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# taz.de -- Frauenprojekte in Not: Kämpfen für mehr Feminismus
> Frauenzentren und feministische Projekte in Berlin fordern eine
> dauerhafte Finanzierung. Sie sehen sich als wichtigen Teil der
> Grundversorgung.
Bild: Boxen unterstützt Mädchen darin, mutig zu sein und Grenzen zu setzen
BERLIN taz | Doha Taha Beydouns Stimme klingt klar und selbstbewusst. „Ich
bin ein Vorbild“, sagt die 20-Jährige, die Gesundheitsmanagement studiert
und sich im Verein Boxgirls Berlin engagiert. „Ich bin Muslima, trage
Kopftuch und bin Boxtrainerin. Wenn ich an Schulen gehe, sehe ich, dass
schon mein Auftreten die Mädchen dort interessiert.“ Sie selbst sei in
ihrer Schulzeit „total schüchtern“ gewesen und wurde gemobbt. „Nach der …
Klasse habe ich die Schule gewechselt, um mein Abi zu machen. Das war für
mich ein Wendepunkt. Ich wollte etwas ändern, was Neues anfangen“, sagt
sie.
Also suchte sie nach Sport nur für Mädchen – und landete vor rund fünf
Jahren in einem Projekt der [1][Boxgirls]. Heute leitet Beydoun selbst eine
Jugend- und eine Frauengruppe, auch Kinder hat sie schon trainiert. Dass
sie beim Boxen gelandet ist, war also eher Zufall. Dass sie dort geblieben
ist, nicht: „Mit dem Training entwickelt sich sehr viel“, sagt sie, aus
eigener Erfahrung, aber auch mit Blick auf ihre Trainingsgruppen. „Ich
sehe, dass die Mädchen sich mehr trauen und selbstbewusster werden, sie
lernen, Grenzen zu setzen und welche Energie sie aus sich herausholen
können.“ Boxen gebe Stärke und innere Ruhe und helfe, Stress abzubauen.
„Nach dem Training habe ich eine mentale Ordnung in meinem Kopf und fühle
mich besser“, sagt sie.
Die Kurse gibt Beydoun im Rahmen des Projekts [2][„My Body, My Choice“],
mit dem die Boxgirls inzwischen an 16 Schulen und Jugendeinrichtungen
vertreten sind und nach eigener Aussage im vergangenen Jahr rund 450
Mädchen erreicht haben. Wie viele andere Projekte wird auch dieses von der
Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung gefördert – doch
diese Förderung wackelt nun. Denn die Boxgirls könnten mit ihrem Projekt
schon bald von massiven Kürzungen betroffen sein – wie rund 20
feministische Zentren und Projekte, die bisher im [3][Rahmen der
Gleichstellung oder des Masterplans Integration und Sicherheit gefördert
worden waren]. Unter [4][#femprojekte sichern] haben sie sich zusammengetan
und trommeln für eine Rücknahme der Kürzungen und langfristige
Finanzierung.
## Beitrag zur Gewaltprävention
Bisher hangeln sich die [5][Projekte, die sich mit Frauenrechten,
Gewaltschutz oder Integration] beschäftigten, teils seit 40 Jahren von
Projektfinanzierung zu Projektfinanzierung, sagt Anke Peterssen vom
Berliner Frauen Netzwerk (BFN). Das bedeute, dass sie viel Zeit und Kraft
in Folgeanträge stecken müssten und oft unklar sei, wie es mit angelaufenen
Projekten weitergeht. Mitarbeiter*innen könnten teils nur befristet
eingestellt werden. Die offizielle Bestätigung, dass die Finanzierung
bewilligt ist und das Geld tatsächlich überwiesen wird, käme oft deutlich
zeitverzögert. „Wir stehen ständig auf unsicheren Füßen“, sagt Petersse…
„Dabei sehen wir uns als Teil der Grundversorgung der Stadt – wir
unterstützen Frauen, ihre eigenen Wege zu gehen. Und wir tragen zur
Gewaltprävention bei.“
Wie prekär das Projektkonstrukt ist, hatte das Netzwerk in der Sommerpause
mit Schrecken feststellen müssen. Die Senatsverwaltung für Gleichstellung
hatte den feministischen Zentren per Brief mitgeteilt, dass Kürzungen von
20 bis 30 Prozent auf sie zukämen, und den Masterplan-Projekten, dass sie
aus dem [6][Haushaltsentwurf für 2022/23 gestrichen seien]. Unter den
Zentren, bei denen nun teils Beratungsstellen, Hausaufgabenhilfe oder
Angebote für Empowerment wegzufallen drohen sind etwa das [7][Frieda
Frauenzentrum in Kreuzberg], das [8][Frauenzentrum Matilde in Hellersdorf],
das Projekt [9][Frauenkreise in Pankow], die [10][Schokofabrik in
Kreuzberg] und das [11][Feministische Archiv] in Friedrichshain.
Das Netzwerk war empört, dass [12][in der Pandemie] ausgerechnet bei ihnen
gespart werden sollte, da bei vielen deutlich der Beratungsbedarf und die
Arbeit gestiegen waren und [13][Frauen in besonderem Maße von häuslicher
Gewalt betroffen] sind. Die im Netzwerk zusammengeschlossenen Projekte
fordern deshalb eine institutionelle Förderung. „Das könnte die Politik
beschließen und die wäre dann nicht mehr zu kippen“, sagt Peterssen.
## Haushaltsberatung erst 2022
Nach Protesten forderte die Senatsverwaltung die betroffenen Projekte auf,
doch noch Anträge zu stellen. Damit sei ihre Finanzierung sichergestellt,
hieß es im Oktober aus der Senatsverwaltung. Sebastian Walter,
haushaltspolitischer Sprecher der Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus,
bezweifelt das. Noch seien nicht alle Projekte gesichert. „Wir müssen erst
mal versuchen, sie in das kommende Jahr rüberzuretten“, sagte er der taz.
Dazu müsste die Verwaltung allen vorläufige Förderbescheide ausstellen. „Im
Rahmen der Haushaltsberatung kann das Parlament dann eine dauerhafte
Finanzierung diskutieren.“ Die Haushaltsberatungen finden allerdings erst
voraussichtlich Mitte des kommenden Jahres statt.
Auch die Boxgirls hoffen darauf, dass sie ihre Arbeit an Schulen dauerhaft
fortführen können. Bisher könne der Verein aus der Förderung die
Projektleitung mit einer vollen Stelle und das Honorar für die Trainerinnen
finanzieren, sagt Linos Bitterling von den Boxgirls. Damit sei auch die
[14][Vernetzung mit anderen Mädchenprojekten] möglich. „Der Bedarf und die
Nachfrage steigen. Wir haben viele Anfragen für Empowerment“, sagt
Bitterling.
25 Nov 2021
## LINKS
[1] https://boxgirls.de/
[2] https://boxgirls.de/project/my-body-my-choice/
[3] /Feministische-Projekte-in-Berlin/!5806007
[4] https://twitter.com/femprojekte
[5] /Projekt-fuer-migrantische-Frauen/!5757543
[6] /Senat-beschliesst-Ausgaben-fuer-2022/23/!5777613
[7] https://www.frieda-frauenzentrum.de/en/home/
[8] https://www.matilde-ev.de/
[9] https://www.frauenkreise-berlin.de/
[10] https://www.schokofabrik.de/
[11] https://www.ffbiz.de/
[12] /Gewalt-gegen-Frauen-in-der-Pandemie/!5730408
[13] /Haeusliche-Gewalt-und-Corona/!5682407
[14] /!704277/
## AUTOREN
Uta Schleiermacher
## TAGS
Feminismus
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
häusliche Gewalt
Frauenhaus
Gewalt gegen Frauen
Mädchen
Empowerment
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Feminismus
Pride Parade
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