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# taz.de -- Neue Regionalplanung in Brandenburg: Immer auf Achse sein
> Für die neue regionale Entwicklungsstrategie in Brandenburg gab es viel
> Kritik. Nun diskutierte die Landesregierung mit den Kommunen.
Bild: Sieht nicht so aus, aber Lübbeb wird neuer Wachstumsmotor im Spreewald
Brandenburg taz | Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke ist
eigentlich ein zurückhaltender Mensch. Wenn es um die Ansiedlung von Tesla
geht, bemüht der SPD-Politiker aber gerne mal einen Superlativ. Die
Ansiedlung von Tesla in Grünheide habe zu weltweiter Aufmerksamkeit für
sein Bundesland geführt, sagte Woidke am Donnerstag und zog ein stolzes
Fazit: „Brandenburg ist das Aufsteigerland in Deutschland.“
Damit das auch so bleibt, hat Woidkes Staatskanzlei bereits Ende August
[1][Eckpunkte für eine neue Regionalentwicklungsstratgie] (RES) vorgelegt.
Die bisherige Konzentration der Fördermittel auf die 15 regionalen
Wachstumskerne im Land soll um ein Modell von 11 Entwicklungsachsen ergänzt
werden. „Brandenburg entwickelt sich gut, allerdings mit unterschiedlicher
Geschwindigkeit“, hatte die Chefin der Staatskanzlei Kathrin Schneider
seinerzeit das Vorhaben begründet, das den Slogan „Stärken verbinden“
trägt. Ziel sei es, dass in allen Regionen gleichwertige Lebensverhältnisse
gesichert würden und der regionale Zusammenhalt gestärkt werde.
Am Mittwoch fand nun in Potsdam eine erste Auftaktveranstaltung zur
regionalen Entwicklungsstrategie statt, zu der Vertreter aus Kommunen und
Landkreisen und den Regionalen Planungsgemeinschaften eingeladen waren.
Dabei trafen auch Gewinner und Verlierer der neuen Entwicklungsachsen
aufeinander. Zu den Verlierern etwa zählt sich der Westen des Landkreises
Elbe-Elster. Vor zwei Wochen hat deshalb der Kreistag mit großer Mehrheit
kritisiert, dass die Bahnstrecke von Jüterbog nach Herzberg und
Falkenberg/Elster in der regionalen Entwicklungsplanung fehle.
## Elbe-Elster sauer
„Dabei hat das Land den Einstundentakt für die Strecke zwischen Falkenberg
und Jüterbog ab 2026 selbst ausgeschrieben“, sagte Herzbergs Bürgermeister
Karsten Eule-Prütz der Lausitzer Rundschau. Iris Schülzke von der Lokalen
Aktionsgruppe Elbe-Elster monierte in derselben Zeitung: „Es kann nicht
sein, dass wir trotz der Aussagen im Koalitionsvertrag völlig von der
Regionalentwicklung abgeschnitten werden“, sagte sie. „Die Bürgermeister
sind sich einig, dass sie in Potsdam gemeinsam kämpfen werden.“ Am Mittwoch
erneuerte Schülzke ihre Kritik. „Das war für uns ein Schreck. Die Kommunen
müssen unbedingt in den Prozess eingebunden werden.“
Der „weiße Fleck“ in Elbe-Elster ist nicht der einzige in der regionalen
Entwicklungsstrategie. So fehlt auch die Trasse der RB 11 von Frankfurt
(Oder) über Eisenhüttenstadt nach Cottbus. In der Prignitz dagegen sind
zwei Enden der Entwicklungsachsen zwischen Wittstock (Dosse) und
Wittenberge miteinander verbunden. Dass auch der Landkreis Oder-Spree, der
sich viel von der Ansiedlung von Tesla erhofft, mit Storkow, der Kreisstadt
Beeskow und Eisenhüttenstadt in einem schwarzen Loch gelandet ist, dürfte
ebenfalls noch ein Diskussionspunkt in Potsdam werden.
## Keine weißen Flecken?
Von weißen Flecken oder schwarzen Löchern will Michael Brentrup nicht
reden. „Das Bild mit den Entwicklungsachsen schließt nichts aus“, sagt der
Abteilungsleiter Planung in der Staatskanzlei der taz. Es solle vielmehr
helfen, in Räumen zu denken. Als Beispiele nennt Brentrup, der die
Diskussion am Mittwoch moderierte, die Entwicklungsachse von Berlin über
Lübben in die Lausitz oder die Achse in die Prignitz nach Wittenberge.
Tatsächlich setzen die Achsen das im 2019 verabschiedeten
[2][Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion] erarbeitete Konzept des
[3][Berliner Siedlungssterns] fort. Das Wachstum Berlins ins Umland soll
dabei entlang der schienengebundenen Achsen stattfinden. Diese werden in
der Regionalentwicklungsstrategie nun in die ländlichen Räume hinein
verlängert. „Dadurch sollen auch die regionalen Wachstumskerne
miteinander verknüpft werden“, sagt Brentrup.
Dass die Reaktionen teilweise so heftig ausfallen, liegt auch am Geld. Denn
die Fördermittel des Landes sollen sich künftig auf Schlüsselvorhaben aus
den Regionen konzentrieren. „Diese Vorhaben können aber auch zwischen den
Entwicklungsachsen liegen“, betont Michael Brentrup. „Ziel ist es, dass
sich die Regionen auf die fünf wichtigsten Vorhaben verständigen.“ Diese
sogenannten Schlüsselvorhaben hätten dann gute Chancen, Fördermittel aus
den verschiedenen Töpfen des Landes zu bekommen. Als Beispiel für ein
solches Schlüsselvorhaben hatte bereits im August Staatskanzleichefin
Schneider die Internationale Naturausstellung INA in der Lieberoser Heide
genannt. Wenn diese konkrete Projekte vorlege, könne man sie in die
Förderkulisse miteinbeziehen, so Schneider.
Das bislang konkreteste Projekt stellte am Mittwoch in Potsdam Roland
Sillmann vor, der Geschäftsführer der Wissenschaftsstadt Adlershof. Es geht
um eine Erweiterung seiner „Wista“ über Lübben bis Cottbus. So soll in
Lübben ein Co-Working-Space entstehen ([4][taz berichtete]). Hintergrund
ist die veränderte Arbeitswelt seit Corona. Ein weiteres Projekt der
Lausitzachse ist ein Science-Park, der nach dem Vorbild der
Wissenschaftsstadt Adlershof in Cottbus entstehen soll.
## Kreuzberg und Eberswalde
Auch Staatskanzleichefin Schneider hatte am Mittwoch ein
Best-Practice-Beispiel zur Hand. „Wenn jetzt immer wieder Eberswalde mit
Kreuzberg verglichen wird, heißt das, dass sich Eberswalde zu einem
attraktiven Wohn- und Arbeitsort entwickelt hat“, sagte sie. „Das hängt
immer auch mit der Frage der Anbindung zusammen.“
Nach dem Auftakt in Potsdam sollen nun Gespräche der Staatskanzlei mit den
einzelnen Regionen folgen. Doch da fehlt der Landesregierung ein
konkreter Ansprechpartner. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, CDU und Grüne
noch vereinbart, für die fünf Großregionen des Landes Prignitz-Oberhavel,
Uckermark-Barnim, Oderland-Spree, Lausitz-Spreewald und Havelland-Fläming
je einen Regionalbeauftragten zu ernennen. Dieser Plan fiel aber in der
Coronakrise dem Rotstift zum Opfer. Übrig blieb nur der Lausitzbeauftragte
der Landesregierung.
Für Michael Brentrup ist das kein Hindernis. Wichtig sei, dass man mit den
Regionen ins Gespräch komme. „Wir wollen niemandem etwas überstülpen.“
Ganz ohne Plan geht es aber auch nicht in Deutschlands Aufsteigerland.
8 Oct 2021
## LINKS
[1] https://www.brandenburg.de/media_fast/1167/210831%20PM%20Kabinett%20RES.pdf
[2] /25-Jahre-gescheiterte-Laenderfusion/!5763448
[3] /Zukunft-Berlin-und-Brandenburg/!5758111
[4] /Die-Innovationsachse-BerlinLausitz/!5787788
## AUTOREN
Uwe Rada
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