | |
| Stirnseite der alten Reithalle. „Wir wissen von 20 bis 30 | |
| Zwangsarbeiter*innen bei Adler, die meisten wohl aus Frankreich“, sagt | |
| Elfert. Aus den Akten gehe hervor, dass auf dem Dragoner-Areal insgesamt | |
| rund 100 Zwangsarbeiter*innen aus verschiedenen Ländern eingesetzt | |
| waren. | |
| ## Neubau kann Spuren vernichten | |
| Doch das Areal befindet sich im Umbruch: Gebäude werden abgerissen und | |
| andere neu gebaut. In der Arbeitsgruppe fürchten sie, dass „bedeutende | |
| Spuren“ aus der Zeit des Nationalsozialismus unwiederbringlich verloren | |
| gehen. „Wir wünschen uns, dass Archäologen sich die Fundamente etwa von dem | |
| alten Offizierspferdestall gut angucken“, sagt Elfert. „Es kann sein, dass | |
| auch dieser Pferdestall als Lager genutzt wurde.“ Sie vermuten außerdem | |
| dass sich hier ein Splitterschutzgraben befand – ein Unterstand, in dem | |
| Zwangsarbeiter*innen bei Bombenangriffen Schutz suchen konnten. | |
| „Möglicherweise sind dort noch persönliche Gegenstände von ihnen zu | |
| finden“, sagt Elfert. | |
| „Wir können gar nicht alles erfassen“, sagt Roland Borchers, | |
| Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim [4][Dokumentationszentrum | |
| NS-Zwangsarbeit in Schöneweide]. Es gäbe derzeit zahlreiche private | |
| Initiativen, die die Geschichte der Zwangsarbeit „vor der eigenen Haustür“ | |
| erforschten. Daraus seien [5][gerade in Friedrichshain-Kreuzberg auch schon | |
| mehrere Gedenktafeln] hervorgegangen. Er begrüße diese privaten Initiativen | |
| unbedingt, sagt Borchers, sie leisteten einen sehr wichtigen Beitrag. | |
| Die schlichte Plexiglasplatte mit schwarzer Schrift solle auf lange Sicht | |
| von einer offiziellen Gedenktafel abgelöst werden, findet Elfert. Doch das | |
| sei dann die Aufgabe der offiziell dafür Beauftragten. | |
| 24 Mar 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ns-zwangsarbeit.de/recherche/lagerdatenbank/ | |
| [2] /NS-Kriegsverbrechen-in-Berlin/!5825977 | |
| [3] https://dragoner-denkmal-moderne.de/informationstafel/ | |
| [4] /Dokumentationszentrum-NS-Zwangsarbeit/!5805480 | |
| [5] https://zwangsarbeit-berlin.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Uta Schleiermacher | |
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