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# taz.de -- EU-Minister streiten über Atomkraft: Gas-Zoff erreicht Klimapolitik
> Die EU-Energieminister einigen sich nicht auf Maßnahmen gegen teure
> Energie. Stattdessen streiten sie über die Rolle der Atomkraft für
> Klimapolitik.
Bild: Kostbare Flamme: Gas beim Kochen
Brüssel taz | Der Streit über die [1][steigenden Gas- und Strompreise] in
der EU läuft aus dem Ruder. Nach stundenlangen ergebnislosen Verhandlungen
beim EU-Gipfel letzte Woche in Brüssel zeigten sich am Dienstag in
Luxemburg auch die Energieminister tief gespalten. Das ist an sich kein
Problem. Die EU-Kommission hat eine „Toolbox“ vorgelegt, aus der sich die
27 Mitgliedsländer im Kampf gegen die Krise bedienen können.
Doch die Uneinigkeit bei der Energie strahlt auf die Klimapolitik aus.
Mittlerweile ringen die EU-Länder nicht mehr nur um [2][Maßnahmen gegen den
Preisschock], sondern auch um die Rolle der Atomkraft und den „European
Green Deal“.
Es habe eine „intensive Debatte“ über [3][die Rolle der Atomkraft] gegeben,
sagte EU-Energiekommissarin Kadri Simson nach dem Krisentreffen in
Luxemburg. Nukleare Energie werde von den meisten EU-Staaten „als eine
kohlenstoffarme Energiequelle anerkannt, aber die Meinungen über die
potenzielle Auswirkung auf die umweltpolitischen Ziele gehen auseinander“,
so Simson.
Beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche hatte sich erstmals eine Mehrheit
dafür ausgesprochen, die Atomkraft als „grünen“ Energieträger zu werten …
in einer sogenannten Taxonomie der förderungswürdigen Energien zu
empfehlen. Nach dem Gipfel sprach sich dann auch noch Kommissionschefin
Ursula von der Leyen für Kernkraft und Gas als „sichere
Brückentechnologien“ aus.
## Atomkraft als Strategie gegen den Klimawandel
Damit ging sie auf Frankreich zu, das den Ausbau der Atomkraft als Teil der
europäischen Strategie gegen den Klimawandel betrachtet. Deutschland,
Österreich und einige andere EU-Länder lehnen diese Einschätzung ab,
verweisen auf Risiken und Nebenwirkungen der Kernenergie und blockieren die
seit Wochen überfällige offizielle EU-Empfehlung.
Deutschland und acht weitere EU-Länder stehen auch bei der Reform des
Energiemarktes auf der Bremse. Für eine solche Reform macht sich vor allem
Spanien stark. Hintergrund ist der gestiegene Preis für Gas, das Spanien
vorwiegend auf dem volatilen Spotmarkt einkauft. Es könne nicht sein, dass
ein hoher Gaspreis sofort auf den Strompreis durchschlägt, heißt es in
Madrid. In Paris sieht man das ähnlich.
Demgegenüber warnt Deutschland vor übereilten Eingriffen in den Markt.
„Transparente und wettbewerbsfähige Märkte“ seien der Garant für
wettbewerbsfähige Preise für die Endverbraucher, heißt es in einem
Positionspapier, das die scheidende Bundesregierung vor dem Ministertreffen
in Luxemburg verteilt hatte.
## Gegen Debatte über „Nord Stream 2“
Statt die Märkte zu regulieren, solle die EU den Ausbau erneuerbarer
Energien fördern. „Ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien und
mehr Energieeffizienz werden die Importabhängigkeit der EU reduzieren und
einen wertvollen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten“, erklärte der
deutsche Staatssekretär Andreas Feicht. Allerdings hinkt Deutschland bei
den Erneuerbaren europaweit hinterher; zudem ist das größte EU-Land von
Gasimporten aus Russland abhängig.
Eine Debatte über die [4][Gaspipeline „Nord Stream 2“] konnte Berlin bisher
abwehren, doch die EU-Kommission will untersuchen, ob der russische
Gaskonzern Gazprom den Wettbewerb behindert. Die Sorge über Manipulation
oder Spekulation im Gasmarkt sei verbreitet, sagte Energiekommissarin
Simson. Gazprom weist jede Schuld von sich – und verweist auf den Spotmarkt
in den Niederlanden, wo die Preise zuletzt explodiert sind.
Ein weiteres Streitthema ist der EU-Klimaplan „Fit for 55“ und die darin ab
2026 vorgesehene Ausweitung des Emissionshandels auf Verkehr und Gebäude.
Die Ampelkoalition in Berlin hat sich bereits für dieses Vorhaben
ausgesprochen. Entschiedener Widerstand kommt aber aus Ungarn, Polen und
Tschechien.
Die Pläne aus Brüssel würden Energie noch teurer machen und „die
europäische Mittelschicht umbringen“, warnte Ungarns Regierungschef Viktor
Orbán beim EU-Gipfel. Wenn er Ernst macht, dann wird auch „Fit for 55“ zum
Zankapfel – und damit die gesamte EU-Klimapolitik.
26 Oct 2021
## LINKS
[1] /Verhandlungen-ueber-Koalition/!5806457
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[3] /Debatte-ueber-gruenes-Geld/!5797655
[4] /Umstrittene-Pipeline-Nord-Stream-2/!5805462
## AUTOREN
Eric Bonse
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