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# taz.de -- Sondierungsverhandlungen: Im Wartesaal der Republik
> Drei lange Tage wird im Berliner City Cube sondiert und sondiert, nur
> nach außen dringt nichts. Überlegungen im Wartezustand.
Bild: Jetzt kommt bestimmt gleich jemand… oder?
Ein kastenförmiges Gebäude, Hub 27, Messe Berlin, Westend. An drei Tagen
dieser Woche wird hier sondiert. Vertreter:innen von [1][SPD, Grünen
und FDP] gehen ein und aus. Am Montag, am Dienstag, am Freitag. Können sie
miteinander? Geht da was zwischen denen?
Journalist:innen laufen mit Handy am Ohr hin und her.
Fotograf:innen stehen vor und im Gebäude. Dies hier ist der Wartesaal
der Republik. Deutschland sucht die Super-Regierung. Oder auch die
Nicht-ganz-so-super-Regierung. Hauptsache Regierung.
Doch da ist diese Kluft. Zwischen der Größe des Augenblicks und dem, was
tatsächlich passiert. Am Montagmorgen geht das grüne [2][Spitzenduo
Annalena Baerbock und Robert Habeck gemeinsam mit FDP-Chef Christian
Lindner und Generalsekretär Volker Wissing] ins Gebäude. Das Bild sitzt: Da
gehen vier in trauter Eintracht. Perfekt inszeniert, wie schon bei dem
Selfie. Die kleinen Parteien, grün und gelb, new love. Und dann? Ist Warten
angesagt. Worauf eigentlich? Gute Frage.
Pressestatements sind nicht angekündigt. Verschwiegenheit ist oberstes
Gebot. Bloß kein zweites 2017. Journalist:innen lungern im Erdgeschoss
rum, Politiker:innen entschwinden in die oberen Etagen. Wenn die
Rolltreppe in der Mitte des Foyers aufbrummt oder die Aufzugtüren aufgehen,
horchen wir auf. Vor den Kameras wird der neueste Stand verkündet. Status:
nichts zu vermelden.
## „Wie liefs?“ – Überflüssige Frage“
Die Sonne scheint. Irgendwann wird sie wieder untergehen.
Politiker:innen werden nach und nach in die Dunkelheit entschwinden.
Sie sagen: Schönen guten Abend. Ciao. Oder: Morgen gehts weiter. Der
stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Johannes Vogel antwortet auf die
Frage „Wie liefs?“ nur: „Überflüssige Frage“. Recht hat er. Niemand
erwartet eine ernsthafte Antwort. Diesmal wollen sie alle diszipliniert und
lieb miteinander sein. Das klappt wirklich gut bislang.
Aber wenn wir nicht mal pro forma fragen und keiner pro forma antwortet,
was machen wir dann hier? Sind wir Journalist:innen oder Statist:innen?
Ist abhauen eine Option? Aber wenn doch was passiert? Lieber warten. So
müssen sich auch die Landstreicher Wladimir und Estragon in Samuel Becketts
„Warten auf Godot“ gefühlt haben. Godot, von dem niemand weiß, ob er jema…
kommt. Die Gedanken schweifen ab.
Ein Fotograf wischt durch die Bilder des Tages und fragt, ob Lindners weiße
Turnschuhe, die er an diesem Tag trägt, von Gucci sind. Die Aufschrift ist
nicht richtig zu entziffern. Google wird konsultiert: Gibt es überhaupt
weiße Gucci-Turnschuhe? Ja, gibt es. Sind sie teuer? Oh ja. Verdammt teuer.
Ist das relevant? Joschka Fischers Turnschuhe haben es immerhin in ein
Museum geschafft.
Dienstag, 14 Uhr, drei Generalsekretäre treten vor drei Mikrofone. Lars
Klingbeil (SPD), Volker Wissing (FDP), und Michael Kellner (Grüne). Die
Boten reden viel und sagen wenig. Das können sie gut. Ah, doch. Ein Papier
am Freitag. Dann wissen wir mehr. Dann wird etwas verkündet.
Am Freitagmorgen stehen als Baerbock, Scholz und Lindner verkleidete
Umweltaktivist:innen am Eingang und rufen: Unsere Zukunft ist nicht
verhandelbar.
Worauf warten wir hier noch mal? Ach ja, eine neue Regierung.
15 Oct 2021
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## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
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