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# taz.de -- Studie zu Arbeit für Online-Plattformen: Die Hoffnungen wurden ent…
> Eine Studie zur Plattform-Ökonomie stellt fest: Arbeit im Internet wird
> viel schlechter bezahlt als analoge Arbeit. Es brauche EU-weite
> Regulierung.
Bild: Prekäre Arbeit: Ein Kurier bei Uber Eats, hier in Polen
Die Arbeit wandert immer mehr ins Internet ab – und wird dort deutlich
schlechter bezahlt als in der analogen Welt. Zu diesem Ergebnis kommt die
bisher größte Studie zur sogenannten Plattform-Ökonomie, die das
Europäische Gewerkschaftsinstitut (Etui) in 14 EU-Ländern durchgeführt
hat. Deutschland schneidet nach der Studie, die der taz vorab vorlag, etwas
schlechter ab als der Durchschnitt.
„Unsere Ergebnisse stützen nicht die optimistischen Erwartungen, dass
[1][die Plattform-Ökonomie] Lösungen für Menschen bieten könnte, die in der
traditionellen Wirtschaft keine Arbeit haben“, sagen Agnieszka Piasna,
Wouter Zwysen und Jan Drahokoupil, die die Studie angefertigt haben.
Meist seien es Arbeitnehmer mit prekären Offline-Jobs, die sich online
einen Zusatzverdienst suchten.
Insgesamt waren im vergangenen Jahr in der EU 47,5 Millionen Menschen im
Internet beruflich tätig, das sind 17 Prozent der arbeitsfähigen
Bevölkerung. Der Anteil der „echten“ Plattform-Arbeiter lag laut Studie mit
15 Millionen (5,4 Prozent) deutlich niedriger. Darunter waren nur 3
Millionen, für die Plattform-Arbeit einen signifikanten Teil ihrer
Erwerbstätigkeit ausmacht.
Zwar habe die Plattform-Ökonomie in der Coronapandemie einen Boom erfahren.
Lieferdienste wie Uber Eats seien zum Symbol einer neuen Arbeitswelt
geworden. Doch [2][sozial und gerecht geht es dabei nicht zu]. „Das
Einkommen bei dieser Art von Arbeit ist sehr niedrig“, so die Experten. „Es
würde einen Arbeitnehmer, der ausschließlich von dieser Arbeit lebt, unter
die Armutsgrenze bringen.“
## Karges Zubrot
Die große Mehrheit (85 Prozent) verdiente im Internet nicht einmal die
Hälfte ihres Jahreseinkommens – es handelt sich also um ein karges Zubrot.
Im Durchschnitt lag das Einkommen aus Plattform-Arbeit bei 250 Euro im
Monat. Das Versprechen, im Internet ohne großen Aufwand viel Geld zu
verdienen, erweist sich also in den meisten Fällen als Schimäre – meist
geht es um prekäre Jobs.
Nicht besser sieht es in Deutschland aus. Hier gibt es zwar etwas weniger
Plattform-Arbeiter als im EU-Mittel, nämlich 4,4 Prozent. Diese verdienen
mit durchschnittlich 100 Euro im Monat aber auch weniger als ihre Nachbarn.
In Frankreich sind es im Durchschnitt immerhin 150 Euro. Besonders hoch
liegt der Anteil der Online-Jobber in der Slowakei, doch auch dort wird
schlecht bezahlt.
## Forderung nach EU-Regulierung
Insgesamt bestätige die Studie [3][die Forderung nach einer EU-weiten
Regulierung der Plattform-Arbeit], meint das Gewerkschaftsinstitut.
Online-Arbeiter würden noch allzu oft als (schein-)selbstständig eingestuft
und gnadenlosen Algorithmen unterworfen, die den Arbeitsalltag steuern.
Wichtige Entscheidungen dürften nicht Maschinen überlassen werden, denn
dabei gehe – neben der Transparenz – außerdem noch die soziale
Verantwortung verloren.
Die EU-Kommission hatte im Dezember bereits einen Entwurf vorgelegt, der
die Lage der Online-Jobber verbessern soll. Die Brüsseler Behörde schlug
vor, bis zu 5,5 Millionen Plattform-Arbeiter zu Angestellten machen.
Allerdings stellt sich die Wirtschaft quer. Der Vorschlag sei politisch
motiviert und werde den digitalen Dienstleistungen im Binnenmarkt schaden,
so erklärte es Markus J. Beyrer vom Interessenverband Businesseurope.
Während die Beratungen in der EU andauern, ist Belgien am Dienstag
vorgeprescht. Premierminister Alexander de Croo kündigte besseren Schutz
für freie Angestellte von Internet-Plattformen wie Uber an – etwa durch
eine verpflichtende Arbeitsunfallversicherung. „Wir arbeiten an einer
nachhaltigen, innovativen und digitalen Wirtschaft“, sagte der liberale
Regierungschef in Brüssel.
16 Feb 2022
## LINKS
[1] /Schoene-neue-Arbeitswelt/!166240/
[2] /Arbeitsschutz-bei-Onlineplattformen/!5731929
[3] /EU-will-Plattformarbeiter-besserstellen/!5817059
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Online-Plattform
Lieferdienste
Gewerkschaft
Studie
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Arbeiterklasse
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Arbeit
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