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# taz.de -- FFF-Sprecherin über die Bundestagswahl: „Eltern wählen für ihr…
> Beim globalen Klimastreik will „Fridays for Future“ am Freitag auch im
> Norden streiken. Ältere Wähler*innen seien nun in der Pflicht.
Bild: Spricht für die Hamburger „Fridays for Future“-Gruppe: Inga Mülheims
taz: Frau Mülheims, ein großer Teil der Wahlberechtigten hat bereits
schriftlich gewählt – wen wollen Sie mit dem Klimastreik am Freitag noch
erreichen?
Inga Mülheims: Das haben wir uns auch gedacht. Aber beim [1][Klimastreik am
Freitag] geht es nicht nur darum, Wähler*innen von der Dringlichkeit des
Klimaschutzes zu überzeugen. Es geht auch darum, Druck auf die künftige
Bundesregierung aufzubauen. Das ist kein Nischen- oder Feelgood-Thema. Der
große Teil der Gesellschaft will Klimaschutz, die zukünftige Regierung muss
dem nachkommen und endlich auf ihre vielen Worte auch Taten folgen lassen.
Je mehr Menschen das am Freitag deutlich machen, desto größer ist der Druck
für eine künftige Regierung nach der Wahl.
Eine Umfrage ergab kürzlich: Je älter die Menschen sind, desto weniger
richten sie ihr Wahlverhalten am Klimaschutz aus. Was lässt sich aus diesem
ernüchternden Ergebnis ableiten?
Wir versuchen natürlich, die Älteren ins Boot zu holen. Aber dieses
Umfrageergebnis ist sehr schade. Bei der Bundestagswahl sind rund 70
Prozent der Wahlberechtigten über 40 Jahre alt. Das heißt: Da entscheiden
die Älteren über die Zukunft der Jüngeren. Was dabei noch hinzukommt: Wir
sind überwiegend Schüler*innen und viele von uns dürfen nicht wählen.
Wir sagen den Älteren: Dieses Jahr haften Eltern nicht nur für ihre Kinder,
sondern sie wählen auch für sie. Genauso wie die Großeltern. Und sie wählen
auch für diejenigen, die keinen deutschen Pass haben und deshalb nicht
wählen dürfen. Das alles zeigt, wie ungerecht dieses System ist. Aber es
ist nun mal so, dass die nächste Regierung über unsere Zukunft entscheidet.
Hat der Klimaschutz einen angemessen großen Raum im Wahlkampf bekommen?
Ich würde sagen: Nein. Durch Fridays for Future und viele andere
Organisationen hatten die Parteien das Thema zwar auf dem Schirm – es kam
ja in den vergangenen Wochen immer wieder zur Sprache, aber die Klimakrise
wurde nicht als das anerkannt, was es ist: die größte Herausforderung
unserer Zeit. Stattdessen wurde nur im Klein-Klein über einzelne Maßnahmen
gesprochen – selten mit der Erkenntnis, dass wir über die Klimakrise nicht
verhandeln können. Wir haben im Wahlkampf eine massive Diskursverschiebung
erlebt, was das Klima angeht. Die Frage, wie viel Klimaschutz uns kosten
würde, wurde breit diskutiert. Die Frage, wie die Klimakrise meine
Generation später einschränken wird, blieb weitgehend ungeachtet. Das ist
eine der Ungerechtigkeiten, gegen die wir jetzt kämpfen müssen.
Die Grünen sagen das schon seit Ewigkeiten.
Auch die Grünen haben keinen ausreichenden Plan vorgelegt, wie Deutschland
dazu beitragen kann, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten. Sie haben vielleicht
den richtigen Ansatz, aber er geht nicht so weit, wie es aus
wissenschaftlicher Sicht nötig wäre.
Welche Wahlempfehlung sprechen Sie aus?
Wir machen keinen Wahlaufruf für eine Partei, auch nicht für die Grünen.
Fridays for Future ist überparteilich. Das, wofür wir kämpfen, ist die
1,5-Grad-Grenze. Und die ist kein politisches Ziel, sondern eine
existenzielle naturwissenschaftliche Grenze.
Im Wahlprogramm der Linken finden sich viele Fridays-Forderungen.
Natürlich gibt es zwischen unseren Forderungen und den Programmen der
Linken oder auch der Grünen einige Überschneidungen. Aber noch mal: Deren
Forderungen sind nicht ausreichend. [2][Keine Partei konnte bisher einen
ausreichenden Plan vorlegen, wie sie die 1,5-Grad-Grenze einhalten will.]
Warum rufen Sie dann trotzdem für das Klima zum Wählen auf?
Das hört sich wie ein Widerspruch an und ist für uns auch schwierig. Man
kann sich bei dieser Wahl leider nicht für ausreichenden Schutz
aussprechen. Aber wir finden: Man kann sich immerhin gegen die Zerstörung
entscheiden. Die Klimakrise ist nicht Aufgabe einzelner Parteien, sondern
es wird die Aufgabe der nächsten Regierung sein, durch richtige Maßnahmen
die Krise abzuwenden. Wir wollen eine Regierung, die den wissenschaftlichen
Forderungen folgt. Und wir wollen nicht nur kleine Maßnahmen, sondern echte
Klimagerechtigkeit. Schon jetzt bekommen besonders jene die Klimakrise zu
spüren, die nicht reich sind. Dagegen hat die letzte Bundesregierung nicht
viel getan. Wir müssen durch die Bundestagswahl eine fortlaufende
Klimaschädlichkeit, wie wir sie bisher kennen, verhindern.
Wenn Sie bei allen Parteien kritisieren, dass deren vorgeschlagene
Maßnahmen nicht ausreichend sind: Hat der Klimaprotest dann bislang
versagt?
Nein. Fridays for Future und die vielen anderen Organisation haben
Unglaubliches erreicht. Sie haben Klimaschutz überhaupt erst zum
gesamtgesellschaftlichen Thema gemacht. Dabei hätte der Klimaschutz schon
seit mehr als 30 Jahren Aufgabe der Regierung sein müssen – seit mehr als
50 Jahren wissen wir doch schon vom Problem. Daher ist es eigentlich
absurd, dass wir seit drei Jahren mit Aktionen darauf aufmerksam machen
müssen. Und das ist für uns auch frustrierend, aber es ist nicht unser
Versagen, sondern das der Politik.
Andererseits ist es doch so: Seit es Fridays for Future gibt, wurden so
viele Klimamaßnahmen beschlossen wie in den Jahrzehnten zuvor nicht. Sind
Sie zu ungeduldig?
Nicht wir, sondern die Klimakrise ist ungeduldig. Es ist ein Wettrennen
gegen die Zeit, um die Kipppunkte zu verhindern. Uns wird oft gesagt: Das
Tempo der Politik beim Klimaschutz ist vielleicht etwas zu langsam, aber so
sind nun mal die Strukturen. Da sagen wir: Dem Klima sind die Strukturen
ziemlich egal.
23 Sep 2021
## LINKS
[1] /Globaler-Klimastreiktag-am-Freitag/!5798009
[2] /Podcast-Bundestalk/!5802428
## AUTOREN
André Zuschlag
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