Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Debatte um Nachtragshaushalt: Lindner verteidigt Schulden-Trick
> Die neue Bundesregierung will Geld, das für den Kampf gegen Corona
> geliehen wurde, für Klimaschutz ausgeben. Die Opposition gibt sich
> entrüstet.
Bild: Christian Lindner am Donnerstag im Bundestag
Berlin dpa/afp | Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat den
geplanten Nachtragshaushalt als notwendige Unterstützung für die Konjunktur
verteidigt. „Nicht nur die Menschen benötigen einen Booster, auch die
wirtschaftliche Entwicklung“, sagte er am Donnerstag in der ersten
Bundestagsdebatte über den Nachtragsetat. Union und AfD warfen der
Ampel-Koalition vor, sich [1][mit Tricksereien an den grundgesetzlichen
Vorgaben der Schuldenbremse vorbei zusätzliches Geld zu beschaffen.]
Die Ampel-Fraktionen beschuldigten vor allem die Union am Donnerstag
daraufhin der Heuchelei und des Opportunismus. Anfang des neuen Jahres soll
darüber im Parlament abgestimmt werden.
Der Finanzminister will für Investitionen in Klimaschutz und
Digitalisierung 60 Milliarden Euro umschichten, die wegen der Corona-Krise
2021 als Kredite genehmigt waren, aber nicht aufgenommen wurden. Sie sollen
in einem Klima- und Transformationsfonds [2][sozusagen auf die hohe Kante
gelegt werden], damit sie nicht verfallen, sondern auch in den kommenden
Jahren noch nutzbar sind.
Die Opposition hält den Schachzug für verfassungswidrig, weil Geld, das zur
Bekämpfung der Corona-Krise genehmigt war, für Klimaschutz und andere
Vorhaben genutzt werden soll. „In einer wundersamen Wandlung werden
Corona-Kredite zu Klima-Krediten“, kritisierte Unions-Haushälter Christian
Haase am Donnerstag. „Es ist doch offensichtlich, dass Sie die
Schuldenbremse mit diesem waghalsigen Manöver aushöhlen“, warf er Lindner
vor und fügte hinzu: „Ich halte diesen Nachtragshaushalt für
verfassungswidrig. Ich halte diesen Nachtragshaushalt für den Anfang vom
Ende der Schuldenbremse. Und das wird mit Ihrem Namen verbunden sein.“
## SPDler wirft Union „Heuchelei“ vor
Die Unionsfraktion will den Haushalt vom Bundesverfassungsgericht prüfen
lassen. Auch AfD und Linke halten ihn für verfassungswidrig. Die
Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch fragte, warum das Geld im laufenden Jahr
nicht genutzt wurde – etwa für Impfstoffe, Luftfilter oder Pflegekräfte.
„Die alte Regierung war unfähig und unwillig, dieses Geld sinnvoll
auszugeben“, sagte sie.
Lindner verteidigte die Milliarden-Umschichtungen. „Mitnichten geht es
darum, allgemeine Projekte der Ampel-Koalition zu finanzieren“, betonte er.
Er gebe die klare Zusage, dass das Geld nur verwendet werde, um
Folgeschäden der Corona-Pandemie abzufedern. Durch die Krise seien zuletzt
viele Investitionen nicht möglich gewesen, die jetzt dringend nachgeholt
werden müssten. „Wir dürfen durch die Pandemie nicht auch noch Zeit bei der
Transformation verlieren“, betonte Lindner.
Politiker von Grünen und SPD lenkten den Blick auf den Haushalt des
vergangenen Jahres. Damals habe die schwarz-rote Bundesregierung auch
Mittel in den Fonds umgeschichtet – und die Union habe dies sogar noch als
Vitaminspritze bezeichnet. Wenn sie jetzt dagegen klage, sei das „keine
redliche Haushaltspolitik, das ist Heuchelei“, sagte der Grünen-Haushälter
Sven-Christian Kindler. Er betonte, die Kredite seien unter anderem zur
Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie und zur Stabilisierung
der Volkswirtschaft genehmigt worden – und genau dafür sollten sie jetzt
eingesetzt werden.
Der SPD-Haushaltspolitiker Dennis Rohde warf der Union vor, sich „aus
Opportunismus zum Kämpfer gegen den Wohlstand in diesem Land“ zu machen.
Jetzt nicht zu handeln, würde den Aufschwung massiv gefährden.
Unmittelbar vor der Debatte hatte bereits der neue Vorsitzende des
Haushaltsausschusses, der CDU-Politiker Helge Braun, den Nachtragshaushalt
scharf kritisiert. Die Union mache sich große Sorgen. „Denn das ist schon
ein sehr grundsätzlicher Bruch mit der Haushaltssolidität in Deutschland,
den wir da gerade erleben“, sagte er im Deutschlandfunk.
16 Dec 2021
## LINKS
[1] /Schulden-Trick-des-Finanzministers/!5819013
[2] /Ampelkoalition-macht-Schulden-auf-Vorrat/!5821718
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Christian Lindner
Haushaltsdebatte
Bundestag
Kredite
Ampel-Koalition
Ampel-Koalition
Ampel-Koalition
Hartz IV
Finanzen
Christian Lindner
Ampel-Koalition
## ARTIKEL ZUM THEMA
Christian Lindners Steuerpläne: Sparen sollen die anderen
Der FDP-Finanzminister kündigt Steuergeschenke für die Klientel seiner
Partei an. Hartz-IV-Empfänger und andere Arme gehen dafür wohl leer aus.
Neue Sitzordnung im Bundestag: Die Union muss weiter nach rechts
Mit den Stimmen der Ampel ändert der Bundestag die Sitzordnung im
Plenarsaal. CDU und CSU müssen künftig neben der AfD sitzen – und sind
sauer.
Corona und Armut: 4,70 Euro für die Hygiene
Armutslagen haben sich durch Corona verschärft. Nicht nur
Hartz-IV-Empfänger:innen, auch Selbstständige sind betroffen, so ein
Bericht.
Schulden-Trick des Finanzministers: Lindners geboosterte Finanzen
60 Milliarden Euro Schulden sind aus dem Coronapaket übrig. Der
Finanzminister will das Geld fürs Klima ausgeben – ein waghalsiges
Verfahren.
Ampelkoalition macht Schulden auf Vorrat: Operation Eichhörnchen
Die Ampel legt einen Schuldenvorrat an. Sie will nicht genutzte Kredite aus
diesem Jahr in den Bundeshaushalt 2022 verschieben – für den Klimaschutz.
Finanzierung der Ampel-Pläne: Geldbeschaffung einfach auslagern
Investitionen trotz Schuldenbremse, ohne Steuererhöhungen? Das
Sondierungspapier der Ampel zeigt Ansätze, wie das gehen kann.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.