| # taz.de -- Engagement für Seenotrettung: Das auf dem Schiff könnte ich sein | |
| > Tareq Alaows musste vor dem Bürgerkrieg in Syrien fliehen. Heute | |
| > engagiert er sich in Berlin bei der Seebrücke. | |
| Bild: Kann sich in Menschen auf der Flucht hinein versetzen: Tareq Alaows | |
| „Auf hoher See nicht zu retten – das wird die Fluchtbewegung nicht | |
| stoppen“, davon ist Tareq Alaows überzeugt. Der 31-jährige gebürtige Syrer | |
| und heutige Wahlberliner hat am Telefon eine freundliche helle Stimme. Seit | |
| 2018 ist er in der Seebrücke engagiert, einer internationalen Initiative, | |
| die sich für die Entkriminalisierung der zivilen Seenotrettung einsetzt. | |
| „Abschreckung“, so Alaows, „funktioniert auf dem Meer nicht, denn diese | |
| Menschen haben nichts zu verlieren.“ Unter dem Hashtag #LeaveNoOneBehind | |
| fordert die Seebrücke die Evakuierung aller Geflüchteten aus den | |
| desaströsen griechischen Lagern wie das auf Lesbos. Dort sind die Menschen | |
| ganz akut bedroht, weiter zu verelenden und sich das Coronavirus | |
| einzufangen. | |
| In Damaskus hat Tareq Alaows einst Jura studiert und für den Roten Halbmond | |
| gearbeitet, bevor er selbst aus „religiösen und politischen Gründen“, wie | |
| er sagt, das Bürgerkriegsland Syrien verlassen musste. Dennoch ist er auch | |
| im deutschen Exil schnell politisch aktiv geworden. Im Frühjahr 2016 | |
| campierte und protestierte der Aktivist mit anderen Geflüchteten vor dem | |
| Bochumer Rathaus. | |
| Nicht länger wollte er in einer überfüllten Sammelunterkunft leben, nicht | |
| länger vom Arbeitsmarkt und von der politischen Mitbestimmung | |
| ausgeschlossen sein. Die Stadt gab schließlich nicht nur den Forderungen | |
| der Protestierenden nach, es hatte sich derweil auch ein solidarisches | |
| Netzwerk in Bochum gebildet. | |
| ## „Wir müssen Geflüchtete aus Lagern evakuieren“ | |
| Zur Initiative Seebrücke stieß Alaows, nachdem im Juni 2018 tagelang kein | |
| Mittelmeerstaat bereit war, das Rettungsschiff Lifeline anlegen zu lassen. | |
| Alaows war einer von Tausenden, die in Essen auf die Straße gingen, um | |
| sichere Häfen zu fordern. Heute vermittelt Alaows zusammen mit 14 weiteren | |
| Kolleg*innen zwischen den verschiedenen Gruppen der Seebrücke. | |
| In Berlin hat er als Aktivist schließlich auch bezahlte Arbeit gefunden – | |
| bei der Initiative S27, einem internationalen JugendKunst- und Kulturhaus | |
| in Kreuzberg. Dort leitet Alaows den Bereich Prävention und | |
| Krisenmanagement. | |
| Seine Arbeit bei der Seebrücke läuft unterdessen weiter: „Wir müssen | |
| Geflüchtete aus griechischen und libyschen Lagern evakuieren“, sagt Alaows | |
| nochmals nachdrücklich. Mit neuen Demoformen versucht die Initiative, | |
| diesen Forderungen trotz Versammlungsverbots Gehör zu verschaffen. | |
| Dabei kommt es nicht nur zu Stress und Anfeindungen vonseiten der Polizei. | |
| „Bei einer Demo schlug mir eine Frau vor, dass wir doch rotieren sollen. Es | |
| gebe einfach zu viele Ausländer hier. Wenn ich wolle, dass neue kämen, | |
| solle ich doch gehen.“ Auch Hassbriefe erhält Alaows immer wieder. | |
| Schwieriger als mit Repressionen und Rassismus umzugehen, ist für Alaows | |
| nur „die Weigerung der Politik“, zu retten. „Ich stelle mir bei den | |
| Debatten über ‚retten oder nicht‘ immer vor: Das auf dem Schiff könnte ich | |
| sein.“ Für ihn ist das die größte Motivation, sich weiter bei er Seebrücke | |
| einzusetzen. | |
| 21 Apr 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Hunglinger | |
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