| # taz.de -- Studie zu Schwangerschaftsabbrüchen: Umentscheidung unwahrscheinli… | |
| > Die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch hat oft mit der | |
| > jeweiligen Lebenssituation zu tun. Die verpflichtende Beratung hat kaum | |
| > Einfluss. | |
| Bild: Hat kaum Einfluss: Beratung im Rahmen eines Schwangerschaftsabruchs (gest… | |
| Bremen taz | Studien zu den Gründen von [1][Schwangerschaftsabbrüchen in | |
| Deutschland] sind rar. Wenn es zu diesem Thema überhaupt belastbare Zahlen | |
| gibt, kommen sie bisher eher aus den USA. Das ändert sich zumindest ein | |
| wenig: [2][Das Bundesgesundheitsministerium will 2023 eine Studie dazu | |
| vorlegen,] wie es um die Beratungs- und Versorgungslage ungewollt | |
| Schwangerer in Deutschland bestellt ist. Eine neue soziologische Studie des | |
| Forschungszentrums für Ungleichheit und Sozialpolitik (Socium) der Uni | |
| Bremen hat nun einen Schritt vorher angesetzt und gibt Einblicke in die | |
| Gründe der Entscheidung, eine Schwangerschaft abzubrechen. Laut [3][der | |
| Studie mit dem Titel „Schwangerschaftsabbruch: Lebensverläufe und | |
| kritische Lebensereignisse“] hängt der Entschluss für einen Abbruch eng mit | |
| der jeweiligen Lebenssituation und -phase zusammen, in der sich die Frauen | |
| befinden. | |
| „Unsere Ergebnisse sprechen stark gegen die Annahme einer planlosen | |
| Entscheidung“, schreiben die Autorinnen Lara Minkus und Sonja Drobnič. Dies | |
| deckt sich mit anderen Forschungsergebnissen, die darauf hindeuten, dass | |
| die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, dass Frauen sich umentscheiden, | |
| wenn sie einmal den Entschluss für eine Abtreibung getroffen haben. | |
| In Deutschland sind Frauen vor einem Eingriff jedoch sowohl zu einem | |
| Beratungsgespräch als auch zu einer mindestens dreitägigen Bedenkzeit | |
| verpflichtet. „Diese Beratung verpflichtend zu machen, ergibt der | |
| empirischen Sachlage zufolge aber keinen Sinn.“ Dies zeigt auch eine | |
| [4][Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) von | |
| 2016] nach der 69 Prozent aller Frauen angaben, dass die Beratung keinen | |
| Einfluss auf ihre Entscheidung hatte. Schwangerschaftsabbrüche seien die | |
| Folge alltäglicher Lebensentscheidungen und biografisch einschneidender | |
| Vorfälle. | |
| Abgefragt wurden etwa persönliche Aspekte wie Alter oder Religiosität, | |
| familiäre Umstände und sozioökonomische Kriterien. Im Ergebnis sehen die | |
| Autorinnen ihre Hypothese, dass die Entscheidung für einen | |
| [5][Schwangerschaftsabbruch] erheblich von individuellen Lebensumständen | |
| geprägt ist, bestätigt. Den größten Einfluss hat dabei das | |
| Trennungsverhalten. Die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs stieg deutlich, | |
| wenn die befragten Frauen innerhalb der letzten zwei Jahre eine Trennung | |
| vom Partner erlebten. | |
| ## Empirische Grundlagen fehlen | |
| Auch die Lebensphase ist ein entscheidender Faktor. Sowohl bei Frauen unter | |
| 20 als auch bei jenen über 35 stieg die Wahrscheinlichkeit einer | |
| Abtreibung. Bei Jüngeren häufig dann, wenn sie noch in Ausbildung sind, bei | |
| Älteren oft, wenn sie schon Kinder haben und kein weiteres wollen. Gänzlich | |
| neu sind diese Erkenntnisse nicht. Die BZgA-Studie kam zu ähnlichen | |
| Ergebnissen, wenn auch mit eingeschränkter Repräsentativität. Besonders an | |
| der Bremer Studie ist, dass der Datensatz auch die Perspektive von Männern | |
| beinhaltet, deren Partnerin im letzten Jahr eine Schwangerschaft | |
| abgebrochen hat. | |
| „Das Ziel war, zunächst einmal überhaupt repräsentative Daten zu liefern, | |
| wann Frauen oder Paare sich für einen Abbruch entscheiden“, sagt Minkus. | |
| „Das Thema wird zwar breit und hitzig diskutiert, in Deutschland gibt es | |
| dazu aber kaum empirische Grundlagen.“ | |
| Um die repräsentativen Aussagen treffen zu können, nutzten die Autorinnen | |
| den Datensatz des Familienpanels Pairfam. Diese auf 14 Jahre angelegte | |
| Längsschnittstudie läuft seit 2008. „Dadurch, dass jedes Jahr dieselben | |
| Personen befragt werden, wissen wir, ob diese im letzten Jahr zum Beispiel | |
| arbeitslos waren oder sich noch in beruflicher oder schulischer Ausbildung | |
| befinden“, sagt Minkus. | |
| Eine Schwierigkeit bei Befragungen zum Thema Schwangerschaftsabbruch sind | |
| Falschaussagen aufgrund sozialer Erwünschtheit oder der Angst vor | |
| Stigmatisierung. Um dies zu berücksichtigen, werden bei Pairfam bei | |
| sensiblen Themen statt der klassischen Interviews computergestützte | |
| Selbstinterviews durchgeführt. Studien deuten darauf hin, dass damit die | |
| Wahrscheinlichkeit von Falschaussagen zum Thema Abtreibung sinkt. Dass | |
| diese Methode zu funktionieren scheint, zeigt ein Vergleich mit offiziellen | |
| Zahlen des Statistischen Bundesamts, das zu ähnlichen Ergebnissen wie | |
| Pairfam kommt: Von 1.000 Frauen brachen 2020 rund sechs eine | |
| Schwangerschaft ab. | |
| 19 Nov 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Schwangerschaftsabbruch-nach--218/!5751368 | |
| [2] /Studie-zu-Schwangerschaftsabbruch/!5744623 | |
| [3] https://www.uni-bremen.de/universitaet/hochschulkommunikation-und-marketing… | |
| [4] https://publikationen.sexualaufklaerung.de/materialien/studien/frauen-leben… | |
| [5] /Statistik-zu-Schwangerschaftsabbruechen/!5807932 | |
| ## AUTOREN | |
| Teresa Wolny | |
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