Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- LGBTI-Rechte im Koalitionsvertrag: Dickes Fell für die Legislatur
> Viele der geplanten Ampel-Reformen verdienen Applaus. Für gute
> Lebensbedingungen von LGBTI ist aber auch ein starker Sozialstaat nötig.
Bild: Queers, zieht euch warm an!
Wäre der Koalitionsvertrag schon dasselbe wie die Wirklichkeit, dann hieße
das Aufatmen. Aufatmen für viele Menschen aus dem queeren Spektrum. SPD,
Grüne und FDP versprechen in ihrem Papier vom Mittwoch Reformen, die man
getrost beklatschen darf – wenn man sie auch gleichzeitig überfällig nennen
muss. [1][Das Familienrecht soll der queeren Realität angepasst werden]:
rechtliche Anerkennung von dritten und vierten Elternteilen durch das
„kleine Sorgerecht“; rechtliche Anerkennung beider Mütter bei lesbischen
Eltern ab Geburt des Kindes.
Damit würden Diskriminierungen verschwinden, die ohnehin bloß Überbleibsel
einer Vater-Mutter-Kind-Schablone sind, an die sich die Merkel-Regierungen
gekrallt hatten. Außerdem würde, wenn alles so kommt, wie es da jetzt
steht, das alte und teils verfassungswidrige Transsexuellengesetz durch ein
Selbstbestimmungsgesetz ersetzt. Änderungen des Geschlechtseintrags wären
dann auf dem Standesamt möglich anstatt bei Gericht – und zwar per
Selbstauskunft, statt mittels intimer und übergriffiger Begutachtungen.
Dass sich in diesen Fragen die neue Ampel-Regierung auf grundlegende
Reformen würde einigen können, war zu erwarten. [2][Schon bei den
gescheiterten Versuchen, das Transsexuellengesetz noch vor der
Bundestagswahl zu überholen], waren sich SPD, Grüne und FDP in den
wesentlichen Punkten einig gewesen. In ihrem gesellschaftspolitischen
Liberalismus sind sich die drei Parteien näher als in vielen anderen
Fragen.
Kühler Diskurs
Klar müssen die Gesetze erst mal auch geschrieben und verabschiedet werden,
aber sie haben einen Vorteil: Sie kosten nichts. Sie müssen ideologisch
durchgekämpft werden – und da ist mit der Union der Hauptgegner vom Platz
verschwunden. Was natürlich einzelne Konservative und weiter Rechte nicht
davon abhalten wird, lautstark Stimmung zu machen, sobald diese Reformen
kommen. Während es also auf dem Papier besser wird, könnte es im Diskurs
erst mal kühler werden. Dickes Fell wird die queere Wintermode der
kommenden Legislatur.
Na ja, und eine weitere große Sorge: Lebensbedingungen von LGBTI hängen –
wie bei allen anderen Leuten auch – nicht am Recht allein, sondern auch an
der Grundversorgung. Zu liberalen Gesetzen muss ein starker Sozialstaat
kommen, der in Lebenskrisen auffängt. Bisher scheint die neue Regierung
aber eine werden zu wollen, die am liebsten von Luft und Liebe lebt.
Versprechen gibt es viele, aber keine Steuererhöhungen und (mit einigen
Ausnahmen) keine Neuschulden.
Entsprechend braucht also auch nicht mit spürbaren Mehrausgaben für
Gesundheit und Soziales gerechnet zu werden. Nicht gerade Topneuigkeiten
für trans Menschen, die häufiger erwerbs- und wohnungslos werden, für
ältere Queers, die oft nicht auf Pflege durch Angehörige zurückgreifen
können. „Fortschritt“ klingt hohl, wenn man vergisst umzuverteilen.
27 Nov 2021
## LINKS
[1] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741
[2] /Verschiebung-des-Transsexuellengesetzes/!5770060
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Kolumne Unisex
Schwerpunkt LGBTQIA
Queer
Koalitionsvertrag
Familienpolitik
Transgender
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Ampel-Koalition
Kolumne Unisex
Kolumne Unisex
Kolumne Unisex
## ARTIKEL ZUM THEMA
Transfeindliche Feminist*innen: Nö danke, „Emma“
Nach einem Artikel über die Grünen-Politikerin Tessa Ganserer muss man sich
fragen: Ist das Magazin von Alice Schwarzer noch feministisch?
Queer-Beauftragter der Regierung: Lehmann besetzt einen neuen Posten
Die Bundesregierung hat mit dem Queer-Beauftragten ein neues Amt
geschaffen. Ein Kölner soll das Geschäft dort nun übernehmen.
Widersprüche im Feminismus: Der Stammtisch
Eigentlich kann der Feminismus gar nicht genug Wellen haben. Auch wenn das
bedeutet, dass grundlegende Fragen dauernd aufs Neue ungeklärt erscheinen.
Idealtypen von Körpern: Hässlich und krank
Unser Autor denkt über Körper nach. Und merkt: Er hat keine Ahnung, wie
echte Körper aussehen.
Abtreibungsgesetz in Texas: Ein Herz, das kein Herz ist
Das „Heartbeat“-Bill in Texas verbietet Abtreibungen ab dem ersten
Herzschlag. Das soll ab der sechsten Woche sein, doch Embryos haben kein
Herz.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.