# taz.de -- Berlin intersektional: Lasst euch nicht ablenken | |
> Wie über „Identitätspolitik“ diskutiert wird, nervt. Doch es gibt | |
> Wichtigeres. Zum Beispiel die Abschlussveranstaltungen der Konferenz der | |
> Visionen. | |
Bild: Der afrodeutsche Aktivist Martin Dibobe (2. von rechts) und Hochbahn-Koll… | |
[1][Hedwig Dohm], [2][Paul Singer], [3][Martin Dibobe], [4][Magnus | |
Hirschfeld]. Vom Kaiserreich an gab es in der Berliner Linken jene Stimmen, | |
die den Gerechtigkeitsbegriff erweiterten. Die Emanzipation der Frauen, | |
Jüdinnen und Juden, Schwarzen Deutschen und Queers war für sie nicht zu | |
trennen vom revolutionären Umbau der Gesellschaft. Und wie viele Stimmen | |
sollten im 20. Jahrhundert noch dazukommen. | |
Natürlich nervt es, wenn diese Emanzipationsgeschichte ignoriert wird und | |
[5][„Identitätspolitik“ als Spleen des jungen 21. Jahrhundert geschmäht]. | |
Wenn die eigene Position ausgeklammert und das „Eigentliche“ der Linken | |
angemahnt wird, ohne konkret zu werden. Wenn ohne Beleg Unterstellungen | |
angeführt werden wie: [6][„Da wird der weiße Hartz-IV-Empfänger | |
unentrinnbar zum Vertreter der white supremacy, sein Status als | |
Ausgebeuteter kapitalistischer Strukturen ist in dieser Logik nicht mehr | |
denkbar.“] | |
Natürlich nervt das, lähmen sollte es nicht. Denn eine weiterführende linke | |
Politik zu formulieren, die den sich überschneidenden Ungerechtigkeiten | |
gerecht wird, ist ja tatsächlich nicht leicht und verlangt nach | |
Konzentration. Die [7][Konferenz der Visionen] hat sich in der vergangenen | |
Woche an dieser Aufgabe versucht. Zu ihrem Abschluss soll in einem Weltcafé | |
die Frage verhandelt werden, wie die sozialen Bewegungen auf die | |
Koalitionsverhandlungen in Berlin und im Bund Einfluss nehmen können | |
(Mittwoch, 27. Oktober, 18 Uhr, Zelt 1, John-Foster-Dulles-Allee 10). | |
Bei einer Offenen Versammlung im Neuköllner [8][Heimathafen] geht es | |
anschließend um die Frage: Wie müssen sich soziale Bewegungen (anders) | |
organisieren, damit eine mehrjährige Perspektive gelingt? „Egal ob du schon | |
langjährige Erfahrung hast oder einfach neugierig bist, sei dabei, wenn wir | |
als Gerechtigkeitsgruppen den Aufbau gemeinsamer Strukturen anpacken“, | |
heißt es in der Einladung(Mittwoch, 27. Oktober, 19.30 Uhr, | |
Karl-Marx-Straße 141). | |
„Bei der Identitätspolitik und der zugrundeliegenden philosophischen | |
Strömung des Postmodernismus handelt es sich um Ausprägungen der | |
bürgerlichen Ideologie, die im fortschrittlichen Gewand daherkommen, aber | |
letztlich auf die Spaltung der Arbeiter:innen und Unterdrückten, auf | |
die Zersetzung der revolutionären und kommunistischen Bewegung sowie der | |
politischen Widerstandsbewegung ausgelegt sind“, so die nervig-steile These | |
eines angekündigten Vortrags im Weddinger [9][Kiezhaus Agnes Reinhold]. Ob | |
das wirklich so einfach ist, soll im Anschluss zur Diskussion stehen | |
(Freitag 29. Oktober, 19 Uhr, Afrikanische Str. 74). | |
27 Oct 2021 | |
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[7] https://gerechtigkeitjetzt.de/ | |
[8] https://heimathafen-neukoelln.de/ | |
[9] https://www.kiezhaus.org/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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