Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Israelhass des iranischen Mullah-Regimes: Von Rohani zu Raisi
> Der Iran wird von korrupten Islamisten-Gangs regiert. Das Kabinett Raisi
> gleicht nun einer Ansammlung von Schwerverbrechern. Wie reagiert die EU?
Bild: Anhängerinnen des Mullah-Regimes mit Foto von Chef-Mullah Chamenei und E…
[1][Ebrahim Rais]i, der seit Anfang August als Präsident des Regimes in
Teheran fungiert, steht einerseits für ideologische Kontinuität, was die
inhaltlichen Zielsetzungen der „Islamischen Republik“ angeht, und
andererseits für eine Radikalisierung der Herrschaftsausübung im Iran.
Seine „Wahl“ glich eher einer Bestellung durch den obersten geistlichen
Führer Ali Chamenei, der im Vorfeld des Urnengangs dafür gesorgt hatte,
dass alle aussichtsreichen Gegenkandidaten nicht zugelassen wurden –
einschließlich von altgedienten Funktionären des Regimes wie beispielsweise
der langjährige Parlamentspräsident Ali Laridschani.
Die iranische Bevölkerung quittierte das mit der niedrigsten
Wahlbeteiligung seit der Islamischen Revolution von 1979. Selbst offizielle
Stellen des Regimes räumten ein, dass die Beteiligung erstmals unter 50
Prozent gesunken ist. Oppositionelle Beobachter schätzen sie auf nur 10 bis
20 Prozent, womit der Wahlzirkus endgültig als jene Legitimierungsfarce
erkennbar wurde, die sie aufgrund der Herrschaftsstruktur des iranischen
Regimes mit der zentralen Rolle des obersten Führers und des Wächterrats
ohnehin schon immer war.
Raisi, der durch die offene Unterstützung von Chamenei nun einer der
aussichtsreichsten Kandidaten für dessen Nachfolge ist, hat sich den Titel
„Schlächter von Teheran“ aufgrund seiner seit Jahrzehnten etablierten
Stellung im iranischen Repressionsapparat und seiner Verantwortung für die
Ermordung Tausender Oppositioneller redlich verdient. [2][Seine „Wahl“ im
Juni] signalisierte der Bevölkerung, dass die Ajatollahs in Zukunft noch
stärker auf unmittelbare Gewalt zur Herrschaftssicherung setzen werden,
während die Versuche zur Erlangung einer partiellen, zumindest von Teilen
der Bevölkerung akzeptierten Legitimität in den Hintergrund treten.
## Verfeindete Gangs
Das iranische Regime ist seit Anbeginn von einem permanenten
Konkurrenzkampf verfeindeter Gangs charakterisiert, die aber nicht einfach
wie Verbrechersyndikate um das größere Stück vom Kuchen konkurrieren,
sondern stets auch darum, wer das Programm des eliminatorischen
Antizionismus am effektivsten voranbringen kann. In der ursprünglichen und
lange Jahre gültigen Konzeption der „Islamischen Republik“ thront über
ihnen allen der oberste geistliche Führer, der als vermittelnde und
integrierende Instanz agiert.
Der „Fürst der Gläubigen“, wie einer der zahlreichen Titel des Führers
lautet, verkörpert das Bewusstsein, dass, wie Revolutionsführer Ajatollah
Ruhollah Chomeini es einmal formulierte, das Regime zwei Flügel benötigt,
um seine Ziele zu erreichen, und abzustürzen droht, wenn es einen von ihnen
einfach abhackt.
Diese Konzeption war bereits seit der allzu offensichtlichen Wahlfälschung
2009 sowie durch die eindeutige und frühzeitige Parteinahme von Chamenei
für den damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad in Frage gestellt. Seit
der Wahl von Hassan Rohani 2013 wurde sie partiell restauriert, wodurch das
Regime wieder etwas von jener Stabilität zurückzugewinnen hoffte, die es
durch die überraschend starken Proteste 2009 und durch die Aufkündigung des
Herrschaftskompromisses verloren hatte.
Ein Ausdruck dieser Restaurierungsbemühungen war die Zusammensetzung der
Regierungskabinette von Rohani, der bei seiner Ministerauswahl mit Ausnahme
der Gruppe um Ahmadinedschad und jener „Reformislamisten“, die ihm
überhaupt erst zum Sieg verholfen hatten, die Bedürfnisse fast aller
Fraktionen berücksichtigte und eine Art großer Koalition zustande brachte,
um das Fundament des Regimes wieder zu verbreitern.
## Wie zu Zeiten Ahmadinedschads
In diesem Sinne bedeutet die Zusammensetzung des Kabinetts von Ebrahim
Raisi eine erneute Aufkündigung des breit angelegten
Herrschaftskompromisses. Im Sicherheitsbereich können die Revolutionsgarden
wie zu Zeiten Ahmadinedschads ihren ohnehin schon massiven Einfluss noch
weiter ausbauen.
Rohani hatte im Gegensatz zu Ahmadinedschad und Raisi versucht, sie
zugunsten des traditionellen Geheimdienstes MOIS ein wenig in die Schranken
zu weisen – was nichts mit einer im Westen geradezu herbeibeschworenen
„Mäßigung“ zu tun hatte, sondern lediglich die Verschiebung von einem
Machtzentrum zum anderen innerhalb des Regimes bedeutete.
Auch hinsichtlich der zentralen Elemente des Antisemitismus des iranischen
Regimes steht die Raisi-Regierung einerseits für ideologische Kontinuität
und andererseits für eine Radikalisierung, die in personeller Hinsicht
teilweise an die Amtszeit von Ahmadinedschad anknüpft. Raisis
Innenminister, Ahmad Vahidi, der unter Ahmadinedschad bis 2013
Verteidigungsminister war, verkörpert wie kaum ein anderer iranischer
Spitzenpolitiker den antisemitischen Charakter des Regimes.
Vahidi wird bis zum heutigen Tag von Interpol mit internationalem
Haftbefehl gesucht, da er von Argentinien als einer der Hauptschuldigen für
den Anschlag auf das jüdische Gemeindezentrum AMIA 1994 in Buenos Aires
angesehen wird, bei dem 85 Menschen ermordet wurden.
## „Zionistische Schweine“
Das Gleiche gilt für Mohsen Rezai, ein hoher General der Revolutionsgarden
und mehrfach gescheiterter Präsidentschaftskandidat, der von Raisi nun zu
einem seiner Vizepräsidenten ernannt wurde. Zahlreiche weitere
Kabinettsmitglieder finden sich wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen
auf Sanktionslisten der USA, der EU oder Kanadas.
Raisis Außenminister, Hossein Amir-Abdollahian, der unter Rohani als
stellvertretender Außenminister für die arabischen Länder und Afrika
zuständig war, tituliert Israelis als „zionistische Schweine“. Von ihm und
Raisi ist eine Intensivierung der ohnehin schon [3][massiven Unterstützung
für die zahlreichen proiranischen Milizen in den Nachbarländern des Iran]
und an den Grenzen Israels zu erwarten.
2018 war Amir-Abollahian als Generalsekretär der „Internationalen Konferenz
zur Unterstützung der palästinensischen Intifada“ einer der Organisatoren
des „Ersten Internationalen Sanduhr-Festivals“, das auf seiner Website
israelhourglass.com das „fake regime“ namens Israel attackierte. Das Symbol
des Festivals war ein Davidstern, der sich beim Durchlaufen einer Sanduhr
auflöst.
Mehrere Monate wurden Einreichungen entgegengenommen, die das erhoffte Ende
Israels in spätestens 25 Jahren illustrieren und den bösartigen,
„bestialischen“ und „unmenschlichen“ Charakter des Zionismus sowie sein…
Unterstützer dokumentieren sollten.
## Minister Amir-Abdollahian
Das Motto des Festivals bezog sich auf Reden Chameneis, der 2015 und 2016
angekündigt hatte, das „zionistische Regime“ werde bis zum Jahr 2040
endgültig ausgelöscht sein, woraufhin die herrschenden Ajatollahs in
Teheran 2017 eine Installation aufstellen ließen, welche die Tage bis zum
Endsieg über den jüdischen Staat zählt. Als neu ernannter Außenminister
erklärte Amir-Abdollahian im September laut der iranischen
Nachrichtenagentur Fars News, das iranische Regime strebe weiterhin „die
totale Eliminierung […] des Zionismus“ an, den er als Form „rassistischer
Diskriminierung“ attackierte.
Bereits im Februar dieses Jahres hat die Anti Defamation League (ADL) eine
umfassende Studie vorgelegt, die akribisch aufzeigt, wie iranische
Schulbücher weiterhin sowohl von klassisch antisemitischen Motiven (etwa
der schon von Chomeini aufgestellten Behauptung, Juden hätten sich von
Beginn an gegen den Islam verschworen und islamische Schriften verfälscht)
als [4][auch von einem eliminatorischen Antizionismus geprägt sind].
Im Juni 2021 hat der Direktor der ADL, Jonathan Greenblatt, darauf
verwiesen, dass Ebrahim Raisi bereits vor seiner Wahl zum Präsidenten in
die Verbreitung antisemitischer Propaganda involviert war: 2016 wurde Raisi
von Ali Chamenei zum Direktor der Astan-Quds-Razavi-Stiftung ernannt. Die
religiösen Stiftungen sind in der „Islamischen Republik“ von enormer
Bedeutung und verfügen aufgrund ihrer Milliarden-Budgets über immensen
Einfluss.
Die Razavi-Stiftung betreibt mehrere Zeitungen, Druckereien und Verlage und
unterhält Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie zahlreiche
Wirtschaftsunternehmen.
## „Des Teufels Plan“
Raisi beaufsichtigte in seiner Zeit als Direktor von 2016 bis 2019 laut ADL
die Produktion eines 50-teiligen Dokumentarfilms unter dem Titel „Des
Teufels Plan“, der eine Art aktualisierte Illustration des antisemitischen
Klassikers „Die Protokolle der Weisen von Zion“ darstellt, die von der
Razavi-Stiftung früher in Druckfassungen verbreitet wurden.
Präsentiert wurde der unter der Aufsicht Raisis entstandene
Propagandastreifen 2018 von der Razavi-Stiftung unmittelbar vor dem
Al-Quds-Tag, an dem seit 1979 auf Geheiß von Chomeini weltweit am Ende des
Fastenmonats Ramadan für die Vernichtung Israels demonstriert wird und an
dem in den letzten acht Jahren auch regelmäßig der im Westen systematisch
verharmloste Rohani teilgenommen hatte.
Dass sich an der fatalen, das antisemitische Terrorregime in Teheran
hofierenden europäischen Iranpolitik der letzten Jahre auch durch die Wahl
Raisis nichts Substanzielles geändert hat, wurde bereits bei dessen
Angelobung deutlich: In der ersten Reihe saßen dort Vertreter der
palästinensischen Terrortruppen Hamas, Islamischer Dschihad und PFLP sowie
von der libanesischen Hisbollah – und eine Reihe dahinter Enrique Mora, der
zweithöchste Außenpolitiker jener EU, in der Hamas, Islamischer Dschihad
und PFLP als Terrororganisationen verboten sind.
Allein damit wurde der Führung in Teheran signalisiert, dass sie von der
europäischen Politik auch weiterhin keine ernsthaften Konsequenzen für
ihren Antisemitismus und die Unterstützung des antiisraelischen Terrors zu
erwarten hat.
28 Nov 2021
## LINKS
[1] /Menschenrechte-im-Iran/!5791117
[2] /Irans-kuenftiger-Praesident-Ebrahim-Raisi/!5779931
[3] /Afghanistan-und-Terror-nach-9/11/!5796665
[4] /Verschwoerungstheorien-zu-Corona/!5704080
## AUTOREN
Stephan Grigat
## TAGS
Schwerpunkt Iran
Atomabkommen mit Iran
Israel
Antisemitismus
Islamismus
Naher Osten
Europäische Union
Podcast „Vorgelesen“
Proteste in Iran
Schwerpunkt Iran
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
taz.gazete
Schwerpunkt Konflikt zwischen USA und Iran
Schwerpunkt Afghanistan
Wahlen im Iran
Verschwörungsmythen und Corona
## ARTIKEL ZUM THEMA
Proteste in Iran: Aus für die Islamische Revolution
Die Hidschab-Proteste richten sich auch gegen die klerikale, korrupte
Führung. Es geht um die Abschaffung der Islamischen Republik.
Frauenrechte im Nahen Osten: Mehr als wehende Haare
Frauen im Iran kämpfen um ihre Freiheit. Das ist nicht „westlich“, sondern
mutig – und ein universelles Bedürfnis. Eine Antwort auf Julia Neumann.
Geldgeber des Islamischen Dschihad: Die Strippenzieher aus Teheran
Know-how und Geld aus Iran: Der Raketenterror aus dem Gazastreifen ist eng
verbunden mit den Ränken des iranischen Regimes gegen den Westen und
Israel.
Anthologie persischer Lyrik: Sprache in Flammen
Kurt Scharf und Ali Abdollahi legen den zweiten Band ihrer Auswahl zur
persischsprachigen Lyrik des 21. Jahrhunderts im Sujet Verlag vor.
Tötung des iranischen Generals Soleimani: Israel war an US-Angriff beteiligt
Im Januar 2020 töteten die USA den iranischen General Soleimani. Nun hat
ein israelischer Ex-Geheimdienstchef bestätigt: Sein Land war beteiligt.
Menschenrechte im Iran: Ein mörderisches Regime
Geht es um die Aufnahme von Afghanen, ist oft vom Iran die Rede. Dabei darf
bei Gesprächen mit Teheran die Folter von Regimekritiker:innen dort
nicht vergessen werden.
Machtwechsel im Iran: Die Proteste sind ein Weckruf
Vor dem Amtsantritt des neuen Präsidenten im Iran demonstrieren Menschen
gegen Wassermangel, Stromausfall und Internetzensur.
Verschwörungstheorien zu Corona: Das Versagen von Irans Regierung
Die Führung des Iran hat auf Corona mit Vertuschung und Versäumnissen
reagiert. Nun soll das Virus eine „biologisch-ethnische Waffe“ des Westens
sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.