| # taz.de -- Prozess gegen frühere KZ-Sekretärin: Rechtsextreme im Verhandlung… | |
| > Rechtsextreme nutzen den Prozess gegen die frühere KZ-Sektretärin Irmgard | |
| > Furchner, um sich in Szene zu setzen und zu mobilisieren. | |
| Bild: Auch von Rechtsextremen besucht: Der Prozess gegen Irmgard Furchner | |
| Am Dienstagmorgen begleitetet Protest von antifaschistischen Initiativen in | |
| Itzehoe den [1][Prozess gegen die ehemalige Sekretärin des Kommandanten des | |
| KZ Stutthof]. Vor dem Eingang des provisorischen Landgerichts auf dem | |
| Gelände des China Logistic Center postierten sich die Demonstrierenden. | |
| „Über 110.000 Morde verjähren nicht. Kein Vergeben. Kein Vergessen. | |
| Stutthof 1933–1945 Nie wieder“ steht auf einem ihrer Transparente. | |
| Die 96-jährige ist angeklagt, in 11.412 Fällen Beihilfe zum heimtückischen | |
| und grausamen Mord geleistet zu haben, in 18 weiteren Fällen Beihilfe zum | |
| versuchten Mord. Knapp zwei Jahre lang arbeitete sie in der Kommandantur | |
| des Konzentrationslagers als Schreibkraft des SS-Sturmbannführers Paul | |
| Werner Hoppe. | |
| Mit Furchner steht zum ersten Mal eine Zivilangestellte eines KZ vor | |
| Gericht. Die Anklage geht davon aus, dass sie von den grausamen Morden im | |
| Lager wusste, die Verteidigung stellt das infrage. Zuvor war die Angeklagte | |
| aus ihrem Altersheim in Quickborn geflohen und trägt nun eine elektronische | |
| Handfessel. | |
| Zu dem Verfahren gegen Irmgard Furchner hatte jedoch auch die rechtsextreme | |
| Szene mobilisiert. Über eine Stunde vor Beginn des Verhandlungstages steht | |
| eine Gruppe von etwa fünf Personen am Einlass, die allen gleich erklärten, | |
| dass sie das Verfahren für nicht geboten halten. | |
| ## NPD-Vorsitzender kommt zu spät | |
| Ein Mann mit Mütze, auf der die Schwarze Sonne prangt, wird zu ihrem | |
| Wortführer. Seit Jahrzehnten dient das Symbol der rechtsradikalen Szene zur | |
| Solidarisierung mit der SS. Es ist in das Bodenmosaik der Wewelsburg bei | |
| Paderborn eingelassen. Heinrich Himmler, Reichsführer der SS, wollte die | |
| Burg zu einem spirituellen Ort für die SS ausbauen. | |
| Auf das Symbol auf seiner Mütze angesprochen, poltert er, dass man doch | |
| stolz auf sein Vaterland und seine Heimat sein dürfe. Den Streit vor dem | |
| Tor bekommen Justizbeamt:innen mit und sprechen eine Warnung aus. In | |
| den Verhandlungssaal darf der Mann mit der Schwarzen Sonne trotzdem. Mit | |
| ihm seine kleine Entourage. Bei der Verhandlung bleiben sie ruhig. | |
| Lennart Schwarzbach jedoch findet in dem provisorischen Gerichtssaal keinen | |
| Platz. Der NPD-Landesvorsitzende aus Hamburg kommt zu spät. Im Vorfeld | |
| hatte er auf der Landeswebsite gegen die „irrwitzig erscheinende Klage“ | |
| gewettert. Vor Gericht würde die Sekretärin von einer „Mischung aus | |
| profitgierigen Fremdländern und von Schuldkomplexen überladenen, verwirrten | |
| BRD-Menschen empfangen“. | |
| Seit dem [2][Fluchtversuch] wird die Angeklagte in der Szene als „Rebellin | |
| von Itzehoe“ gefeiert. Ihr Anwalt erklärte vor Gereicht, dass seine | |
| Mandantin keine Beziehung zu diesem Spektrum habe. Das stört die | |
| Rechtsextremen jedoch nicht. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass sie derartige Prozesse zur | |
| Selbstinszenierung nutzen. Bereits 2015 liefen Rechtsextreme bei den | |
| Verhandlungen gegen den früheren SS-Mann Oskar Gröning auf, der in | |
| Auschwitz als Buchhalter tätig war. Die Holocaust-Leugnerin Ursula | |
| Haverbeck erklärte damals: „Auschwitz war ein Arbeitslager“. | |
| Gegen das [3][Verfahren gegen den SS-Wachmann Bruno Dey] im KZ Stutthof | |
| protestierten 2019 NPD-Anhänger:innen vor dem Hamburger Landgericht. Mit | |
| dabei: der rechtsextreme Influencer „Volkslehrer“ Nikolai Nerling. Bei | |
| Telegram deutet er an, auch in Itzehoe noch gegen den „Schuldkult“ | |
| demonstrieren zu wollen. | |
| 21 Oct 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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