| # taz.de -- Statistik zu Schwangerschaftsabbrüchen: Mehr späte Abtreibungen | |
| > Eine neue Statistik zeigt, dass zuletzt weniger Frauen eine | |
| > Schwangerschaft abbrachen. Nur bei den Abbrüchen nach der 12. Woche stieg | |
| > die Zahl. | |
| Bild: Unstrittenes Thema: Demonstration gegen rechte Abtreibungsgegner*innen in… | |
| Bremen taz | Die Zahl der [1][Schwangerschaftsabbrüche] ist auch im zweiten | |
| Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. Das | |
| hatte Ende September [2][das Statistische Bundesamt mitgeteilt] – ohne eine | |
| Erklärung liefern zu können. Die Daten ließen „keine eindeutige Ursache f�… | |
| diesen Rückgang erkennen“. Selbst im Pandemiejahr 2020 habe es nur 0,9 | |
| Prozent weniger Schwangerschaftsabbrüche gegeben als im Vorjahr. Im ersten | |
| Quartal dieses Jahres hingegen waren es 7 Prozent und im zweiten sogar 8,5 | |
| Prozent weniger. | |
| Diese Werte liegen deutlich über den üblichen Schwankungen. Ab dem Jahr | |
| 2005 war die Gesamtzahl der Abbrüche kontinuierlich zurück gegangen, bis | |
| sie 2017 erstmals wieder angestiegen war und seitdem auf höherem Niveau | |
| zurück geht. Der Rückgang liegt darin begründet, dass die Zahl der Frauen | |
| im gebärfähigen Alter abnimmt. Anteilig ist die Zahl der Abtreibungen | |
| gleich geblieben. | |
| Erlärungsversuche wie eine größere Vorsicht oder weniger sexueller Kontakte | |
| aufgrund der Pandemiesituation sind schwierig, weil der Rückgang in einigen | |
| Bundesländern stärker ausfällt als in anderen und Menschen mit Wohnsitz in | |
| Hamburg und im Saarland sogar mehr Abtreibungen hatten. | |
| Eins der Bundesländer mit dem stärksten Rückgang ist neben Brandenburg und | |
| Sachsen-Anhalt Bayern: Minus 15 Prozent. Bayern gehört zu den | |
| Bundesländern, in denen die Wege zu einer Arztpraxis oder einer Klinik, die | |
| Abtreibungen vornimmt, [3][besonders weit sind]. | |
| ## Erklärungen hat bisher niemand | |
| Die bayrische Landesregierung beharrt zwar darauf, dass „das Angebot an | |
| Einrichtungen für die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen“ ausreichend | |
| sei, wie die Pressestelle des Gesundheitsministeriums zum wiederholten Mal | |
| der taz mitteilte. In derselben Mail heißt es aber auch: „In den letzten | |
| Jahren war ein Rückgang bei diesen zugelassenen Einrichtungen zu | |
| verzeichnen, was sich auch auf die Gesamtzahl der vorgenommenen | |
| Schwangerschaftsabbrüche in Bayern ausgewirkt haben kann.“ | |
| Auffällig an der Quartalsstatistik ist, dass die Anzahl von | |
| Schwangerschaftsabbrüchen nach den ersten zwölf Wochen um knapp 16 Prozent | |
| im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt | |
| gelten Schwangerschaftsabbrüche als Straftat, die nicht verfolgt wird, wenn | |
| sich die Schwangere hat beraten lassen und danach eine dreitägige | |
| Bedenkfrist eingehalten hat. | |
| Nach der zwölften Woche muss ein Arzt oder Ärztin bescheinigen, dass ein | |
| Austragen der Schwangerschaft nicht zumutbar ist. Diese Indikation wird | |
| fast ausschließlich aufgrund einer vermuteten Behinderung des Fötus | |
| gestellt, weswegen [4][nach taz-Recherchen mindestens jede dritte bis | |
| vierte Frau] für einen dieser späten Abbrüche nach Holland reist. | |
| Auch eine der wenigen Wissenschaftler:innen in Deutschland, die sich | |
| mit der Statistik im Detail beschäftigen, hat keine Erklärung für die | |
| Unregelmäßigkeiten. „Das wäre Kaffeesatzleserei, dazu kann man vielleicht | |
| etwas sagen, wenn die Daten für das ganze Jahr vorliegen“, sagt Daphne | |
| Hann, die Koordinatorin der vom Bundesgesundheitsministerium mit 4,3 | |
| Millionen Euro geförderten [5][Studie zu „Erfahrungen und Lebenslagen | |
| ungewollt Schwangerer] – Angebote der Beratung und Versorgung“ (Elsa). | |
| Diese einmalige Studie hat laut Ausschreibung auch den Auftrag, eine | |
| „deutschlandweite vollständige Erhebung“ von Orten zu liefern, an denen | |
| Frauen Schwangerschaften abbrechen können. Das Problem: Das Statistische | |
| Bundesamt, das diese Daten liefern könnte, gibt sie nicht heraus, weil sie | |
| einer besonderen Geheimhaltung unterliegen. „Dabei wäre eine Ausnahme zu | |
| wissenschaftlichen Zwecken möglich“, sagt Hahn. Und dass das Bundesamt | |
| einen Weg vorgeschlagen habe, den es dann doch für illegal erklärte. „Wir | |
| warten ab, [6][ob sich mit einer neuen Regierung etwas ändert]“, so Hahn. | |
| 22 Oct 2021 | |
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| [1] /Zugang-zum-Schwangerschaftsabbruch/!5786395 | |
| [2] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Schwangers… | |
| [3] /Schwangerschaftsabbrueche-in-Bayern/!5783989 | |
| [4] /Spaetabtreibungen-in-Deutschland/!5681768 | |
| [5] /Studie-zu-Schwangerschaftsabbruch/!5744623 | |
| [6] /Die-Frauenpolitik-einer-Ampel/!5800703 | |
| ## AUTOREN | |
| Eiken Bruhn | |
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