# taz.de -- Gorillas und das LKA: Staatsschutz beobachtet Streikende | |
> Seit Juni beobachten Staatsschützer Proteste von Gorillas-Mitarbeitern. | |
> Begründet wird dies mit Unterstützungsaufrufen „linksextremistischer | |
> Gruppen“. | |
Bild: Gorilla-Protest in der Schönhauser Allee am Mittwoch, 6. Oktober | |
Berlin taz | Bei einer [1][Kundgebung vor der Zentrale des | |
Lebensmittellieferdienstes Gorillas an der Schönhauser Allee am Mittwoch | |
vergangener Woche] stehen zwei auffällig unauffällige Männer in | |
Kapuzenpullovern an ein Auto gelehnt und beobachten die Szenerie aus | |
einigen Metern Abstand. Die beiden sind Beamte des Landeskriminalamtes | |
(LKA) der Berliner Polizei, Abteilung Staatsschutz und damit zuständig für | |
„politisch motivierte Kriminalität – links“. Was aber haben sie bei einem | |
Arbeitskampf verloren? | |
Das Start-up hatte in den Tagen zuvor bis zu 350 Mitarbeiter vor der Tür | |
gesetzt, ohne vorherige Abmahnungen und oftmals nur mit einem lapidaren | |
Anruf. Vorgeworfen wurde ihnen die Beteiligung an „wilden Streiks“, | |
Arbeitskämpfen also, die nicht von einer Gewerkschaft organisiert sind und | |
häufig pauschal als illegal betrachtet werden. Der Arbeitsrechtler Martin | |
Bechert, der einige der gekündigten Gorillas-Mitarbeiter vertritt, hatte | |
dieser Ansicht zuletzt [2][in der taz widersprochen]. | |
Doch ein Streik, der womöglich arbeitsrechtliche Konsequenzen hat, hat | |
deswegen noch keine strafrechtliche Relevanz. Die Proteste und auch | |
Blockadeaktionen der Gorillas waren stets friedlich verlaufen, so auch am | |
vergangenen Mittwoch. Die Betroffenen hatten sich zur Lärmdemo versammelt, | |
schlugen auf Töpfe und bliesen in Trillerpfeifen. | |
Auf Anfrage teilt die Polizei mit: „Grund für die Anwesenheit der | |
LKA-Mitarbeiter war ein Tweet der Rigaer 94.“ [3][Das autonome Hausprojekt | |
war am selben Morgen von 350 Polizist:innen durchsucht worden]. Später | |
twitterte das Projekt weitere Termine des Tages, darunter den Protest „in | |
Solidarität mit den Gorillasworkers“. Für die LKA-Beamten sei es darum | |
gegangen, „zu schauen, ob sich da möglicherweise Personen aus der Szene | |
anschließen.“ Weiterhin hieß es vom Polizeisprecher: „Die eigentliche | |
Kundgebung stand nicht im Interesse des Staatsschutzes.“ | |
Genauso hatte der Sprecher auch schon gegenüber der Tageszeitung [4][Junge | |
Welt] die Anwesenheit der Beamten erklärt. Der Landesgeschäftsführer der | |
Journalistengewerkschaft DJU bei Verdi, Jörg Reichel, hatte daraufhin am | |
Dienstag via Twitter der Polizei Falschaussage unterstellt und geschrieben: | |
„Falsch. Das LKA beobachtet seit dem 1. Tag der Streiks die | |
Gorillasworkers.“ Auf Anfrage der taz sagte Reichel: „Es scheint | |
offensichtlich ein Ermittlungsinteresse zu geben, sonst würde man das nicht | |
über den langen Zeitraum beobachten.“ | |
## Beobachtung schon im Juni | |
Auf Bildern, die der taz vorliegen, ist zu sehen, wie schon beim ersten | |
öffentlichen Protest der Fahrer:innen am 9. Juni vor einem Warenlager in | |
der Charlottenstraße am Checkpoint Charlie zwei Staatsschützer in Zivil das | |
Treiben beobachten. Laut Reichel begleiteten die Beamten die | |
Protestierenden dann auch, als diese sich zu einem anderen Warenlager in | |
der Torstraße bewegten. Bei der dortigen Blockade des Lagers waren | |
anschließend etwa 40 Polizist:innen am Einsatz. | |
Auch am Folgetag, dem 10. Juni, [5][als Gorillas-Beschäftige abermals die | |
Wiedereinstellung eines gefeuerten Kollegen forderten], wurden sie vor | |
einem Gorilla-Standort an der Prenzlauer Allee von vier Zivilbeamten mit | |
Polizeiwesten beobachtet. Laut Reichel, der selbst vor Ort war, gingen die | |
Beamten sogar durch die Menge, um sich die Gesichter der Streikenden | |
anzuschauen. Für den Gewerkschafter ist die Staatsschutz-Beobachtung der | |
Streikenden ein „Skandal“. Er sagt: „Ich verurteile das auf das Schärfst… | |
An Donnerstag beantwortete nun auch die Polizei, warum sie bereits im Juni | |
bei den Gorillas-Protesten mit szenekundigen Beamt:innen zugegen war. | |
Auch dies begründet sie mit „diversen Einträgen von linksextremistischen | |
Gruppen“ auf Twitter, sich den Protesten anzuschließen. Die Arbeitskämpfe | |
selbst würden „keinem polizeilichen Ermittlungsansatz unterliegen“. | |
14 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Fahrradkuriere-in-Berlin/!5801656 | |
[2] /Arbeitskampf-bei-Lieferdiensten/!5804352 | |
[3] /Hausdurchsuchung-Rigaer-Strasse-94/!5801684 | |
[4] https://www.jungewelt.de/artikel/412298.linksextreme-szene-kuriere-im-fokus… | |
[5] /Arbeitskampf-bei-Lieferdienst-Gorillas/!5774459 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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