# taz.de -- Wer warnt bei Gefahr die Berliner?: Achtung! Unbedingt lesen! | |
> Die Münchner Polizei warnte während des Amoklaufs via Twitter und | |
> Katwarn. Wie würden die Berliner in einem ähnlichen Fall informiert? | |
Bild: Es knallt – und wie erfahren die Berliner davon? Übung in Schönefeld | |
Die letzte Alarmmeldung auf dem Handy ist noch nicht so alt: Am 13. Juli um | |
11.46 Uhr kam eine SMS mit dem Hinweis auf eine „Amtliche Unwetterwarnung | |
vor schwerem Gewitter mit heftigem Starkregen und Hagel“, gültig ab sofort, | |
bis 12.30 Uhr. Wesentliche Teile der Meldung waren in Versalien | |
geschrieben, was lautem Rufen oder Schreien gleichkommt. „Achtung: Wirklich | |
wichtig!“, soll das heißen. | |
Teilt man diese Warnung anderen Menschen mit, ist für sie oft weniger die | |
Nachricht selbst spannend, sondern der Sender der Nachricht. Kaum jemand | |
kennt Katwarn – kurz für Katastrophenwarnsystem. | |
Als am vergangenen Freitag in einem Münchner Einkaufszentrum Schüsse | |
fallen, fordert die dortige Polizei während des Vorfalls – als die Lage | |
noch völlig unklar und unberechenbar war – die Bevölkerung in der Umgebung | |
auf, in den Wohnungen zu bleiben und öffentliche Plätze zu meiden. Sie | |
nutzt dazu den Online-Kurznachrichtendienst Twitter sowie Katwarn – und | |
wird später unter anderem dafür hoch gelobt, auch wenn die Katwarn-App | |
nicht bei allen Nutzern richtig funktionierte. | |
Bei einem ähnlichen Vorfall – oder etwa auch einem großen Industrieunfall �… | |
würden auch die Berliner Behörden versuchen, über diese beiden Kanäle | |
möglicherweise gefährdete Menschen zu erreichen. Die Krisenkommunikation | |
der Polizei in Anschlags- oder Bedrohungslagen läuft inzwischen sogar | |
„vornehmlich über Twitter“, teilte ein Sprecher der Innenverwaltung der taz | |
am Montag mit. | |
Den beiden Kanälen auf dem Kurznachrichtendienst folgen nach seinen Angaben | |
120.000 beziehungsweise 130.000 Personen – wobei unklar ist, wie viele | |
beiden zugleich folgen und wie viele davon in Berlin leben. Durch Retweets, | |
also das Weiterverbreiten der Meldungen, könnten „schnell mehrere | |
Millionen“ Menschen erreicht werden; zudem würden Medien die Tweets als | |
Informationsgrundlage nutzen, so der Sprecher. | |
Das Social Media Management der Polizei betreut zudem eine | |
Facebook-Fanpage, über die laut Innenverwaltung „mehr als 100.000 Fans | |
unmittelbar erreicht“ werden können. | |
In Sachen Twitter wird der Berliner Polizei allgemein hohe Kompetenz | |
bescheinigt. Sie verwendet den Kurznachrichtendienst mit den 140 möglichen | |
Zeichen seit Langem, etwa zur Berichterstattung und Kommunikation während | |
Demonstrationen und Großveranstaltungen. Entsprechend groß sei bereits die | |
Reichweite, findet Linkspartei-Innenpolitiker Hakan Taş. „Viele Menschen | |
sprechen mich auf die Twitteraktivität der Berliner Polizei an“, berichtet | |
er. Deswegen sei es in Notfällen auch wichtig, soziale Medien ergänzend zu | |
den klassischen Kanälen zu nutzen. | |
Selbst der innenpolitische Sprecher der Piratenfraktion, Christopher Lauer, | |
hat, was die Kommunikation angeht, „volles Vertrauen in die Pressestelle | |
der Berliner Polizei“. Sorge bereitet ihm viel mehr, dass im Münchner Fall | |
viele Medien noch nicht begriffen hätten, welchen vergleichsweise geringen | |
Stellen- und Wahrheitswert die meisten Tweets oder Facebook-Posts Einzelner | |
haben. Als ARD und ZDF diese verbreiteten, hätten sie damit eine Blase | |
vergrößert. | |
Katwarn ist in Berlin nicht so erfolgreich. Es hat zwar seit seinem Start | |
in Berlin im Juni 2012 stetig steigende Nutzerzahlen, derzeit liegen sie | |
laut dem Sprecher der Innenverwaltung allerdings lediglich bei knapp über | |
100.000 – weniger als 3 Prozent der Berliner Bevölkerung. Vielleicht auch | |
deswegen weist der Sprecher darauf hin, dass auch „Lautsprecherwagen für | |
akute lokale Warnungen weiterhin ihre Berechtigung“ haben. | |
Warum ist das kostenlose Katwarn so unbekannt? „Das wird erst genutzt, wenn | |
mal was passiert ist“, vermutet der innenpolitische Sprecher der Grünen, | |
Benedikt Lux – der selbst zugibt, sich via Katwarn bisher nicht informieren | |
zu lassen. „Mit der Zeit“ werde sich das aber ändern, weil sich die | |
Mediennutzung verändere, ist er überzeugt. Er selbst könne nur empfehlen, | |
Katwarn und Twitter zu nutzen. | |
Auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind auf eine Gefährdungslage | |
vorbereitet. Die BVG-Sicherheitsleitstelle ist rund um die Uhr besetzt, | |
auch mit einem Polizisten, sagt Sprecher Markus Falkner. „Wir haben also | |
einen direkten Draht zur Polizei: Wenn es eine Information gibt, kriegen | |
wird die als eine der Ersten.“ | |
Solle es zu einem Vorfall kommen, könnte die BVG ihre Kunden über die | |
Anzeigentafeln und Durchsagen auf Bahnhöfen und in Fahrzeugen informieren, | |
erklärt Falkner. Diese Durchsagen werden von der Leitstelle zentral | |
gesteuert und umgesetzt: Sie können entweder nur in einzelnen Zügen oder | |
Bahnhöfen oder auch in ganzen Linien oder im ganzen Stadtgebiet gemacht | |
werden. Dies gelte auch für Busse und Trams. Möglich wäre zudem, dass | |
bestimmte U-Bahnen an potenziell gefährdeten Haltestellen durchfahren, | |
erklärt Falkner. | |
26 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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