Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wer warnt vor Unwettern?: Die Ausnahme vom Ausnahmezustand
> Die Berliner Feuerwehr ruft wegen dem Sturm Nadia den Ausnahmezustand
> aus, doch die Warnapps bleiben stumm. Läuft da was schief?
Bild: Stürmische Nacht: Die Feuerwehr bei Aufräumarbeiten nach dem Sturm Nadia
Berlin taz | Im Herbst 2020 verfiel Deutschland in akute Alarmeritis.
Bundesweit wurde an jenem 10. September um exakt 11 Uhr getestet, welche
Warnmelder – Sirenen, Apps, Durchsagen über Lautsprecherwagen, Radio,
digitale Werbetafeln – funktionieren, sprich: wie die Bevölkerung im
Notfall alarmiert werden könnte. Das Ergebnis war, vorsichtig gesagt,
ziemlich bescheiden. Wenn der Russe käme – wie es einst hieß –, die
Bevölkerung würde wohl noch selig schlafen.
Auch am Sonntag war Alarmstimmung, nicht wegen Putin und der Ukraine,
sondern wegen des Sturmtiefs „Nadia“. Kurz nach 8 Uhr rief die Berliner
Feuerwehr deswegen den Ausnahmezustand aus und verkündete dies via Twitter,
wo ihr fast 160.000 Menschen folgen. Zudem verwies sie auf Anweisungen auf
ihrer Homepage: Man solle, wenn möglich, das Haus nicht verlassen, Balkone
und Terrassen windsicher machen und kleinere Wasserschäden selbst beheben.
Das klang recht dramatisch und wurde prompt zur [1][Topnews an jenem sonst
nachrichtenarmen Sonntag.]
Die [2][Apps Katwarn und Nina] allerdings schwiegen. Wer sich früh morgens
noch mal gemütlich im Bett umdrehte und ein bisschen weiterschlief, bekam
vom Ausnahmezustand wahrscheinlich kaum etwas mit. Haben die Behörden also
nichts gelernt aus dem Versagen beim Warntest im September 2020?
Tatsächlich ist es so eine Sache mit dem Ausnahmezustand, erklärt ein
Sprecher der Berliner Feuerwehr am Montag auf taz-Anfrage. Es handle sich
vor allem um eine „interne Maßnahmenanpassung“ und weniger um ein Signal an
die Bevölkerung. Über Twitter versuche man vor allem, die „Multiplikatoren�…
zu erreichen. Und dass Redaktionen deswegen in erhöhte Alarmeritis
verfallen, sei eigentlich unnötig.
„Für uns heißt Ausnahmezustand erst mal, dass wir vom Regelbetrieb
abweichen“, so der Sprecher weiter. Das passiere auch regelmäßig an
Silvester. Damit würden zum Beispiel die Freiwilligen Feuerwehren in
Bereitschaft versetzt und könnten mit ihren rund 1.500 Berliner
Feuerwehrfrauen und -männern die 4.500 Personen starke berufliche Feuerwehr
unterstützen. Was sie dann auch taten: In der Zeit des Ausnahmezustands von
8.10 bis 16.40 Uhr am Sonntag habe man 340 wetterbedingte Einsätze
abgearbeitet. „Im Einsatz waren auch zahlreiche Kräfte der Freiwilligen
Feuerwehr“, heißt es [3][bei der Bilanzmeldung auf Twitter].
## Es war nicht stürmisch genug
Das ist eine Erklärung, warum die Warn-Apps Nina und Katwarn nicht
anschlugen. Die andere: Es war gar nicht stürmisch genug. Die beiden
Warnsysteme – Meldungen über Katwarn kann man sich übrigens auch noch via
SMS schicken lassen – werden, was Unwetterlagen angeht, vom Deutschen
Wetterdienst ausgelöst. Und der hatte in Ostdeutschland nur für
Mecklenburg-Vorpommern und Nordostbrandenburg eine Unwetterwarnung
herausgegeben, nicht aber für Berlin. Für die Stadt wurde lediglich Sturm
angekündigt – zu wenig für einen kräftigen Alarm auf dem Handy.
Auch die Berliner Feuerwehr kann die beiden Warn-Apps auslösen, von sich
aus oder auf Anweisung von der für Polizei und Feuerwehr zuständigen
Innensenatorin – allerdings nicht unbedingt aufgrund der Wetterlage,
sondern vielmehr bei Großbränden, Blindgängern, Stromausfall und Ähnlichem,
wie das zuletzt auch immer wieder passiert ist. Zumeist, so der
Feuerwehrsprecher weiter, handle es sich aber um Vorkommnisse, die nicht
die ganze Stadt, sondern einen konkreten Bereich umfassen, etwa einen
Ortsteil oder Bezirk.
31 Jan 2022
## LINKS
[1] /Sturm-in-Berlin-und-Brandenburg/!5832496
[2] /Wer-warnt-bei-Gefahr-die-Berliner/!5321640
[3] http://twitter.com/Berliner_Fw/status/1487819098511785993
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Unwetter
Alarm
Feuerwehr
Orkan
Orkan
Sturm
Unwetter
Unwetter
Unwetter
Flutkatastrophe in Deutschland
Katastrophenschutz
Katastrophe
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sturmtief „Ylenia“ in Berlin: Vor dem zweiten Schub
Warum macht ein Sturmtief Pausen zwischendurch und was haben Stürme im
Februar mit dem Klimawandel zu tun? Ein Anruf beim Meteorologen.
Sturmtief „Ylenia“ über Berlin: Sturmnacht verlief glimpflich
Die Deutsche Bahn stellt vorerst den Fernverkehr in Berlin und Brandenburg
ein. Die Berliner Feuerwehr warnt weiter davor, das Haus zu verlassen.
Sturmtief „Ylenia“: Kein Fernverkehr der Bahn im Norden
„Ylenia“ fegt über Deutschland hinweg. Die Folgen: Sturmflut, Zugausfälle
und gestrichene Flüge. Ein Ende der stürmischen Tage ist nicht in Sicht.​
Unwetterwarnung für Berlin: Es wird stürmisch
Der Deutsche Wetterdienst warnt vor einem Sturmtief am Mittwoch und
Donnerstag. Von dem Aufenthalt in Parks wird dringend abgeraten.
Wahlplakat erschlägt Mann in Beelitz: Staatsanwalt prüft tödlichen Unfall
Ein vom Sturm gelöstes Wahlplakat erschlägt in Beelitz einen Fußgänger.
Parteien lassen Standfestigkeit der Plakate überprüfen.
Sturm in Berlin und Brandenburg: Feuerwehr ruft Ausnahmezustand aus
Sturmtief „Nadia“ sorgt für Chaos: Berliner*innen sollen das Haus nicht
verlassen. Ein Mann wird von einem umstürzenden Wahlplakat erschlagen.
Tester über Katastrophen-Warn-Apps: „Eine App reicht meist nicht aus“
Anwendungen wie Nina sollen vor Katastrophen warnen. Doch was ist von ihnen
zu halten? Jonas Schönfelder von der Stiftung Warentest erklärt die Lücken.
Cell Broadcasting für Katastrophenschutz: Warnnachrichten plötzlich im Trend
Nach der Flutkatastrophe denkt die Regierung über automatische
Warnmeldungen auf Mobiltelefone nach. Bisher war sie da eher skeptisch.
Wer warnt bei Gefahr die Berliner?: Achtung! Unbedingt lesen!
Die Münchner Polizei warnte während des Amoklaufs via Twitter und Katwarn.
Wie würden die Berliner in einem ähnlichen Fall informiert?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.