| # taz.de -- Staatspräsidentenwahl in Italien: Stabil im Notstandsmodus | |
| > Ein Votum für Stabilität, aber auch Nötigung: Sergio Mattarella bleibt | |
| > Italiens Staatschef und Mario Draghi Ministerpräsident. | |
| Bild: Rente? Niente! Sergio Mattarella muss noch sieben Jahre lang als Präside… | |
| Diese Lösung muss man wohl kreativ nennen. Italiens 80-jähriger | |
| Staatspräsident [1][Sergio Mattarella] darf nicht in die wohlverdiente | |
| Rente gehen, er muss sich mit seiner Wiederwahl abfinden. Und | |
| Regierungschef Mario Draghi, der so gern Staatsoberhaupt geworden wäre, | |
| muss als Ministerpräsident weitermachen. | |
| Mit einem kräftigen „Weiter so!“ haben die 1.009 Wahlleute in Rom für | |
| Bewahrung gestimmt. Für die Bewahrung der fragilen Stabilität des Landes, | |
| die niemand so verkörpert wie das Team [2][Mattarella-Draghi]. Für die | |
| Bewahrung aber auch ihrer eigenen Abgeordneten- und Senator*innensitze, da | |
| nun die vorzeitige Auflösung des Parlaments abgewendet ist, die bei | |
| Kampfkandidaturen von rechts und links fürs Präsidentenamt ebenso im Raum | |
| gestanden hätte wie bei einem Umzug Draghis ins Präsidentenpalais und der | |
| nötigen Bildung einer neuen Regierung. | |
| So gesehen war Mattarellas Wiederwahl eine gute Entscheidung, kauft sie | |
| doch Italien ein weiteres Jahr Stabilität. Zugleich war sie eine schlechte | |
| Entscheidung. Nicht umsonst wehrte Mattarella sich bis zuletzt gegen eine | |
| zweite Amtszeit. Diese gilt als Verstoß gegen den Geist der italienischen | |
| Verfassung. Nur einmal, 2013, kam es zu einer Wiederwahl, von Giorgio | |
| Napolitano. | |
| Damals wie heute grenzt das Verhalten der Wahlleute und ihrer Parteien an | |
| Nötigung im Amt, erzwingen sie doch Wiederwahlen, die von den scheidenden | |
| Präsidenten nicht gewollt waren. Dahinter steckt die Unfähigkeit der | |
| Parteien, zu anderen Lösungen zu kommen: Im Parlament gibt es seit 2013 | |
| keine organischen politischen Mehrheiten mehr. | |
| Das aber liegt an großen Teilen des italienischen Wahlvolks, die | |
| seinerseits auf Bewahrung der eigenen Schizophrenie aus sind. Gerade | |
| Wähler*innen der Rechten goutieren zwar Männer der Mitte wie Mattarella | |
| und Draghi – am Ende aber wählen sie regelmäßig Krawallschachteln wie | |
| [3][Matteo Salvini] oder Giorgia Meloni und sorgen so für ein Parlament, in | |
| dem Kompromisse nur im Notstandsmodus möglich sind. | |
| 30 Jan 2022 | |
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| Michael Braun | |
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