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# taz.de -- Tesla startet mit der Produktion: Das soll die Zukunft sein
> Brandenburg erhofft sich von Tesla einen Wirtschafts- und Imageboom. Doch
> auch E-Autos sind Autos – und damit eine Technologie von gestern.
Bild: Autos über Autos auf dem Teslagelände: Sieht aus wie im 20. Jahrhundert
Brandenburg ist schon seit Jahrzehnten Autoland. Seine Alleen sind gesäumt
von Bildern junger Männer, die unter Strom oder unter Alkohol gesetzt die
Kurve nicht gekriegt haben. Autos, aufgemotzt, tiefergelegt, feingetunt,
als einzige Möglichkeit, der Tristesse des märkischen Sands und dem
sprichwörtlichen „[1][Warten auf den Bus]“ zu entkommen. Manchmal für
immer.
Ausgerechnet Autos sollen nun dieses Image Brandenburgs aufpolieren:
Hightech statt Ödnis, globaler Megakapitalismus statt behutsamer
Wirtschaftsentwicklung. Der Anfang dazu ist gemacht: Wenn an diesem
Dienstag der Autobauer Tesla in seiner selbsternannten „Gigafactory“ in
Grünheide [2][nach nur gut zwei Jahren Bauzeit die Produktion aufnimmt],
ist das ein kleines Wunder, das bei [3][der Ankündigung im November 2019]
einige bezweifelten. Damals war der immer noch nicht eröffnete Flughafen
BER eine stete Mahnung vor allen Wirtschaftsutopien.
Doch Brandenburgs Landesregierung hat getan, was sie konnte, damit diese
Utopie südöstlich von Berlin wahr wird. Sie hat die Bürokratie mit allen
Mitteln angetrieben, Genehmigungen verteilt wie sonst nur
Tourismusbroschüren, den [4][Widerstand von Naturschützer*innen] in
klare Bahnen (ab-)gelenkt. Und sie hat sich mit Tesla-Chef Elon Musk einem
Mann ergeben, von dem niemand weiß, ob er der Industriemessias ist, als der
er von seinen Fans weltweit verehrt wird, oder schlicht der beste Bluffer
aller Zeiten. Das sollte auch dem zur Eröffnung erwarteten Bundeskanzler
Olaf Scholz (SPD) und dem bereits am Wochenende in Katar gedemütigten
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bewusst sein, wenn sie hoffen,
dass etwas von Musks Aura auf sie abstrahlt.
Brandenburg muss sich fragen, ob die Konzentration auf die
Automobiltechnologie und den mit erwarteten 12.000 Mitarbeitenden dann
größten Arbeitgeber des Landes der richtige Weg ist. Denn auch wenn Tesla
ausschließlich auf Elektromobilität setzt und damit von der aktuellen
Treibstoffkrise an den Tankstellen weniger betroffen ist: Fahrzeuge, wie
Tesla sie produziert, sind nicht die Lösung der Klimakrise und des
Verkehrsproblems in europäischen Städten und auf den sie verbindenden
Straßen. Im Gegenteil. Sie sind zu groß, zu schwer, zu teuer und damit
Inbegriff einer inzwischen überholten Idee von Mobilität, die sich darin
ausdrückt, dass meist nur ein*e Fahrer*in gesichert wie in einem Panzer
darin allein unterwegs ist. Eine absurde Verschwendung von Ressourcen.
Dank Elektroantrieb sind die Teslamobile schön ökologisch angehaucht. Doch
steigen zu viele Menschen auf solche E-Autos um, verschärfen sich die
Probleme. Denn um die Klima-, Energie- und Verkehrskrise zu bewältigen,
braucht es einen drastischen Rückgang beim motorisierten Individualverkehr.
Um die Städte lebenswert zu gestalten, müssen Parkplätze verschwinden und
Platz für Fußgänger*innen und Radler*innen geschaffen werden. Das
alles kulminiert in der Forderung: Kauft keine Autos, erst recht keine
großen! Sprich: keine Teslas.
Man sollte sich nicht zu sehr darauf verlassen, dass am Dienstag die
Zukunft der deutschen Industrie beginnt. Sondern bedenken, dass auch eine
Gigafabrik gegen einen Baum gefahren werden kann: wenn Energie noch teurer
wird; die nächste überraschende Krise kommt; Autos ihren Glanz verlieren;
die Konkurrenz stärker wird. Oder wenn Elon Musk plötzlich ganz andere
Ideen hat. Kann alles passieren.
22 Mar 2022
## LINKS
[1] http://www.ardmediathek.de/sendung/warten-auf-n-bus/staffel-1/Y3JpZDovL3JiY…
[2] /Produktionsbeginn-fuer-Autofabrik/!5839996
[3] /Tesla-Fabrik-in-Brandenburg/!5642020
[4] /Risiken-fuer-Trinkwasser-durch-Tesla/!5816997
## AUTOREN
Bert Schulz
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