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# taz.de -- Opioid-Krise in den USA: Entschädigung für Native Americans
> Pharmakonzerne müssen 590 Millionen Dollar an US-Indigene zahlen. Die
> sind von der Opioid-Krise besonders schwer betroffen und hatten geklagt.
Bild: Pillen des Schmerzmittels Oxycodon
Berlin taz | 590 Millionen US-Dollar müssen der Pharmakonzern Johnson &
Johnson und die drei größten US-amerikanischen Medikamentenvertreiber in
den nächsten sieben Jahren an [1][US-Indigene] zahlen. Das ist das Ergebnis
eines Vergleichs, der einen Rechtsstreit beendet, in dem es um Opioide
ging, die süchtig machen und töten. Die Gelder sollen dazu verwendet
werden, Drogenabhängige in den Reservaten zu betreuen.
Die rund zwei Millionen Indigenen sind härter als jede andere
Bevölkerungsgruppe von der [2][Opioid-Krise] betroffen, die seit Mitte der
1990er Jahre in den USA grassiert. Zwischen 1999 und 2019 sind daran mehr
als 500.000 Menschen in den USA gestorben. Seit dem Beginn der
Coronapandemie hat sich das Sterben an Überdosen noch beschleunigt. Das
vergangene Jahr war – mit 96.000 Toten – das bislang tödlichste Jahr der
„Opioid-Epidemie“.
Für sehr viele Opfer hat die Abhängigkeit in Arztpraxen und Apotheken
begonnen, wo sie süchtig machende Medikamente wie Oxycontin (von
Purdue-Pharma) und Duragesic und Nucynta (von Johnson & Johnson) bekamen.
Nachdem sie abhängig waren, aber keine Verschreibung mehr bekamen, stiegen
viele auf andere Drogen um, wie Heroin und illegal produziertes Fentanyl.
Sie sind auf dem Schwarzmarkt erhältlich.
Angesichts von insgesamt 574 offiziell anerkannten „Stämmen“ in den USA
nehmen sich die 590 Millionen Dollar eher wie eine kleine Summe aus. In
vielen Fällen wird das Geld nicht einmal reichen, um ein Beratungszentrum
zu bauen, geschweige denn, es zu betreiben und Personal zu bezahlen. Doch
W. Ron Allen, der Vorsitzende der Jamestown S’Klallam und einer der
Wortführer in dem Rechtsstreit, den 400 verschiedene Gruppen gemeinsam
angestrengt haben, spricht von einem „ganz großen Ereignis“.
## Für Johnson & Johnson ist die Summe nur Kleingeld
Der Vergleich von Cleveland, Ohio ist das Ergebnis der ersten erfolgreichen
Sammelklage von UreinwohnerInnen. W. Ron Allen vergleicht ihn mit dem Tabak
in den 90er Jahren, dem ebenfalls unverhältnismäßig viele UreinwohnerInnen
zum Opfer gefallen sind. Damals gab es kein gemeinsames Vorgehen.
In einem getrennten Verfahren hatte eine der größten Gruppen von
UreinwohnerInnen, die Cherokee Nation in Oklahoma, bereits vor mehreren
Wochen 75 Millionen Dollar von Johnson & Johnson errungen.
Aus dem Pharmakonzern [3][Johnson & Johnson] kam nach der Entscheidung in
Cleveland die bei Vergleichen übliche Standarderklärung, dass dies kein
Schuldeingeständnis sei.
Für den Pharmakonzern fällt die Summe finanziell nicht ins Gewicht. Der
Konzern will die Mittel aus einem Fonds schöpfen, der bereits im letzten
Sommer eingerichtet worden ist. Damals hatten sich dieselben vier Konzerne
auf einen Vergleich über 29 Milliarden Dollar mit den Kommunen und
Bundesstaaten der USA geeinigt, die durch den Umgang mit der
Opioid-Epidemie schwer belastet sind.
Weitere Prozesse gegen die verschiedenen beteiligten AkteurInnen der
Opioid-Epidemie laufen noch. Unter anderem gehören dazu Klagen gegen die
großen Apothekenketten Walmart, Walgreens und CVS. Nachdem die
gefährlichen Opioide Mitte der 1990er Jahre auch für weniger schwere
Schmerzen zugelassen wurden, schnellte der Verkauf in die Höhe. Sie wurden
zu einer wichtigen Einkommensquelle für Apotheken.
Falls 95 Prozent der KlägerInnen und eine Mehrheit der großen anderen
Gruppen von UreinwohnerInnen den Vergleich annehmen, werden 15 Prozent des
Geldes an AnwältInnen gehen. Der Rest wird nach einem Proporz aus
Bevölkerung und Betroffenheit verteilt.
2 Feb 2022
## LINKS
[1] /Bericht-des-US-Gesundheitsministeriums/!5612780
[2] /Drogenepidemie-in-den-USA/!5472566
[3] /Opioid-Urteil-in-den-USA/!5618033
## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
USA
Drogensucht
Abhängigkeit
Pharma
Pharmaindustrie
Drogenpolitik
Indigene
Native Americans
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Kolumne Krank und Schein
USA
Medikamente
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