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# taz.de -- Kritik am UN-Menschenrechtsrat: Pyromanen als Feuerwehrleute
> Der UN-Menschenrechtsrat bekommt Zuwachs. Darunter fünf Staaten, denen
> schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden.
Bild: Protest in Genf vor der UN gegen die Anwesenheit des Präsidenten aus Kam…
Genf taz | Das Ergebnis stand schon fest, bevor am Donnerstag um 10 Uhr New
Yorker Zeit in der UN-Vollversammlung abgestimmt wurde. Denn für die 18
Sitze, die ab kommendem Jahr im [1][Menschenrechtsrat] zu besetzen sind,
gab es genau 18 Kandidaten. Auf sie hatten sich die Regionalgruppen vorab
geeinigt. Und so kommt es, dass ab dem kommenden Jahr unter anderem
Eritrea, Kamerun, Kasachstan, [2][Katar] und Somalia über die Einhaltung
der Menschenrechte weltweit wachen sollen.
Ein Skandal, findet Hillel Neuer, der die Vereinten Nationen für die
Nichtregierungsorganisation UN Watch kritisch beobachtet. Denn die
genannten fünf Länder verletzten die Menschenrechte ihrer eigenen Bürger
auf systematische Weise und behinderten immer wieder Bemühungen der UN,
Menschenrechte dort und anderswo zu schützen. Dies werden sie in den
kommenden drei Jahren auch im Menschenrechtsrat tun, befürchtet Neuer.
„Katar, Kamerun oder Kasachstan über Menschenrechte wachen zu lassen, das
ist so, als ob man einen Pyromanen zum Feuerwehrchef ernennen würde.“
In Kamerun etwa herrscht Präsident Paul Biya in seiner siebten Amtszeit.
Kritiker lässt sein Regime einem Bericht des US State Departments zufolge
verschwinden, andere werden umgebracht, gefoltert oder eingekerkert.
Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, freie Wahlen gar oder eine
unabhängige Justiz gibt es nicht.
Das wiedergewählte Eritrea weigert sich, einen vom Menschenrechtsrat
benannten Sonderberichterstatter ins Land zu lassen, der den Vorwürfen
massiver Menschenrechtsverletzungen im Land am Horn von Afrika nachgehen
soll. Resolutionen gegen Menschenrechtsverletzungen in Syrien, Belarus,
Venezuela oder dem Iran lehnte Eritrea ab.
Und in Kasachstan berichtet Amnesty International über systematische
Folter, exzessive Gewalt und massive Einschränkungen der Pressefreiheit.
Schwer vorstellbar, dass solche Staaten zur allgemeinen Achtung des
Schutzes aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle beitragen, wie
es in der Gründungsresolution von 2006 heißt.
Und die Zahl der Autokratien im Menschenrechtsrat steigt stetig an, wie
Hillel Neuer beklagt. Nur fünf der 18 neugewählten Staaten im
Menschenrechtsrat bezeichnet er als geeignet für ihren Posten. Von den 47
Staaten, die insgesamt im Menschenrechtsrat sitzen – je ein Drittel wird
jährlich neu bestimmt – sei nicht einmal jeder dritte eine Demokratie. Zu
ihnen zählen Deutschland und ab 2022 auch wieder die USA, die das Gremium
2018 verlassen hatten – mit dem Argument, dass zu viele
Menschenrechtsverletzer im Rat säßen. Die Regierung Biden hat angekündigt,
den Wahlmechanismus verändern zu wollen.
Doch das dürfte schwierig werden. Bisher bestimmen die fünf grob nach
Kontinenten sortierten Regionalgruppen ihre Kandidaten selber. Dabei werde
von mächtigeren Staaten oft erheblicher Druck ausgeübt, beobachtet Olaf
Wientzek von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Genf. „Selbst mächtige Staaten
wie China nehmen den Menschenrechtsrat nämlich sehr ernst.“
An eine schnelle Veränderung des Wahlsystems glaubt Wientzek nicht. Um der
UN-Vollversammlung eine echte Wahl zu ermöglichen, müsse erst die Basis
geschaffen werden. Demokratische Staaten in allen Regionen müssten
motiviert langfristig aufgebaut und mit den nötigen Ressourcen für die
Arbeit im Menschenrechtsrat ausgestattet werden, so Wientzek. Nur so könne
es gelingen, Autokratien im Menschenrechtsrat zurückzudrängen.
14 Oct 2021
## LINKS
[1] /UN-Menschenrechtsrat/!5750282
[2] /Debatte-Fussball-und-Menschenrechte/!5270085
## AUTOREN
Marc Engelhardt
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Menschenrechte
Katar
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Kamerun
Kasachstan
Eritrea
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