# taz.de -- Ermittlungen des Generalbundesanwalts: 150 private deutsche Krieger | |
> Zwei ehemalige Bundeswehrsoldaten sollen den Aufbau einer Söldnertruppe | |
> geplant haben. Einsatzort: Der Bürgerkrieg in Jemen. | |
BERLIN taz | Achim A., 52, ist ein Experte für die arabische Welt. Der | |
Politikwissenschaftler berät Firmen, hält Vorträge und sitzt einem Verein | |
vor, der sich mit „Nation Building“ befasst. Bilder auf seiner Webseite | |
zeigen ihn bei Gesprächen mit Politikern in Irak und in voller Montur an | |
der Front. Auch in der CSU engagierte er sich. Am Dienstagabend noch nahm | |
er nach taz-Informationen an der Vorstandssitzung des Arbeitskreises Außen- | |
und Sicherheitspolitik im Bezirksverband München teil. Es ging um eine | |
Wahlnachlese, geplante Veranstaltungen und das Thema Sicherheit und | |
Klimawandel. Am frühen Mittwochmorgen morgen stürmte die GSG9 seine Wohnung | |
und nahm ihn fest. | |
Auch im im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald rückten die Spezialkräfte im | |
Auftrag des Generalbundesanwalts an, hier nahmen sie Arend-Adolf G., 60, | |
fest. Beamt:innen des Bundeskriminalamts durchsuchten die Wohnungen der | |
beiden Beschuldigten und auch Räumlichkeiten von nicht tatverdächtigen | |
Personen in Bayern und Baden-Württemberg. Beide Männer sind im privaten | |
Sicherheitsbereich tätig und beide waren früher Fallschirmjäger bei der | |
Bundeswehr, aber das ist schon mehr als 20 Jahre her. Der | |
Generalbundesanwalt wirft ihn nun vor, dass sie als Rädelsführer versucht | |
haben, eine terroristische Vereinigung zu gründen. Sie sitzen nun in | |
Untersuchungshaft. | |
Anders als sonst geht es in diesem Fall nicht um Extremismus im engeren | |
Sinne. Es soll hinter diesem Plan kein primär ideologisches Interesse | |
gestanden haben, sondern ein wirtschaftliches. Was klingt wie ein wilder | |
Thriller, war offenbar ziemlich konkret: Den Ermittlungen zufolge wollten | |
die beiden seit Anfang 2021 unter ihrem Kommando eine Söldnertruppe | |
aufstellen. 100 bis 150 Kämpfer wollten sie demnach unter ehemaligen | |
Polizisten und Soldaten rekrutieren. Mit mindestens sieben Personen soll | |
Arend-Adolf G. deswegen schon Kontakt aufgenommen haben. Es war die Rede | |
von einem Söldnerlohn von monatlich 40.000 Euro für jeden Kämpfer. Ein | |
Riesengeschäft. | |
Nach taz-Informationen wurden die Ermittler:innen nach einem Hinweis | |
des MAD eingeleitet. Der Bundeswehrgeheimdienst war auf die Söldnerpläne | |
gestoßen. Laut Spiegel überwachte das BKA dann die Kommunikation von zwei | |
Dutzend Personen und wertete Chatverkehr aus. | |
Auf der Suche nach Finanzierung | |
Die Ermittler:innen stießen dabei auch auf einen konkreten Einsatzplan. | |
Es geht um Jemen, ein Land, das seit Jahren unter einem Bürgerkrieg leidet, | |
in den andere Staaten aus der Region eingegriffen haben. Dem GBA zufolge | |
wollten Achim A. und Arend-Adolf G. das Kriegsgebiet „befrieden“ und | |
Friedensverhandlungen zwischen den Huthi-Rebellen und der jemenitischen | |
Regierung erzwingen. Wenn man sich aber bewusst in einen Krieg einmischt, | |
muss man damit rechnen, zu töten – im Zweifel auch Zivilist:innen. Für | |
private Akteure ohne Kombattantenstatus gibt es aber dafür keine | |
Rechtfertigung. Damit soll diese geplante [1][Vereinigung darauf | |
ausgerichtet] sein, schwere Straftaten wie Mord oder Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit zu begehen. Das ist in diesem untypischen Fall die | |
juristische Bewertung des Generalbundesanwalts. | |
Für die Finanzierung des Vorhabens war den Ermittler:innen zufolge | |
Achim A. zuständig. Er soll viel Aufwand betrieben haben, um eine der | |
Kriegesparteien zu kontaktieren: Saudi-Arabien, das auf Seiten des | |
jemenitischen Präsidenten gegen die Huthi-Rebellen kämpft, die von Iran | |
unterstützt werden. Er probierte „hartnäckig“ auf allen möglichen Wegen, | |
Regierungsstellen sein Angebot zu unterbreiten. Aber er bekam keine | |
Antwort. | |
Mittelfristig hätten die beiden Männer ein privates Militärunternehmen | |
gründen wollen, so der Generalbundesanwalt. Eine Art deutsches Blackwater | |
also. Solche Pläne hört man immer wieder von ehemaligen Sicherheitskräften, | |
[2][etwa vom Ex-KSK-Soldaten André S. alias Hannibal.] | |
Bei ersten Kontakten zur saudischen Regierung könnte Achim A. eine | |
Sicherheitsfirma geholfen haben, die diesen Fall zusätzlich brisant macht. | |
Sie heißt Asgaard und hat immer wieder Standort, Rechtsform und | |
Geschäftsführung geändert. Beide Beschuldigten waren in der Vergangenheit | |
für die Firma tätig. Achim A. ist als Berater für Asgaard aufgetreten, | |
Arend-Adolf G. stand vor Jahren sogar als Geschäftsführer im Impressum der | |
Firmenwebseite. Und Asgaard war unter anderem für die Sicherung der | |
saudischen Botschaft in Bagdad zuständig. | |
Asgaard hat häufiger für Schlagzeilen gesorgt. 2009/2010 gab es konkrete | |
Pläne, [3][mehr als 100 ehemalige Bundeswehrsoldaten nach Somalia zu | |
schicken, als Söldner]. Es gab angeblich sogar schon einen Vertrag mit | |
einem Warlord, der sich als legitimer Präsident sah. Aus dem Projekt wurde | |
dann nichts. Zuletzt sind rechtsextreme Umtriebe von Asgaard-Mitarbeitern | |
im Irak bekannt geworden. Der Generalbundesanwalt ermittelt zudem gegen den | |
Geschäftsführer wegen des Verdachts auf Vorbereitung einer schweren | |
staatsgefährdenden Gewalttat. Er soll der Linken-Bundestags-Abgeordneten | |
Martina Renner mit dem Tod gedroht haben, was er bestreitet. | |
Direkt hätten diese Vorgänge bei Asgaard mit den jetzigen Festnahmen nicht | |
zu tun, heißt es vom Generalbundesanwalt. | |
20 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__129a.html | |
[2] /taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5577832 | |
[3] /Private-Sicherheitsfirmen-im-Auslandseinsatz/!5142173 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
## TAGS | |
Bundeswehr | |
KSK | |
Generalbundesanwalt | |
Jemen Bürgerkrieg | |
Jemen | |
GNS | |
Jemen | |
Jemen Bürgerkrieg | |
Rechtsextremismus | |
Bundeswehr | |
Afghanistaneinsatz | |
Jemen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gerichtsprozess gegen Ex-Soldaten: Größenwahn aus Deutschland | |
Zwei Bundeswehrsoldaten sollen geplant haben, eine eigene Söldnertruppe in | |
den Bürgerkrieg im Jemen zu schicken. In Stuttgart stehen sie nun vor | |
Gericht. | |
UN-Lebensmittellieferungen für Jemen: Hilfen müssen reduziert werden | |
Acht Millionen Menschen im Jemen werden ab Januar nur noch verringerte | |
Lebensmittelpakete erhalten. Dem Welternährungsprogramm fehlen 813 | |
Millionen Dollar. | |
Geheimdienste vor Kontrollgremium: Nun doch Extremisten aufgespürt | |
Die deutschen Geheimdienste geben öffentlich zu: Es geht eine Gefahr von | |
Rechtsextremen in Sicherheitsbehörden aus. Aber was folgt daraus? | |
Mutmaßliche Pläne für Söldnertruppe: Terrorverdacht gegen Ex-Soldaten | |
Die Bundesanwaltschaft hat zwei Männer festnehmen lassen, die wohl eine | |
Söldnertruppe aufbauen wollten. Der mutmaßliche Plan: in den Jemenkrieg | |
eingreifen. | |
Zapfenstreich in Berlin: Eine Frage der Symbolik | |
Als militärisches Ritual lässt der Zapfenstreich kaum Raum für Ambivalenz. | |
Die Kritik von Linken und Kirchen ist nicht falsch. Doch was ist die | |
Alternative? | |
Brand in Flüchtlingslager in Jemen: Mehr als 80 Tote | |
Huthi-Rebellen haben offenbar Informationen zum Feuer in Flüchtlingslager | |
in Jemen vor einigen Tagen zurückgehalten. Viele schweben in Lebensgefahr. |