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# taz.de -- Unabhängige Medien in Russland gesperrt: Noch weniger Wahrheit
> Zwei der letzten kremlkritischen Medien sind seit Dienstag in Russland
> gesperrt. Zuvor wurde Journalisten die Begriffe „Angriff“ und „Krieg“
> verboten.
Bild: Redaktion des Oppositionellen Fernsehsenders „Doschd“ im Jahr 2012
Moskau taz | Am Dienstagabend gegen 19 Uhr Moskauer Zeit verschwand der
Radiosender „Echo Moskau“ aus dem Äther, Rauschen setzte ein. Die russische
Aufsichtsbehörde hatte bereits zuvor angekündigt, gegen den kremlkritischen
Sender einschneidende Maßnahmen zu ergreifen. Bereits am vergangenen
Wochenende hatte die Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor [1][untersagt],
Begriffe wie „Angriff“, „Krieg“ und „Invasion“ zu benutzen. Auch du…
keine Hinweise mehr verbreitet werden, dass Zivilisten durch den Einsatz
russischer Militärs getötet wurden. Offiziell spricht Moskau von einer
„Spezialoperation“ in der Ukraine.
Auch der TV-Sender [2][Doschd] fiel am Dienstagabend der
Generalstaatsanwaltschaft zum Opfer. Der Bezahlsender hatte schon mehrere
Angriffe der Behörden auf sich gezogen. Bereits vor längerer Zeit wurde er
aus der terrestrischen Übertragung ausgeschaltet und musste als digitaler
Sender überleben. Auch Doschd ist inzwischen eine Hochburg für engagierten
Journalismus. Auch diesem Sender wurde vorgeworfen, falsche Informationen
über den Beschuss ukrainischer Städte und getötete ukrainische Zivilisten
zu verbreiten.
Auch die Websites der beiden Medien wurden am späteren Abend noch gesperrt.
Dennoch gibt es verschiedene Möglichkeiten, über VPN-Zugänge an die Sender
heranzukommen.
In Moskau gelang es ziemlich schnell, die Medien auszuschalten. Echo Moskau
berichtete unterdessen, dass in einigen russischen Städten zunächst noch
die herkömmliche Radioübertragung gewährleistet wurde. Die
Staatsanwaltschaft warf auch Echo vor, „wissentlich falsche Angaben“ zu
verbreiten.
Der Chefredakteur von Echo Moskau, Alexej Wenediktow, wies diese Vorwürfe
zurück: sie seien unbegründet, unbelegt und eine Beleidigung für
Journalisten. Der Sender werde deshalb vor Gericht ziehen: „Wir sehen darin
eine politische Komponente, ebenso wie die Einführung einer Zensur, die von
der russischen Verfassung direkt verboten ist“. Auch die Leitung von Doschd
wies die Vorwürfe zurück und erklärte, der Sender folge in seiner
Berichterstattung strikt russischen Gesetzen.
Inzwischen hat die [3][Konfrontation zwischen Staat und Medien] ein extrem
hohes Maß an Auseinandersetzung erreicht. Die Ankündigung der Medien, sich
an Gerichte zu wenden, dürfte im Kreml nicht für Gänsehaut sorgen.
Gestern früh ging „Echo“ unterdessen wieder auf Sendung. Hatte die
Aufsichtsbehörde bei der Abschaltung einen Fehler begangen? Wollte man den
Hörern im Kreml einen Gefallen tun? Auf der Suche nach glaubwürdigen
Nachrichten sind die Beamten auf den Sender angewiesen, wie manch einer
hinter vorgehaltener Hand zugibt.
Aber schon nach der Morgensendung war wieder Schluss. Sollte das Verbot
diesmal für längere Zeit gelten?
Auch Doschd kehrte nicht mehr zurück. Der Sender hatte in den letzten Tagen
durch eindringliche Bilder die offizielle Moskauer Propaganda Lügen
gestraft, wonach die russische Armee keine zivilen Ziele angreife.
Besonders die Angriffe am Dienstag in der zweitgrößten ukrainischen Stadt
Charkiw bewiesen das Gegenteil. Neben zentralen Verwaltungsgebäuden wurden
auch Krankenhäuser und die Universität beschossen.
Die Bilder wecken Erinnerungen an das Vorgehen des russischen Militärs in
Tschetschenien und in Syrien. Manch einer erinnert sich noch an die
Schleifung der nordsyrischen Stadt Aleppo.
2 Mar 2022
## LINKS
[1] /Unabhaengige-Medien-in-Russland/!5834993
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[3] /Unabhaengige-Medien-in-Russland/!5791308
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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