# taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Lieferando: Es sind Selbstverständlichkeiten | |
> Lieferando setzt nur um, was ohnehin geltendes Recht ist. Einen Grund zum | |
> Jubeln gibt es nicht. | |
Bild: Hat keinen Grund zum feiern: Lieferando-Fahrer in Berlin | |
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: [1][Lieferando gibt sich | |
arbeitnehmer:innenfreundlich]. Von einem „einzigartigen Gesamtpaket | |
aus einer unbefristeten Direktanstellung, erstklassigen Bezahlung und | |
einzigartigen Ausrüstung“, schwadroniert der Essenslieferdienst. Klingt | |
super, die rund 10.000 Lieferando-Kurier:innen können jubilieren, oder? | |
Bei näherer Betrachtung fällt der Jubel verhaltener aus. Denn unter einer | |
„erstklassigen Bezahlung“ versteht das Unternehmen, dass seine | |
Fahrer:innen seit Jahresbeginn einen Basisstundenlohn von 11 Euro pro | |
Stunde erhalten – also weniger als der von der Ampelkoalition noch für | |
dieses Jahr angekündigte allgemeine Mindestlohn von 12 Euro. | |
Lieferando hebt allen Ernstes besonders hervor, dass dieser geringe | |
Stundenlohn unabhängig davon gezahlt werde, wie viel die Fahrer:innen | |
ausliefern, ob sie gerade auf eine Bestellung warten, krankgeschrieben oder | |
im Urlaub sind – was zeigt, wie verkommen [2][die Branche] ansonsten ist. | |
Das gilt auch für den Umstand, dass für [3][Unternehmen in diesem Bereich] | |
unbefristete Beschäftigungsverhältnisse etwas Außergewöhnliches sind. | |
„Einzigartige Ausrüstung“ bedeutet für Lieferando, dass den Kurier:innen | |
bis Ende März das Angebot gemacht werden soll, ihnen das Arbeitsgerät – | |
also ein Fahrrad und ein Smartphone – zu stellen. Das sollte ohnehin | |
selbstverständlich sein. | |
## Management wehrte sich | |
Doch Lieferando macht dieses Angebot nicht freiwillig. Was die PR-Abteilung | |
des Unternehmens unerwähnt lässt: Das Management hat sich gegen die | |
entsprechenden Forderungen seiner Beschäftigten heftig gewehrt. Selbst als | |
ein [4][Lieferando-Betriebsrat] mit seiner Klage vor dem hessischen | |
Landesarbeitsgericht recht bekam, lenkte es nicht ein, sondern zog lieber | |
vor das [5][Bundesarbeitsgericht]. | |
Das entschied im vergangenen November, dass der Arbeitgeber | |
Fahrradlieferant:innen Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige | |
Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss. Dieses Urteil wird jetzt | |
umgesetzt. Mehr nicht. | |
Lieferando ist also nicht der schlimmste Lieferdienst in Deutschland. Ein | |
Grund zum Feiern ist das jedoch nicht. | |
12 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/lieferando-fahrer-erhalten… | |
[2] /Lieferdienste/!t5452784 | |
[3] https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/gig-economy-122673 | |
[4] /Organisierung-bei-Lieferando/!5822003 | |
[5] https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/arbeitgeber-muss-fahrradlieferan… | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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