# taz.de -- Verhütung für junge Frauen in Frankreich: Die Pille gibt's jetzt … | |
> In Frankreich müssen Frauen unter 26 kein Geld mehr für Verhütungsmittel | |
> und den dazugehörigen Arztbesuch bezahlen. Doch einige Probleme bleiben. | |
Bild: Für junge Frauen oft zu teuer: Pille und andere Verhätungsmethoden | |
PARIS taz | Das große Fernsehinterview, das Frankreichs Gesundheitsminister | |
Olivier Véran im September gab, drehte sich vor allem um Fragen der | |
Pandemie. Doch mittendrin machte der Minister eine Ankündigung, die den | |
Alltag von drei Millionen jungen Französinnen ganz konkret betrifft: | |
Verhütungsmittel sollten für alle 18- bis 25-Jährigen kostenlos werden. | |
Nicht nur Ovulationshemmer, sondern auch die Spirale und die Pille danach | |
sollten gratis sein. Zudem wird die ärztliche Untersuchung, die dazugehört, | |
vom Staat übernommen. 21 Millionen Euro pro Jahr kostet die Maßnahme, die | |
am 1. Januar im Kraft trat. | |
Véran begründete seinen Vorstoß damit, dass gerade bei jungen Frauen in den | |
vergangenen Jahren die Einnahme von Verhütungsmitteln zurückgegangen sei: | |
„Der erste Grund dafür ist, dass sie zu viel kosten.“ Eine Studie der | |
Versicherung Mutuelle des Étudiants gibt ihm Recht: 52 Prozent der | |
Studentinnen verzichteten 2019 auf eine gynäkologische Untersuchung, da sie | |
ihnen [1][zu teuer] war. Die Pille selbst ist in Frankreich mit drei bis | |
zehn Euro pro Monat billiger als in Deutschland. | |
Teuer wird für junge Frauen aber der Arztbesuch, der 50 bis 80 Euro kostet | |
und von den Patientinnen vor der Erstattung durch die Krankenkasse | |
vorgestreckt werden muss. Der Gesundheitsminister hofft, dass mit der neuen | |
Maßnahme die Schwangerschaftsabbrüche weniger werden. | |
Bei den 15- bis 17-Jährigen, für die Verhütung bereits seit 2013 kostenlos | |
ist, klappte das: Zwischen 2012 und 2018 ging die Zahl der Abtreibungen von | |
9,5 auf 6 pro Tausend junger Mädchen zurück. | |
## Auch ältere Frauen brauchen billigere Verhütungsmittel | |
Viele Betroffene begrüßen Vérans Initiative. „Ich finde, das ist ein guter | |
erster Schritt“, sagt die 24-jährige Marilou Mercier, die in Montpellier | |
Sozialarbeit studiert, gegenüber der taz. Allerdings müsse auch in anderen | |
Bereichen noch mehr getan werden, zum Beispiel bei der Information über die | |
verschiedenen Verhütungsmethoden: „In Frankreich wird [2][die Pille] sehr | |
schnell verschrieben.“ Auch die langen Wartezeiten vor einem Arztbesuch | |
bleiben ein Problem: Vor allem auf dem Land dauert es oft Monate, bis | |
Frauen einen Termin bekommen. | |
Vielen Aktivistinnen geht die neue Regelung nicht weit genug. Sie weisen | |
darauf hin, dass auch bei Frauen zwischen 30 und 34 Jahren die Zahl der | |
Abtreibungen gestiegen sei. „Auch ältere Frauen brauchen billigere | |
Verhütungsmittel“, fordert Caroline Rebhi von der feministischen Bewegung | |
Planning familiale in der Zeitung Le Monde. Die Besuche bei der Gynäkologin | |
oder dem Gynäkologen seien für viele von ihnen ebenfalls zu teuer. | |
Insbesondere für Studentinnen hatte Frankreich im vergangenen Jahr eine | |
weitere Erleichterung eingeführt. Auf dem Universitätsgelände, in | |
Wohnheimen und Beratungsstellen wurden Automaten mit kostenlosen und | |
umweltfreundlichen Binden und Tampons installiert. Die kostenlose Ausgabe | |
der Periodenprodukte kostet den Staat 15 Millionen Euro pro Jahr. | |
„Es geht darum, die Stigmatisierung rund um die Menstruation zu begrenzen | |
und durch einen Dominoeffekt auch die Ungleichheit zwischen Frauen und | |
Männern zu verringern“, schrieb Gleichstellungsministerin Elisabeth Moreno | |
in einem Zeitungsbeitrag. Eine Umfrage im vergangenen Jahr ergab, dass ein | |
Drittel der Studentinnen finanzielle Unterstützung braucht, um sich Tampons | |
oder Binden zu kaufen. Insgesamt 1.500 Automaten sollen deshalb im ganzen | |
Land aufgestellt werden. | |
Bisher haben allerdings nicht alle Universitäten ein solches Angebot. „Ich | |
habe so etwas noch nicht gesehen“, sagt etwa Marilou Mercier über ihre | |
Hochschule in Montpellier. | |
7 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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