# taz.de -- Tötungen von Mädchen und Frauen: Studie zu Femiziden startet | |
> Bislang gibt es in Deutschland keine Daten zu Femiziden. | |
> Forscher:innen wollen nun Taten, Motive und Rechtsprechung | |
> untersuchen. | |
Bild: Protestaktion gegen Femizide in Tübingen im November 2021 | |
Noch immer berichten bundesdeutsche Medien gern über „Eifersuchtsdramen“ | |
oder [1][„Familientragödien“], wenn Männer ihre Partnerinnen töten. Diese | |
Begriffe allerdings verschleiern, worum es dabei tatsächlich geht: um | |
Femizide. Femizide sind Tötungen von Mädchen und Frauen aufgrund ihres | |
Geschlechts – also deshalb, weil Frauen gesellschaftlich abgewertet werden, | |
was bis zu ihrem Tod führen kann. Welche konkreten Umstände den einzelnen | |
Taten zugrunde liegen, liegt für den deutschen Kontext bisher allerdings | |
weitgehend im Dunkeln. | |
Das soll sich nun ändern. Expert:innen des Instituts für Kriminologie | |
der Universität Tübingen und des Kriminologischen Forschungsinstituts | |
Niedersachsen [2][kündigen an], in den kommenden drei Jahren Licht in | |
dieses Dunkel bringen zu wollen. Man wolle „Taten, Tatmotive und | |
Rechtsprechung“ auf breiter Datengrundlage untersuchen, heißt es in einer | |
gemeinsamen Pressemitteilung. | |
Zwar bekämen Einzelfälle große mediale Aufmerksamkeit, so die | |
Forscher:innen. Aber „eine empirisch fundierte Studie zu Femiziden, welche | |
die verschiedenen sozialen Kontexte und Motivlagen berücksichtigt, gibt es | |
für Deutschland bisher nicht“, sagt Tillmann Bartsch, stellvertretender | |
Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. | |
## Ein Jahr, vier Bundesländer | |
Grundlage der Untersuchung bilden Akten aus Strafverfahren von Fällen, in | |
denen Frauen getötet oder Opfer einer Körperverletzung mit Todesfolge | |
geworden sind. Auch Tötungsversuche werden einbezogen. Ausgewertet werden | |
Akten der Bundesländer Berlin, Baden-Württemberg, Niedersachsen und | |
Rheinland-Pfalz von 2017. | |
In diesem Jahr gab es laut Polizeilicher Kriminalstatistik 352 Tötungen von | |
Frauen inner- und außerhalb von Partnerschaften, also auch durch | |
Arbeitskollegen oder Bekannte. Wie viele Tötungen davon Femizide sind – und | |
zum Beispiel kein Raubmord, bei dem der Täter ein zufälliges weibliches | |
Opfer tötete –, ist bisher unklar. | |
Neben der Auswertung der Akten soll es Interviews mit Vertreter:innen | |
von Polizei, Justiz und Opferschutzverbänden geben. Auch die Frage, wie | |
Strafverfolgungsbehörden und Justiz geschlechtsbezogene Beweggründe | |
bewerten und welche Rolle sie beim Strafmaß spielen, soll erörtert werden. | |
## Mangelndes Bewusstsein | |
Denn verschiedentlich wird Behörden und Gerichten mangelndes Bewusstsein | |
für die Frauenfeindlichkeit der Taten vorgeworfen. „Die in anderen Ländern | |
schon länger geführte Debatte über die rechtliche Einordnung des Femizids | |
hat nun auch in Deutschland begonnen“, sagt Deborah Hellmann vom | |
Kriminologischen Forschungsinstitut. | |
Die Studie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, | |
beteiligt sind Fachleute aus den Rechtswissenschaften, der Psychologie, der | |
Soziologie und den Kulturwissenschaften. | |
9 Feb 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Femizid-an-34-jaehriger-Afghanin/!5788157 | |
[2] https://kfn.de/blog/2022/02/femizide-umfassende-studie-zur-toetung-von-frau… | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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