# taz.de -- Streichung des Paragrafen 219a: … und jetzt weg mit 218! | |
> Die Regierung hat das Informationsverbot für Abtreibung gekippt. Gut so! | |
> Nur am umstrittenen Paragrafen 218 hält sie weiter fest. | |
Bild: Kundgebung von Fraueninitiativen in Berlin gegen den §218 und den §219a… | |
Freie Information ist ein hohes Gut. Dass das Informationsverbot für | |
[1][Schwangerschaftsabbrüche] endlich fallen soll, muss gefeiert werden: Es | |
ist der überfällige Erfolg einer Bewegung, die sich jahrelang vernetzte, | |
die es schaffte, Tausende zu mobilisieren und die Verbündete in den | |
Fraktionen der Linken, Grünen und FDP fand. Ein misogyner | |
Strafrechtsparagraf von 1933, der es Ärzt:innen verbietet, über ihre | |
Leistungen zu informieren, der Frauen Wissen vorenthält und sie als Wesen | |
stigmatisiert, die vor sich selbst geschützt werden müssen, soll bald der | |
Vergangenheit angehören. Endlich. | |
Trotzdem sind es ambivalente Gefühle, die mit der angekündigten Streichung | |
des [2][Paragrafen 219a] einhergehen. Es war ernüchternd zu sehen, wie | |
schwerfällig sich die parlamentarische Politik auf diesen Erfolg | |
hinbewegte, – und wie oft es danach aussah, als bliebe der leidige Paragraf | |
doch erhalten. Längst hätte es noch in Groko-Zeiten eine Mehrheit im | |
Parlament gegeben, um den 219a zu kippen. Doch um des Koalitionsfriedens | |
willen ließ die SPD mehrfach die Chance verstreichen, Ärzt:innen und | |
Frauen zu ihrem Recht zu verhelfen. Frauenrechte, das war damit klar, sind | |
für die Partei Verhandlungsmasse. | |
Schwerer noch wiegt, dass die Abschaffung des Paragrafen 219a Detail eines | |
viel größeren Übels ist: Des Fortbestehens des Paragrafen 218 im | |
Strafgesetzbuch, der seit über 150 Jahren Schwangerschaftsabbrüche | |
kriminalisiert. Es ist eine Besonderheit der deutschen Debatte, dass es in | |
den letzten Jahren nicht, wie in vielen anderen Ländern, um die Frage ging, | |
ob Schwangerschaftsabbrüche endlich legalisiert werden. Sondern schlicht | |
darum, ob Ärzt:innen darüber informieren dürfen, dass und wie sie | |
vorgenommen werden. | |
Seit Jahren rügen die Vereinten Nationen Deutschland für seine restriktive | |
Politik in Sachen Abbrüche, für die Pflichtberatung und die Wartezeit von | |
drei Tagen, die ungewollt Schwangere zwischen Beratung und Abbruch | |
einhalten müssen. Mit der [3][Ampelkoalition] sollen Abbrüche nun immerhin | |
in der Ausbildung von Ärzt:innen verankert werden. Zudem sollen sie als | |
medizinische Grundversorgung anerkannt und kostenfrei werden. Das sind | |
kleine, aber wichtige Schritte hin zu einer Entkriminalisierung. | |
Doch auch diese Erkenntnis bleibt: Obwohl die Straffreiheit von | |
Schwangerschaftsabbrüchen in den Programmen von SPD und Grünen als Ziel | |
formuliert ist, ist nur eine Kommission geplant, die diese Möglichkeit | |
„prüfen“ soll. Priorität hat die Abschaffung des Paragrafen 218 auch für | |
die Ampel offensichtlich nicht. Die aber muss sie haben: Um Frauen nicht | |
länger unter Generalverdacht zu stellen, muss Paragraf 218 weg. | |
Freie Information ist ein hohes Gut. Das Recht auf den eigenen Körper aber | |
gibt es noch immer nicht. | |
18 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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