| # taz.de -- Rot-Grün-Rot in der Hauptstadt: Berliner Selbstbeschwörung | |
| > Die alte Landesregierung wird die neue sein. Viel ist von einem Aufbruch | |
| > die Rede – doch neue Ideen zur Lösung der Wohnungsnot bietet sie nicht. | |
| Bild: Steht da Aufbruch drin? Klaus Lederer, Franziska Giffey und Bettina Jaras… | |
| Aufbruch, die kommenden fünf Jahre sollen unbedingt ein Aufbruch sein. Als | |
| die ChefverhandlerInnen der Berliner SPD, Grünen und Linken am Montag | |
| [1][152 Seiten druckfrischen Koalitionsvertrag] präsentierten, bemühten | |
| alle Beteiligten dieses Bild: Nach vorne soll es gehen, mit Schwung. Eine | |
| bezahlbare Mietenpolitik wird „Schlüsselaufgabe“. Die Verkehrswende, | |
| sprich: der Bus, soll auch in den Außenbezirken ankommen – und zwar | |
| mindestens alle 10 Minuten. Und natürlich wird Berlin angesichts erwarteter | |
| Hitzesommer grüner als je zuvor: Mehr Bänke, mehr Brunnen, mehr Bäume soll | |
| es geben. | |
| Die neue rot-grün-rote Regierung in Berlin weiß, wie zentral dieses | |
| Aufbruchsnarrativ für sie sein wird: Denn immerhin kommen hier drei Partner | |
| zusammen, die bereits in der vergangenen Legislatur miteinander mussten – | |
| und zum Schluss in vielen Bereichen nicht mehr gut miteinander konnten. Die | |
| designierte Regierungschefin Franziska Giffey von der SPD hatte bei den | |
| Sondierungen wenig Zweifel daran gelassen, dass die FDP und nicht die | |
| Linke, die im zentralen Feld der Wohnungspolitik völlig anders tickt, ihr | |
| Wunschpartner gewesen wäre. | |
| Insofern hatte der ostentativ gut gelaunte „Aufbruch“, die Erzählung von | |
| gemeinsam gesungenen Geburtstagsständchen während der Verhandlungen, etwas | |
| von Selbstbeschwörung. | |
| Wie lange der Aufbruchsgeist die „Zukunftshauptstadt“, wie es im Titel des | |
| Koalitionsvertrags heißt, tatsächlich trägt, wird man sehen. Durchaus | |
| aufmerksam wird man auch in anderen Großstädten mit angespanntem | |
| Mietenmarkt darauf schauen, welchen Umgang Berlin mit dem Volksbegehren zur | |
| Enteignung großer Wohnkonzerne findet. | |
| ## Wohnungspolitik: Nicht viel mehr als Neubau | |
| Giffey, deren SPD das Ressort für Stadtentwicklung übernehmen wird, fand am | |
| Montag erstaunlich wenige Worte für die selbst definierte | |
| „Schlüsselaufgabe“. Der Neubau soll es richten, ein Bündnis für mehr | |
| sozialen Wohnraum – viel mehr Ideen sind da nicht. Das | |
| Enteignungsvolksbegehren wird zur Prüfung in einen Arbeitskreis | |
| abgeschoben. | |
| Die [2][Verkehrswende] für die Außenbezirke wiederum muss erst einmal | |
| finanziert werden. Das Parken in der Innenstadt wird deshalb empfindlich | |
| teurer werden. Und ab 2024 sollen Touristen ein „Gästeticket“ bezahlen | |
| müssen. Ob das kommt? Die Tourismusverbände dürften da noch ein Wörtchen | |
| mitreden wollen. | |
| „Berlin wird immer anders bleiben: sozialer, klimafreundlicher, | |
| solidarischer sein als andere Städte“, sagte Linken-Landeschefin Katina | |
| Schubert. Die erste Hälfte stimmt schon mal. Die zweite Hälfte, das hat | |
| Rot-Grün-Rot jetzt in der Hand. | |
| 29 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://spd.berlin/magazin/aktuelles/koalitionsvertrag-zukunftshauptstadt-b… | |
| [2] /Ziviler-Ungehorsam-in-Berlin/!5711953 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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