# taz.de -- Verhandlungen über Koalition: Ampel debattiert Energie-Ausgleich | |
> Die Grünen schlagen Steuerentlastungen wegen der steigenden Energiepreise | |
> vor. Die würde den untersten Einkommensgruppen aber kaum helfen. | |
Bild: Schön kalt: Eiszapfen an einem Wohnhaus in Berlin | |
BERLIN taz | Wegen steigender Energiepreise debattieren die | |
Verhandler:innen der neuen Koalition über einen möglichen sozialen | |
Ausgleich. Exumweltminister Jürgen Trittin, der für die Grünen | |
mitverhandelt, hat einen höheren Grundfreibetrag in der Einkommenssteuer | |
vorgeschlagen. Dass Benzin, Diesel und Heizöl teurer werden hat mehrere | |
Ursachen, weltwirtschaftliche Turbulenzen, steigende Nachfrage im Anschluss | |
an die Coronakrise, den zunehmenden Kohlendioxidpreis in Deutschland. | |
Diese Entwicklung spielt nun eine Rolle für die Koalitionsverhandlungen | |
zwischen SPD, Grünen und FDP. Es geht darum, wie sich ein Ausgleich für die | |
steigenden Kosten organisieren lässt, um Privathaushalte und Unternehmen zu | |
entlasten. Eine Variante könnte darin bestehen, den Grundfreibetrag | |
anzuheben. Dieser liegt momentan bei 9.744 Euro pro Jahr. Wer bis zu dieser | |
Grenze verdient, braucht keine Steuern zu zahlen. „Das ist eine gute Idee, | |
die sich schnell und unkompliziert umsetzen lässt“, sagte Martin Beznoska | |
vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Sie kann dazu führen, | |
dass alle Steuerzahlenden um den gleichen Betrag entlastet werden.“ | |
Es kommt aber darauf an, wie die Entlastung umgesetzt wird. „Wenn man den | |
Grundfreibetrag anhebt und den Steuertarif für alle nach rechts verschiebt, | |
profitieren vor allem Haushalte mit hohen Einkommen“, sagte Stefan Bach vom | |
Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. | |
„Geringverdienende haben nichts oder nur wenig davon. Die sind aber von den | |
Energiepreiserhöhungen stark betroffen.“ Die Steuerdiskussion dürfte in den | |
Koalitionsverhandlungen kompliziert werden. | |
Während Grüne und SPD untere und mittlere Einkommensgruppen entlasten | |
wollen, plant die FDP dies auch für Wohlhabende. „Ergänzend kann man daran | |
denken, Sozialtransfers wie Arbeitslosengeld II und das Wohngeld zu | |
erhöhen“, fügte IW-Ökonom Beznoska hinzu. Denn die Steuerdebatte betrifft | |
nur Haushalte, die Steuern zahlen. Bevölkerungsgruppen, die Hartz IV | |
beziehen oder auf Wohngeld angewiesen sind, hätten keine Vorteile von einem | |
höheren Grundfreibetrag, von verbesserten Transfers aber schon. Im | |
Sondierungsergebnis der drei Parteien kommen solche Varianten bisher nicht | |
vor. Die Verhandler:innen haben sich einstweilen auf die Abschaffung | |
der Umlage für Ökostrom konzentriert, die alle Privathaushalte und die | |
meisten Firmen im Rahmen ihrer Stromrechnung entrichten. | |
Die EEG-Umlage beträgt derzeit 6,5 Cent pro Kilowattstunde. In den | |
kommenden Jahren könnte sie komplett wegfallen, was Privathaushalte um | |
teilweise mehrere Hundert Euro pro Jahr entlasten würde. Die | |
Entlastungsoption begünstigt Bürger:innen mit niedrigen Einkommen | |
stärker als Wohlhabende, weil erstere einen relativ höheren Anteil ihrer | |
Verdienste für Elektrizität ausgeben. „Ein Vorteil der Abschaffung der | |
EEG-Umlage besteht auch darin, dass die Unternehmen entlastet werden“, | |
sagte der DIW-Forscher Bach. | |
25 Oct 2021 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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