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# taz.de -- Organisierung bei Lieferando: Fahrer mit Rad sucht Betriebsrat
> 2.500 Angestellte von Lieferando sollen einen Betriebsrat bekommen.
> Derweil profitiert Gorillas vom Rückzug der Konkurrenz.
Bild: Nicht im Regen stehen lassen: ein Betriebsrat hilft
Berlin taz | Beim Restaurant[1][lieferdienst] Lieferando, dem so
orange-penetranten Marktführer im Segment des lauwarmen Pizza- und
Burger-Haustürservices, wollen Beschäftigte einen Betriebsrat gründen. Etwa
2.500 Angestellte in Berlin, zumeist mit wenig attraktiven
Arbeitsbedingungen, könnten davon profitieren.
Der erste Schritt auf dem Weg zu einer Betriebsratswahl ist mit der
Ernennung eines Wahlvorstandes bereits gemacht: Elf Mitglieder sowie sechs
Ersatzkandidat:innen gehören dem im November berufenen Gremium an.
„Wir haben uns jetzt zusammengefunden, um Wahlen vorzubereiten“, sagt eine
Vertreterin aus dem Wahlvorstand der taz, ihren Namen möchte sie aus Sorge
vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen nicht öffentlich machen.
Ernannt wurde das Gremium vom Lieferando-Gesamtbetriebsrat, der seit 2019
bundesweit existiert. Dem Schritt gingen jedoch monatelange Treffen der
Fahrer:innen in Berlin voraus. Noch warten die nun Ernannten auf eigene
Büroräume und die Unterstützung von Lieferando; manche von ihnen auch auf
das Gehalt, das ihnen als Wahlvorstand zusteht.
Richtige Steine habe ihnen das Unternehmen noch nicht in den Weg gelegt, so
die Essenskurierin, aber Hilfe sei eben auch nicht vorhanden. Der
niederländische Mutterkonzern Takeaway hatte in der Vergangenheit [2][etwa
am Standort Köln versucht, lokale Betriebsratsgründungen zu unterlaufen].
## Zehn Kilometer für eine Tour
Für die Fahrer:innen geht es um viel. Obwohl Lieferando zu den
etablierten Marken der Branche gehört, ist der Lohn vergleichsweise
schlecht. Wer Essen ausliefert, erhält zehn Euro pro Stunde, ab der 25.
Auslieferung im Monat kommen 25 Cent pro Lieferung oben drauf, nach der
100. ein Euro.
Fahrrad und Handy müssen die Fahrer:innen bislang trotz eines
entgegengesetzten Urteils des Bundesarbeitsgerichts selbst stellen, für
eine minimale finanzielle Kompensation. In Berlin haben sich die
Arbeitsbedingungen diesen Winter aufgrund des Fahrermangels verschlechtert.
Bis zu zehn Kilometer müssen Fahrer nun für eine Lieferung zurücklegen,
daher schaffen sie weniger Fahrten.
Für die Betriebsratswahl müssen die engagierten Kolleg:innen die
Vereinzelung der Angestellten überwinden, denn sie haben keinen gemeinsamen
Arbeitsplatz. Kontakte seien oft nur möglich, indem man sich auf der Straße
anspricht, so die Fahrerin. Eine große Hilfe und Motivation sei die zuletzt
erfolgte und gerichtlich durchgekämpfte [3][Gründung eines Betriebsrates
beim Lebensmittellieferanten Gorillas] gewesen.
## Gorillas sichert sich Fahrer:innen
Gorillas profitiert derweil von einer anderen Entwicklung am Markt: Kurz
vor Weihnachten hat das Berliner [4][DAX-Unternehmen Delivery Hero] seine
Marke Foodpanda zurückgezogen. Der inzwischen weltweit tätige Konzern hatte
2018 sein Deutschlandgeschäft an den Lieferando-Mutterkonzern Takeaway
verkauft und war erst vor einem halben Jahr mit Foodpanda wieder in das
Liefergeschäft hierzulande eingestiegen. Doch anscheinend war man der
Konkurrenz um Kund:innen und Arbeiter:innen nicht gewachsen.
Die etwa 700 Foodpanda-Fahrer:innen hat Delivery Hero nun an Gorillas
weitergereicht, an dem es ebenfalls Anteile hält. Die Fahrer:innen
erfuhren davon per Mail. Gorillas hat sich damit auf einen Schlag des
Problems entledigt, nicht genügend Personal zu finden. Laut einer der
zwangsversetzten Fahrer:innen warten in den Lagerhäusern derzeit viel zu
viele Fahrer:innen auf Bestellungen. Im Februar soll demnach eine
Bewertung ihrer Arbeit erfolgen. Wer gut „performt“, darf bleiben und
erhält dann auch Ausrüstung von Gorillas.
29 Dec 2021
## LINKS
[1] /Boom-von-Fahrrad-Lieferdiensten/!5789413
[2] /Lieferando-torpediert-Betriebsratswahl/!5676689
[3] /Arbeitskampf-bei-Online-Lieferdienst/!5814823
[4] /Lieferdienst-wird-Dax-Konzern/!5702987
## AUTOREN
Erik Peter
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Betriebsrat
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