| # taz.de -- Bananen-Kleinbauern in Ecuador: „Uns steht das Wasser bis zum Hal… | |
| > Wegen Dumpingpreisen und gestiegenen Kosten fürchten Bananen-Kleinbauern | |
| > eine Pleitewelle. Ein Pilotprojekt für faire Löhne soll helfen. | |
| Bild: Harte Arbeit und oft schlecht bezahlt: Bananenplantage in Ecuador | |
| Auf fünf Hektar baut Jorge Toapanta Bananen an. Wie lange der | |
| kleingewachsene Bananero noch durchhalten wird, weiß er aber nicht. „Wir | |
| Kleinbauern steuern auf die Pleite zu, denn die Preise sind ruinös und die | |
| Kosten steigen“, meint der Sekretär der Vereinigung der Bananenbauern von | |
| El Oro. Der Verwaltungsbezirk im Süden Ecuadors ist einer von drei | |
| Bananenprovinzen des Landes, und dort sind besonders viele Kleinbauern | |
| aktiv. Auf Flächen selten größer als 10 Hektar bauen sie die krummen | |
| Südfrüchte an. Vielen droht nun der Bankrott. | |
| Dafür, so Toapanta, der aus der Nähe von Machala, der Bananendrehscheibe im | |
| Süden Ecuadors, kommt, ist einerseits das Preisdumping der aufkaufenden | |
| Zwischenhändler verantwortlich: „Der offizielle Richtpreis liegt bei 6,25 | |
| US-Dollar pro Kiste von 18,14 Kilogramm. Oft müssen wir jedoch für drei bis | |
| vier US-Dollar verkaufen“. Zum anderen seien die Preise für Düngemittel, | |
| Kartonagen und Verpackungsmaterial, aber auch für den Transport seit Beginn | |
| der Pandemie um mehr als 40 Prozent gestiegen, so der Kleinbauer. | |
| „Ruinös für uns“, sagt Toapanta, der zu den Aktivisten gehört, die Anfang | |
| Februar zum Treffen der Kleinbauern aufriefen und einen Forderungskatalog | |
| an die Regierung aufstellten. Sie fordern Preiskontrollen, um dem | |
| Preisdumping der Ankäufer ein Ende zu setzen, sowie Hilfsmaßnahmen der | |
| Regierung. | |
| 6.000 [1][bananenanbauende Betriebe] hat Ecuador dem Agrarministerium | |
| zufolge, wovon rund 5.000 kleinbäuerliche sind. Die stehen seit Jahren | |
| unter Druck, weil der Konzentrationsprozess in Ecuadors Bananensektor | |
| voranschreite, erklärt Jorge Acosta. Er ist Koordinator von Astac, der | |
| einzigen Branchengewerkschaft in Ecuadors Bananensektor. Sie ist seit dem | |
| 12. Januar nach rund sieben Jahren der juristischen Auseinandersetzungen | |
| auch offiziell vom Arbeitsministerium in Quito registriert worden. | |
| ## „Monopolartige Strukturen“ | |
| „Das Problem ist, dass die Kontingente auf den Schiffen von den großen | |
| Exportgesellschaften verteilt werden“, erklärt der 60-jährige | |
| Gewerkschafter. „Die sind allerdings zumindest teilweise in den Händen der | |
| großen Plantagenunternehmen und die besitzen oft auch Kartonage-, Plastik- | |
| und Düngemittelfabriken. Das sind – je nach Region – monopolartige | |
| Strukturen.“ | |
| Mit der Pandemie und dem seit Ende 2020 ansteigenden Erdölpreis ist eine | |
| Preisspirale in Gang gekommen, die dafür sorgt, dass Transportkosten | |
| spürbar ansteigen. Hinzu kommt die weltweite Containerknappheit, das gilt | |
| noch einmal mehr für diejenigen mit Kühlfunktion. All das hat dazu geführt, | |
| dass die Gewinnmargen beim Bananenexport kleiner werden, worunter auch die | |
| großen Plantagen leiden. Und das, obwohl sie meist günstiger als die | |
| Kleinbauern produzieren. | |
| „All das zieht uns die Schlinge, um den Hals immer enger. Wir steuern auf | |
| eine Pleitewelle zu“, befürchtet Toapanta. Darauf haben Mitte Januar auch | |
| die Agrarminister von sieben bananenproduzierenden Ländern reagiert und | |
| sich zusammengeschlossen, um gemeinsam [2][soziale Verantwortung für die | |
| gesamte Bananenlieferkette einzufordern]. Höhere Preise, die Mindestlöhne | |
| decken und eine Pleitewelle bei großen, aber auch bei kleinen Produzenten | |
| verhindern sollen, sind das Ziel. Verhandelt werden soll bei der „Fruit | |
| Logistica“ in Berlin im kommenden April. | |
| In Ecuador selbst könnte dabei ein Pilotprojekt [3][der großen | |
| Supermarktketten] – mit Ausnahme von Edeka – die Richtung vorgeben. Das | |
| wurde am 9. Dezember 2021 vereinbart und geht auf eine gemeinsame | |
| Initiative der „Arbeitsgruppe des deutschen Einzelhandels zu | |
| existenzsichernden Einkommen und Löhnen“ mit den Repräsentanten des | |
| ecuadorianischen Bananensektors zurück. | |
| ## Existenzsichernde Löhne etablieren | |
| Flankiert wird es vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit | |
| und Entwicklung (BMZ) sowie dem ecuadorianischen Agrarministerium, justiert | |
| soll es hingegen von der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit | |
| (GIZ) werden. Es soll existenzsichernde Löhne zuerst in Ecuador und später | |
| in der Region etablieren. Die Lücke zwischen den derzeit gezahlten Löhnen | |
| der rund 200.000 Plantagenarbeiter:innen und existenzsichernden | |
| Löhnen soll geschlossen werden. | |
| Die Initiative begrüßt auch die Gewerkschaft Astac. Rund 3.000 Mitglieder | |
| hat sie aufgrund des gewerkschaftsfeindlichen Klimas auf Ecuadors | |
| Plantagen. Nun ist sie auch offiziell registriert, aber sitzt nicht mit am | |
| Verhandlungstisch. „Bisher sind wir nicht zu Verhandlungen eingeladen | |
| worden“, sagt Jorge Acosta. | |
| Ein Manko, denn es sind nun einmal die Gewerkschaften, die am besten | |
| Bescheid wissen, was die Arbeiter:innen verdienen und ob sie auch für | |
| die oft geleisteten Überstunden bezahlt werden. Obendrein ist das | |
| Pilotprojekt auch unter den Kleinbauernorganisationen noch weitgehend | |
| unbekannt, so Jorge Toapanta. Er fürchtet, dass viele Kleinbauern aus der | |
| Region von Machala die potenziell positiven Effekte nicht mehr erleben | |
| werden. „Uns steht das Wasser bis zum Hals“. | |
| 18 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
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