# taz.de -- Klima im Koalitionsvertrag: Nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad | |
> Um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu beschränken, ist ein drastischer | |
> gesellschaftlicher Umbau in kurzer Zeit notwendig. Dafür ist der Vertrag | |
> zu brav. | |
Bild: Zu brav für einen radikalen Umbau: Klima im Koalitionsvertrag | |
„Wir sind auf dem 1,5-Grad-Pfad“, [1][sagte Grünen-Politiker Robert Habeck | |
am Mittwoch] zur Vorstellung des Ampel-Koalitionsvertrages. Das ist – sehr | |
wahrscheinlich – falsch. | |
Es stehen viele wichtige Schritte im Koalitionsvertrag, vor allem sind sie | |
[2][anspruchsvoller als die Klimaschutzpolitik der Großen Koalition]. Doch | |
das falsche Etikett verwässert, was eine konsequente +1,5-Grad-Politik | |
bedeuten würde. Um das anspruchsvollere Ziel des Pariser Abkommens zu | |
erreichen, ist ein drastischerer Umbau nötig, als der Koalitionsvertrag | |
verspricht. | |
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung hat 2020 das | |
verbleibende CO2-Budget, um die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, für | |
Deutschland auf [3][4,2 Milliarden Tonnen beziffert] – eine Zahl, die auch | |
mit den Berechnungen im [4][neuesten IPCC-Bericht im Einklang] steht. | |
Dieses Budget ist allerdings die Untergrenze für +1,5-Grad-Politik und | |
berücksichtigt noch nicht, dass Deutschland historisch mehr emittiert hat | |
und deshalb noch früher klimaneutral sein müsste. | |
4,2 Milliarden Tonnen seit Beginn 2020. Das [5][Wuppertal-Institut gab | |
Deutschland damit Zeit bis 2035] – wenn im Jahr 2020 lediglich 700 | |
Millionen Tonnen emittiert und die Emissionen danach linear sinken würden. | |
Aber [6][2020 wurden 739 Millionen Tonnen emittiert]. Und 2021 [7][soll | |
diese Zahl wieder steigen]. Wenn die neue Bundesregierung die Arbeit | |
aufnimmt, werden wahrscheinlich nur noch 2,7 Milliarden Tonnen verbleiben, | |
die beim aktuellen Ausstoß keine dreieinhalb Jahre halten werden. | |
Selbst wenn Deutschland sofort beginnt, die Emissionen linear zu senken, | |
blieben dann noch rund sieben Jahre bis zur notwendigen Klimaneutralität, | |
also bis 2028. Ein Kohleausstieg „idealerweise“ bis 2030 und eine | |
E-Auto-Pflicht zwischen 2030 und 2035, wie im Koalitionsvertrag steht, | |
reichen dafür nicht. 80 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen und 50 | |
Prozent klimaneutral erzeugte Wärme bis 2030 auch nicht. | |
Zeit zu gewinnen und in diesen Bereichen noch nicht klimaneutral zu sein, | |
würde heißen: In den anderen Bereichen müssten anteilig mehr Emissionen | |
eingespart werden. Doch diese Pläne fehlen im Vertrag. | |
Robert Habeck hat sicher Recht, dass die Ziele der bisherigen | |
Bundesregierung bei der Reduktion der CO2-Emissionen übertroffen werden. | |
Gut möglich ist aber auch, dass Deutschland bis zur nächsten Bundestagswahl | |
das Emissionsbudget für die +1,5-Grad-Grenze aufgebraucht haben wird. | |
25 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Neue-Regierung-von-SPD-Gruenen-und-FDP/!5816977 | |
[2] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741 | |
[3] https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2016_20… | |
[4] https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/#SPM | |
[5] https://wupperinst.org/p/wi/p/s/pd/924 | |
[6] https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/treibhausgas-emissionen-in-deuts… | |
[7] https://www.agora-energiewende.de/presse/neuigkeiten-archiv/deutschland-ste… | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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