| # taz.de -- In der Olympischen Blase: Die Weiße Armee hat alles im Griff | |
| > Der taz-Reporter ist in Peking eingetroffen. Securities scannen QR- | |
| > Codes, schicken ihn zum PCR-Test, dann aufs Hotelzimmer. Ein | |
| > Erfahrungsbericht. | |
| Bild: Ein Weißarmist im Dienst | |
| Sie sind die heimlichen Superstars dieser Spiele. Die Männlein und Weiblein | |
| in den weißen Ganzkörperanzügen mit den Schutzbrillen und den Faceshields | |
| sind das Begrüßungskommando für alle, die zu den Olympischen Spielen nach | |
| Peking reisen. Beim Verlassen des Flugzeugs stehen die ersten an der Tür. | |
| Einer hat einen Tank umgeschnallt und einen Zerstäuber in der Hand. Man | |
| kommt sich schmutzig vor. | |
| Im Flughafengebäude warten schon die nächsten Offiziere der Weißen Armee. | |
| „Sit down!“, brüllen sie und zeigen auf einen Warteraum. Nun heißt es: ab | |
| ins Internet! Die [1][Olympia-App „My2022“] wird aufgerufen. 14 Tage vor | |
| Einreise mussten die Olympiareisenden damit beginnen, ihre | |
| Gesundheitsdaten, die Körpertemperatur und die Impfgeschichte zu | |
| dokumentieren, Zertifikate hochladen sowie die negativen Testergebnisse der | |
| zwei vor der Ausreise vorgeschriebenen PCR-Tests. Was sonst noch auf dem | |
| Smartphone war, hat man wohl auch preisgegeben. Wer alles richtig gemacht | |
| hat, dem wurde der „Green Health Code“ geschickt, ein QR-Code: das Ticket | |
| für die olympische Blase. | |
| Alle im Warteraum rechnen damit, dass man diesen ebenso wie einen weiteren | |
| QR-Code – für den man neben dem Bild des Reisepasses auch ein Bild des | |
| Personalausweises hat hochladen müssen, damit auch die angegebene | |
| Wohnadresse in der Heimat überprüft werden kann – vorzuzeigen hat. Der | |
| taz-Reporter scheitert daran, auf dem Prepaid-Konto seines Smartphones ist | |
| zu wenig Guthaben, um die Bestätigungs-SMS zu empfangen, die es braucht, um | |
| sich in das Flughafen-WLAN einzuloggen. Ohne Netz läuft das | |
| Überwachungsspiel „My2022“ nicht. War es das? | |
| Nein, die Daten sind alle längst gespeichert. Nach einer halben Stunde | |
| Wartezeit werden die Ankömmlinge zu einem Bildschirmterminal geschickt. Die | |
| Pässe werden gescannt, und schon scheinen ein paar der Daten auf, die man | |
| vor ein paar Tagen in die App eingegeben hat. | |
| Es gilt, sie noch einmal zu bestätigen. „Haben Sie in den letzten 14 Tagen | |
| mal Fieber gehabt?“ Ja. „Haben Sie fiebersenkende Medikamente genommen?“ | |
| Ja. Der taz-Reporter erinnert sich an die wirklich fiese Magenverstimmung | |
| vor einer Woche. | |
| Es geht jetzt zum Coronatest. Eine weitere Hundertschaft Hygieniker wartet | |
| in kleinen Kabinen auf die Passagiere. Manch einer sprüht sich [2][in einer | |
| Tour Desinfektionsmittel] über seine gerade frisch angezogenen | |
| Gummihandschuhe. Die Angst vor den Virenschleudern aus Europa muss wirklich | |
| groß sein. Kurz in der Nase gebohrt, tief im Rachen Speichel genommen und | |
| schon geht es weiter Richtung Passkontrolle. Der Bon mit dem QR-Code, den | |
| das Terminal eben ausgespuckt hat, vermag das Schleusentor dahin nicht zu | |
| öffnen. Rot. Das war es jetzt, oder? | |
| „Follow me!“ Der Weißarmist hat es eilig. Er führt den taz-Reporter zurü… | |
| zum Terminal. Die Angaben müssten geändert werden. „No fever!“, sagt er. | |
| Und: „No medication!“ Dann gab es halt keine Magenverstimmung. Jetzt darf | |
| der Berichterstatter zur Passkontrolle. Auch die Zöllner tragen weiße | |
| Papieroveralls. Manch einer hat ein Olympiamaskottchen draufgeklebt. Ein | |
| anderer einen roten Stern. Vielleicht der Chef. | |
| ## Eine Kette an der Tür | |
| Nun heißt es wieder warten. Durch das Fenster ist zu beobachten, wie sich | |
| Weißarmisten mit dem Gepäck beschäftigen. Skier sind darunter, und die | |
| Ausrüstung der deutschen Eishockeyauswahl in riesigen Taschen. Nach zwei | |
| Stunden Wartezeit geht es los. | |
| Auf dem Weg in die Stadt fährt der Bus an einem Kanal vorbei, auf dem ein | |
| paar Freizeitler Schlittschuh laufen. Nette Bilder, die die | |
| Olympiareisenden nur durchs Busfenster sehen dürfen. Sie müssen in der | |
| Blase bleiben, dem Loop, wie er hier heißt. | |
| In der Unterkunft angekommen, gibt es eine strikte Ansage. Ab aufs Zimmer! | |
| Dort soll man warten, bis das Ergebnis des am Flughafen genommenen | |
| PCR-Tests vorliegt. Sollte es positiv sein, wird man isoliert. Im Hotel | |
| wurde dafür ein Raum freigemacht. Außer zwei Stühlen und einem Tisch ist | |
| darin nichts. | |
| Die dicke Kette an den Türgriffen macht deutlich, dass das kein Spaß ist. | |
| Dem taz-Reporter bleibt Quarantäne erst mal erspart – im Gegensatz zu sechs | |
| Mitgliedern des deutschen Olympiateams, die mit der selben Maschine aus | |
| Frankfurt am Main gekommen sind. | |
| Am Abend bedankt sich [3][IOC-Präsident Thomas Bach] für die Herzlichkeit, | |
| mit der die Pekinger die Welt als Gäste begrüßt hätten. Eine chinesische | |
| TV-Reporterin hatte ihn gefragt, ob er nicht auch finde, dass die Spiele | |
| nach zwei Jahren Pandemie so etwas wie einen Frühling für die Welt | |
| darstellten. Der Oberolympier wollte da nicht widersprechen. Welcome to | |
| Beijing! | |
| 4 Feb 2022 | |
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| Andreas Rüttenauer | |
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