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# taz.de -- Fahrradkuriere in Berlin: Gorillas feuert Mitarbeiter
> Protest vor der Gorillas-Zentrale in Berlin. Mehr als 300 Rider sollen
> ihre Jobs verloren haben, weil sie sich an wilden Streiks beteiligt
> haben.
Bild: Protest vor der Gorillas Zentrale in Berlin
Berlin taz | Es ist laut vor dem Hauptsitz des Lieferdienst-Start-ups
Gorillas in der Schönhauser Allee in Pankow. Mehrere Dutzend Menschen
stehen Mittwochmittag auf der Straße, schlagen mit Löffeln auf Kochtöpfe
und blasen Trillerpfeifen. „Gorillas #WeFireYouIn10Minutes“ steht auf einem
Transparent, in Anspielung an das Kundenversprechen des Unternehmens,
maximal 10 Minuten nach Bestellung zu liefern.
Der [1][Streit bei dem Lieferdienst] hat eine weitere Eskalationsstufe
erreicht. Gorillas hatte am Dienstag in Berlin und Leipzig zahlreiche
Beschäftigte entlassen, die sich an dem Streik für bessere
Arbeitsbedingungen beteiligt haben. Auf Nachfrage der taz begründete die
Pressestelle des Unternehmens die Kündigungen mit den seit Freitag in einer
Reihe von Gorillas-Lagern stattfindenden „unangekündigten wilden Streiks“
und der Blockierung von Notausgängen. „Solche unangekündigten, spontanen
und nicht gewerkschaftlich getragenen Streiks sind rechtlich unzulässig“
heißt es weiter. Man sehe sich gezwungen, das Arbeitsverhältnis mit
denjenigen MitarbeiterInnen, die sich an Streiks beteiligt hätten, zu
beenden. Angaben zu der Zahl der entlassenen Mitarbeiter mache man nicht.
Der Streit um die Arbeitsbedingungen bei Gorillas [2][tobt schon seit
Monaten] (taz berichtete). Nach Informationen von Verdi sollen diese Woche
350 Beschäftigte von Gorillas eine Kündigung erhalten haben. „Das ist nicht
akzeptabel“, sagte Verdi-Sekretär Daniel Nikolovic am Mittwoch zur taz.
„Weil Beschäftigte für ihre Rechte eingetreten sind, wird ihnen von heute
auf morgen die Existenzgrundlage entzogen.“
## Leiharbeiter springen ein
Beschäftigte von Gorillas berichteten der taz, einige mündlich
ausgesprochene Kündigungen seien am Mittwoch von Gorillas wieder
zurückgenommen worden. „Das Unternehmen probiert, die Warenhäuser von den
aktiven Beschäftigten zu säubern“, sagte Duygu, die im Bergmannkiez
arbeitet. Dort sei der Betrieb am Mittwoch wieder mit
Leiharbeiter*innen von Zenjob aufgenommen worden.
Ein Besuch im Gorilla Warehouse am Kaiserkorso, das den Bergmannkiez
beliefert, bestätigte das. Die Tür zum Warenlager steht offen, drinnen
sieht man Leute Waren einpacken. Die Streikplakate, die am Montag noch an
den Fensterscheiben hingen, sind verschwunden. Einige von den Riders seien
gerade bei der Demo vor der Zentrale in der Schönhauser Allee, sagt ein
Rider. Wie es weitergehe, wisse er nicht, das würden die dann entscheiden.
Er selbst sei ziemlich abgegessen, sagt der Mann auf Englisch. Er werde
seinen Vertrag noch erfüllen und sich dann nach anderen
Arbeitsmöglichkeiten umsehen.
Pascal Meiser, stellvertretender Vorsitzender der Linken und
gewerkschaftspolitischer Sprecher seiner Partei im Bundestag, sprach am
Mittwoch von einem gefährlichen Eskalationskurs des Gorillas-Managements.
„Gorillas muss sich endlich mit ihren streikenden Kurieren und den
Gewerkschaften an einen Tisch setzen und verhandeln“, schrieb er in einer
Mitteilung. Hier räche sich, dass die große Koalition im Bund nichts gegen
den anhaltenden Befristungswahn getan und auch die betriebliche
Mitbestimmung nicht gestärkt habe.
## You’re terminated
Unter den DemonstrantInnen vor der Zentrale ist am Mittwoch auch Chantal X.
Ihr Gesicht versteckt sie hinter einer Papiermaske, auf der das Gesicht von
Kağan Sümer abgebildet ist, dem Geschäftsführer von Gorillas. Auf ihre
schwarze Jacke hat sie ein weißes Blatt Papier geklebt, auf dem das Wort
„terminated“ – auf deutsch „gefeuert“ – und ein böser Smiley steht…
ein halbes Jahr als Riderin für die Gorillas gearbeitet. Keine 24 Stunden
sei es her, dass sie gekündigt worden sei, erzählt sie. Der Leiter ihres
Warenhauses habe nach dem Streik angerufen. „You’re terminated“ habe er in
den Hörer geschrien. „Allein in meinem Warenhaus wurden mindestens elf
Mitarbeiter*innen auf diese Art entlassen“, sagt die – nun ehemalige –
Riderin.
6 Oct 2021
## LINKS
[1] /Streik-bei-Gorillas/!5801411
[2] /Boom-von-Fahrrad-Lieferdiensten/!5789413
## AUTOREN
Plutonia Plarre
Sara Guglielmino
Simon Zamora Martin
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