# taz.de -- Kommunalwahlen in Italien: Schlappe für Regierungsparteien | |
> Bei der Abstimmung in fast 1.000 Kommunen haben die Lega und Fünf Sterne | |
> Verluste eingefahren. Im rechten und Mitte-Lager verschieben sich die | |
> Kräfte. | |
Bild: Während der Regionalwahlen in Italien am 13. Juni in Molfetta | |
ROM taz | Alles bleibt wie gehabt – und doch ist alles anders. Zwar gehen | |
die politischen Lager sowohl der Rechten als auch der Mitte-Links-Allianz | |
ohne einschneidende Verschiebungen zwischen den Lagern aus den am Sonntag | |
[1][in Italien abgehaltenen Kommunalwahlen] hervor; innerhalb der beiden | |
Lager aber haben sich die Kräfteverhältnisse deutlich verändert. | |
In 971 der etwa 8.000 Kommunen waren die Bürgermeister*innen und | |
Stadtparlamente zu wählen. Rund neun Millionen Bürger*innen waren zur | |
Abstimmung aufgerufen. Dies machte den Wahlgang zum ersten signifikanten | |
Test für die Parteien, seitdem im Februar 2021 die [2][Regierung unter | |
Mario Draghi] ins Amt gekommen ist. | |
Als am Montagabend endlich die Stimmen ausgezählt worden waren, stand fest, | |
dass vor allem der Rechtsblock, bestehend aus Matteo Salvinis Lega, aus | |
Silvio Berlusconis Forza Italia und aus der postfaschistischen Partei | |
Fratelli d’Italia (FdI – „Brüder Italiens“) ein gutes Ergebnis eingefa… | |
hat. Ihre Gemeinderatslisten erhielten in den abstimmenden Kommunen fast 44 | |
Prozent. Die beiden größten Städte Palermo und Genua fielen schon im ersten | |
Wahlgang an die Rechte. Im traditionell linken Genua, zum ersten Mal vor | |
fünf Jahren von der Rechten erobert, triumphierte der bisherige | |
Bürgermeister mit 55 Prozent. | |
In Palermo dagegen war die Nachfolge des seit zehn Jahren regierenden | |
Stadtoberhaupts Leoluca Orlando zu bestimmen. Orlando ist auch | |
international wegen seiner harten Linie gegen die Mafia sowie wegen seiner | |
gegenüber Flüchtlingen freundlichen Politik bekannt. Dort setzte sich die | |
Rechte ebenfalls im ersten Wahlgang klar durch. | |
Ihr Kandidat kam zwar „nur“ auf 48 Prozent. Ein sizilianisches | |
Regionalgesetz legt die Hürde für einen Sieg im ersten Wahlgang allerdings | |
mit 40 Prozent niedriger. Auch dass zwei rechte Kandidaten unmittelbar vor | |
der Wahl verhaftet worden waren, weil sie mit Mafiosi über von ihnen | |
kontrollierte Stimmpakete verhandelt hatten, konnte das | |
Abstimmungsverhalten der Palermitaner*innen nicht beeinflussen. | |
## Postfaschistische FdI triumphiert | |
Die Mitte-Links-Kräfte liegen mit 42 Prozent fast gleichauf mit dem rechten | |
Lager. Sie konnten die bisher von der Lega regierte Stadt Lodi in der | |
Lombardei für sich gewinnen. In vielen Städten konnten sie ihre | |
Kandidat*innen aussichtsreich für die Stichwahlen am 26. Juni | |
platzieren, zum Beispiel [3][im traditionell rechten Verona], in dem der | |
Mitte-links-Kandidat mit 40 Prozent vorne liegt. | |
Zugleich gab es innerhalb der jeweiligen Lager Verschiebungen. Rechts | |
triumphiert die postfaschistische FdI unter Giorgia Meloni. Ihre Listen | |
platzierten sich fast flächendeckend vor denen der Lega unter Salvini. Die | |
Lega brach im Süden Italiens ebenso ein wie in ihren früheren Hochburgen im | |
Norden. Mittlerweile darf die FdI-Chefin Meloni als starke Frau des | |
Rechtsblocks gelten. Ihre Partei profitiert davon, dass sie als einzige | |
nennenswerte Kraft im Parlament gegen die Regierung Draghi opponiert, | |
während die Lega zur Regierungskoalition in Rom gehört. | |
Im Mitte-links-Block dürften die Fünf Sterne nervös werden. Bei den | |
nationalen Wahlen 2018 hatten sie noch 32,7 Prozent eingefahren. In vielen | |
Kommunen trat das Movimento5Stelle (M5S) erst gar nicht an. Wo es dabei | |
war, hatte es sich in den meisten Fällen für Allianzen mit der gemäßigt | |
linken Partito Democratico (PD) entschieden. Damit wurde zwar ein größerer | |
Erfolg der Rechten verhindert – nicht aber ein Erfolg des M5S erreicht. | |
Ihre Listen kamen nur auf 1,4 Prozent. | |
Auch die Fünf Sterne gehören zur Koalition um Draghi. Genauso wie die Lega | |
dürften sie versucht sein, dort ihr Profil zu schärfen, indem sie immer | |
wieder auf Abstand zu Draghi gehen. | |
Eine erste Gelegenheit haben beide Parteien, wenn das Parlament am 21. Juni | |
über die Ukrainepolitik debattiert. Sowohl die Lega als auch das M5S lassen | |
durchblicken, dass sie weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ablehnen. | |
Dies könnte zu einer Zerreißprobe in der Regierungskoalition – aber auch in | |
den beiden politischen Blöcken – führen. | |
14 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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