# taz.de -- Boris Johnson und Corona: Tory-Rebellion gegen 3G-Regeln | |
> England hat nun schärfere Coronaregeln. Doch die Abstimmung darüber | |
> entwickelte sich zur Niederlage für den Premier Boris Johnson. | |
Bild: Könnte frühzeitig gestürzt werden: Premierminister Boris Johnson | |
LONDON taz | Großbritanniens konservativer [1][Premierminister Boris | |
Johnsons] hat am Dienstagabend seine bisher größte Niederlage innerhalb der | |
eigenen Fraktion erfahren. Eine Abstimmung über neue und schärfere | |
Coronaregeln in England brachte die Regierung zwar durchs Parlament – doch | |
nur mithilfe der Opposition. 99 Abgeordnete aus den konservativen Rängen | |
des britischen Unterhauses stimmten dagegen. Damit wurden sogar die | |
schlimmsten politischen Prognosen übertroffen. Die Stellung Johnsons, der | |
eine Mehrheit von 79 Abgeordneten im Unterhaus genießt, ist ins Wanken | |
gekommen. | |
Es war die 3G-Regel, die zu diesem sagenhaft hohen Widerstand führte. Im | |
Lichte der sich verbreitenden Omikron-Variante hatte die Regierung | |
vorgeschlagen, für den Einlass in öffentliche Großveranstaltungen in | |
England künftig den Nachweis einer Corona-Impfung, Genesung oder eines | |
negativen Test verpflichtend zu machen. Mit 369 zu 126 Stimmen konnte die | |
Maßnahme schließlich mithilfe der Labour-Opposition verabschiedet werden. | |
Auch andere Maßnahmen, etwa die verpflichtende Impfung für Angestellte im | |
Pflege-und Gesundheitsbereich, kamen so über die Hürde. Bei diesen fiel der | |
Widerstand jedoch geringer aus. Labour-Parteichef Keir Starmer hatte | |
bereits am Montag angekündigt, dass seine Partei die Maßnahmen im | |
nationalen Interesse auf alle Fälle unterstützen würde. | |
Die Tory-Rebellion brachte den libertären Arm der Partei, der eine Rückkehr | |
zur vorpandemischen Normalität fordert und die Gefahr durch die | |
Omikron-Variante für noch nicht erwiesen hält, mit Abgeordneten aus den | |
zuletzt neu eroberten Labourregionen zusammen. Auch der Konservative Louie | |
French, der gerade erst in einer Nachwahl zum Zuge kam, stimmte gegen die | |
Regierungsvorschläge. | |
## Regierung wollte verantwortlich handeln | |
Ebenso verweigerten sich zahlreiche Abgeordnete, die einst zu Theresa Mays | |
Regierung gehörten, und gegen die sich Johnson bei den Brexit-Diskussionen | |
erbarmungslos gestellt hatte. Hätte Johnson in den Stunden vor der | |
Abstimmung nicht noch persönlich einige Tories mit einigen Zugeständnissen | |
zur Unterstützung überredet, wäre es zu einem noch gravierenderen Ergebnis | |
gekommen. Dabei wollte die Johnson-Regierung diesmal eigentlich | |
verantwortlicher auf die Entwicklungen der Pandemie reagieren, nachdem ihr | |
in der Vergangenheit vorgeworfen wurde, zu spät gehandelt zu haben. | |
Bei weiteren Plänen für Verschärfungen könnte sich die Stimmung sogar noch | |
verschlechtern. Heikel ist dabei für Johnson, dass die konservative Partei | |
für ein eventuelles Misstrauensvotum gegen ihn die Anträge von nur 15 | |
Prozent ihrer Abgeordneten benötigt – insgesamt 54 Abgeordnete. Sollte sich | |
die Beziehung zwischen Johnson und seiner Fraktion also nicht bessern, | |
könnte Johnson, so wie zuletzt Theresa May in 2019, frühzeitig gestürzt | |
werden. | |
Allerdings verbuchte auch Labour eine kleine Rebellion gegen die neuen | |
Vorkehrungen. Insgesamt 22 Abgeordnete stellten sich gegen die | |
Fraktionslinie, darunter die einst dem früheren Labour-Chef Jeremy Corbyn | |
treu ergebenen Abgeordneten John McDonnell und Rebecca Long-Bailey. Corbyn, | |
dessen Bruder Piers einer der Führer der britischen Impfgegner:innen | |
ist, stimmte ebenfalls gegen die Maßnahmen. | |
## Lockdown-Partys bringen Premier in Bedrängnis | |
Nun sind alle Augen [2][auf die Nachwahl in North Shropshire am Donnerstag] | |
gerichtet. Der Wahlkreis, seit dem 19. Jahrhundert ohne Unterbrechung | |
konservativ, könnte zum ersten Mal in seiner Geschichte an eine andere | |
Partei fallen. Favoritin ist laut Wettbüros die Liberaldemokratin Helen | |
Morgan. | |
Die dortige Nachwahl wurde durch den Rücktritt des Politikers Owen Paterson | |
ausgelöst, der in eine Korruptionsaffäre verwickelt war. Die Wahl wird als | |
Urteil nicht nur über sein Verhalten, sondern auch das der | |
Johnson-Regierung gesehen: 10 Downing Street hatte damals probiert, | |
[3][Paterson durch die Abschaffung des gesamten Disziplinarverfahren für | |
Abgeordnete zu retten]. | |
Doch nicht nur das brachte den Premier zuletzt in Bedrängnis: Zuletzt | |
erzürnten Bericht [4][über verschiedene Weihnachtsfeiern Ende vergangenen | |
Jahres die Gemüter], die in 10 Downing Street und in Ministerien trotz | |
Lockdowns abgehalten wurden. | |
15 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski | |
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