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# taz.de -- Verhütungsmittel und Aids-Prävention: „Es sollte nicht am Geld …
> Frankreich macht Kondome per Rezept verfügbar. Für das
> Gesundheitsministerium unter Jens Spahn ist das keine Option – für
> Verbände schon.
Bild: Gegen HIV und Aids helfen: Aufklärung und Prävention
Berlin taz | Nur wenige Tage vor dem Welt-Aids-Tag am 1. Dezember gibt die
französische Regierung bekannt, Kondome auf Rezept kostenreduziert bis frei
zugänglich zu machen. Frankreichs Gesundheitsministerin Agnès Buzyn
[1][verkündete am Dienstag] über den Radiosender France Inter eine
entsprechende Maßnahme ihres Ressorts. Demnach sollen Apotheken ab dem 10.
Dezember Kondome der Marke „Eden“ auf Rezept des Arztes oder der Hebamme
herausgegeben werden. Die Kassen erstatten die Kosten. Das Ministerium will
so die Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten stärken, [2][heißt es
in einer Erklärung]. Wie [3][die französische Zeitung Libération
berichtet], führt Paris zudem ab Januar 2019 kostenlose HIV-Schnelltests
ein.
Auch das deutsche Gesundheitsministerium hat sich auf den Welt-Aids-Tag
vorbereitet. Jüngst hatte das dem Ministerium unterstellte
Robert-Koch-Institut die aktuellen Zahlen zu HIV und Aids herausgegeben.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verkündete außerdem, dass er die
Krankenkassen verpflichten will, für Präventiv-Medikamente (PrEP) für
Menschen mit erhöhtem HIV-Ansteckungsrisiko aufzukommen. Spahn unterstrich
in diesem Zuge, dass sein Ministerium aus Präventionszwecken
HIV-Schnelltests für den Verkauf freigegeben hat. Seit Oktober sind diese
erhältlich.
Dass aber, ähnlich wie in Frankreich, auch andere Präventiv-Maßnahmen, wie
Kondome, zur Kassenleistung werden, schließt das deutsche
Gesundheitsministerium zunächst aus. „Nicht verschreibungspflichtige
Verhütungsmittel dürfen von der Krankenkasse nicht übernommen werden,
selbst wenn der Arzt sie verordnen würde, weil sie nicht in die
Leistungspflicht der Krankenkassen fallen“, erklärt das Ministerium auf
Anfrage der taz und verweist auf die derzeitige Rechtslage. Demnach sei ein
solches Vorgehen aufgrund der Sozialgesetzgebung nicht möglich.
Im Sommer dieses Jahres kam die Forderung der Grünen nach einem
vereinfachten Zugang zu Verhütungsmitteln wiederholt auf den Tisch. [4][In
einem Antrag im Bundestag] hatte die gesundheitspolitische Sprecherin der
Grünen-Fraktion, Maria Klein-Schmeink, gefordert, dass ökonomisch
Schwächergestellte wie Hartz-IV-Beziehende einen besseren Zugang zu
verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln benötigten. Dafür habe es in
der Anhörung im Gesundheitsausschuss Anfang November auch Zustimmung
gegeben, sagte Klein-Schmeink der taz.
## Das ganze System muss neu gedacht werden
Für Kondome gelte das aber nicht im selben Maße: „Kondome sind kein
ärztlich zu verordnendes Verhütungsmittel. Hier wollen wir mit den Ländern
zusammenzuarbeiten, um den kostenlosen Zugang zu Kondomen über geeignete
Stellen wie Gesundheitsämter, öffentliche Gesundheitsdienste,
Familienberatungsstellen, Familienplanungszentren und die Aids-Hilfe
sicherzustellen. Wichtig ist auch, dass über dieses Angebot flächendeckend
informiert wird“, so Klein-Schmeink, die auch Mitglied im
Gesundheitsausschuss des Bundestags ist.
Holger Wicht, Sprecher der Deutschen Aids-Hilfe, begrüßt den Vorstoß aus
Frankreich. Bei der deutschen Debatte sieht er allerdings entscheidenden
Nachholbedarf. Das ganze System müsse neu gedacht werden. „Wir brauchen
eine große Debatte dazu, wie man Menschen Verhütungsmittel zur Verfügung
stellt. Es gibt Versorgungslücken, zum Beispiel bei Menschen mit wenig
Geld, und dafür brauchen wir Antworten.“
Kondome seien für die breite Masse sinnvoll, aber auch die geplante
Kassenbehandlung der HIV-Kassenfinanzierung der HIV-Prophylaxe PrEP, wie
Gesundheitsminister Spahn sie verlangt, sei ein „Meilenstein“ für die
Prävention. Die Medikamente seien ein geeigneter Schutz für eine Gruppe mit
hohem Infektionsrisiko, für die ein durchgängiger Kondomgebrauch nicht
praktikabel sei. „Menschen haben sehr unterschiedliche Bedürfnisse und
Gewohnheiten. Daher muss beides verfügbar sein“, sagt Wicht. Auch
Schnelltests seien „ein wichtiges zusätzliches Angebot für diejenigen,
denen es unangenehm ist oder schwer fällt, bestehende Angebote wie den
HIV-Test beim Arzt oder in der Aidshilfe zu nutzen“.
Dass die Krankenkassen bei diesem Thema derzeit nicht in der Pflicht sind,
ist für Wicht kein Grund, nicht weiter darüber zu reden. „Die Versorgung
über die Krankenkassen zu ermöglichen, ist eine gute Idee, aber vielleicht
sind auch andere Modelle denkbar. Entscheidend ist, dass Menschen nicht in
eine Bittstellerposition geraten. Ausgangspunkt ist das einfache Wissen,
dass Sexualität und Schutz Grundbedürfnisse des Menschen sind.“
Ähnlich wie die Deutsche Aids-Hilfe hält auch ProFamilia ein Vorgehen wie
das der französischen Regierung für wünschenswert. „Bei uns geht es zwar
vor allem um Verhütung, aber jede und jeder sollte die Wahl haben. Der
Vorteil des Kondoms ist ja der doppelte Schutz – vor Krankheiten und vor
Schwangerschaft. Und das sollte nicht am Geld scheitern“, sagt Regine
Wlassitschau. Der Verband testet derzeit [5][mit einem Modellprojekt] in
mehreren Städten, inwiefern Frauen verschreibungspflichtige
Verhütungsmittel annehmen, wenn die Kosten erstattet werden. „Das läuft
sehr gut“, sagt Wlassitschau. Das Projekt laufe noch, die Evaluation sei
aber noch nicht abgeschlossen.
Ist anzunehmen, dass auch andere Verhütungsmittel, wie etwa Kondome,
ähnlich angenommen würden? „Das lässt sich stark vermuten“, sagt sie. �…
der Zugang zu Verhütungsmitteln nicht sichergestellt ist, bekommt das
politische Relevanz.“
28 Nov 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/agnesbuzyn/status/1067328020183171072
[2] https://solidarites-sante.gouv.fr/actualites/presse/communiques-de-presse/a…
[3] https://www.liberation.fr/france/2018/11/27/vers-un-depistage-gratuit-du-vi…
[4] /Verhuetungsmittel-fuer-Geringverdiener/!5511372
[5] /Projekt-uebernimmt-Verhuetungskosten/!5425456
## AUTOREN
Anna Grieben
## TAGS
Krankheit
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