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# taz.de -- Studie zur Klimapolitik der AfD: Warten auf die Spaltung
> Die AfD stellt sich weiter gegen Klimaschutz. Ihre Idee ist, auf die
> Konflikte zu warten, die Schutzmaßnahmen mit sich bringen – und dann zu
> punkten.
Bild: Wird in Zukunft für Konflikte sorgen: Überschwemmung des Hamburger Fisc…
Hamburg taz | Den [1][menschengemachten Klimawandel] zu leugnen gehört
vielfach zur Programmatik rechtspopulistischer Parteien, obwohl das Leugnen
in der Bevölkerung kaum verbreitet ist. Das ist das Ergebnis einer
Pilotstudie der Europa-Universität Flensburg in Zusammenarbeit mit der
Technischen Universität Dortmund.
Die beteiligten Wissenschaftler:innen haben zu Rechtspopulismus und
den Folgen für den Klimaschutz geforscht. „In Deutschland stimmt nur eine
ganz kleine Minderheit Aussagen zu, die den menschengemachten Klimawandel
leugnen, auch ein geringerer Prozentsatz als die AfD bei Wahlen gewinnt“,
erklärt Bernd Sommer, Leiter des Flensburger Projektteils. „Selbst bei
Menschen, die rechtspopulistische Einstellungen teilen, sehen wir allgemein
hohe Zustimmungswerte für den Schutz von Klima und Umwelt.“
Einen Zusammenhang zwischen rechtspopulistischen Haltungen in der
Bevölkerung und der Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen haben die
Forscher:innen aber durchaus gefunden und zwar dann, wenn
Klimaschutzmaßnahmen spürbare Folgen für die Bürger:innen haben. Geht es
beispielsweise um höhere Steuern, sinkt die Zustimmung vor allem in den
Bevölkerungsteilen, die rechtspopulistische Aussagen teilen.
Insbesondere Ausländerfeindlichkeit, islamfeindliche Einstellungen oder
Nationalismus korrelieren dann mit der Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen.
Sommer erklärt diesen Zusammenhang mit einer Gemeinsamkeit: „Diese Themen
drücken den Wunsch aus, die soziale Ordnung und die Privilegien, die wir
derzeit genießen, zu sichern. Durch den Klimaschutz wird das ein Stück weit
infrage gestellt.“
Obwohl die Leugnung innerhalb der Bevölkerung wenig verbreitet ist, hat die
AfD das Klima als Mobilisierungsthema erkannt. Bereits 2019 sagte Alexander
Gauland (AfD): „Die Kritik an der sogenannten Klimaschutzpolitik ist nach
dem Euro und der Zuwanderung das dritte große Thema für die AfD.“
## Faktisch falsche Aussage im Wahlprogramm
Immer wieder sorgen AfD-Politker:innen mit Aussagen zu Klimawandel und
-schutz für Aufsehen – von Gauland, der von „politisch motivierter
Panikmache“ spricht und behauptet, man könne nichts gegen den Klimawandel
tun, bis hin zu Beatrix von Storch (AfD), die die Sonne darauf verklagen
möchte, weniger zu scheinen. Im aktuellen Wahlprogramm der Partei ist
weiterhin zu lesen: Es sei nicht nachgewiesen, dass der Mensch für den
Wandel des Klimas maßgeblich verantwortlich sei. Eine Aussage, die faktisch
falsch ist.
Wie Sommer erklärt, sei es der Partei bislang aber nicht gelungen, mit dem
Thema „Klima“ in einer Form zu mobilisieren wie in der Diskussion um
Migration. Noch gäbe es eine gewisse Diskrepanz zwischen den Einstellungen
zum Klimaschutz bei potenziellen AfD-Wählenden und der Linie der Partei.
„Aber aus strategischer Perspektive der AfD ist diese Positionierung gar
nicht unklug“, so Sommer. Denn mit ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen
würden Konflikte zunehmen. „Zum Beispiel, wenn es um den Abbau von
Privilegien wie dem motorisierten Individualverkehr oder Billigflügen
geht.“
Sommer sieht dabei mögliche Parallelen zur Coronapandemie: Je stärker die
Coronamaßnahmen in das tägliche Leben eingegriffen hätten, desto lauter und
zahlreicher seien auch die Anhänger von Verschwörungserzählungen geworden.
Analog dazu könnte „die Leugnung des Klimawandels durch die AfD bestimmte
Gruppen stärker ansprechen, sobald die Klimaschutzmaßnahmen die Lebensweise
der Menschen wirklich betreffen“.
Neben diesem strategischen Kalkül zur Mobilisierung spiele aber auch die
ideologische Überzeugung und eine aus ihr resultierende grundsätzliche
Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen eine entscheidende Rolle für die
Positionen der AfD.
Eine Gefahr sieht Sommer dabei vor allem darin, dass die AfD ihre
fundamentale Ablehnung von Klimaschutzmaßnahmen in der Gesellschaft
etablieren und damit eine Polarisierung vorantreiben könnte. Das Thema
werde in Zukunft an Brisanz gewinnen, da Maßnahmen zur Einhaltung der
Pariser Klimaziele [2][Konflikte in verschiedenen Teilen der Gesellschaft]
auslösen könnten.
„Wenn es den Rechtspopulist:innen gelingt, diesen Konflikt zu
fundamentalisieren, werden grundsätzliche Fragen gestellt.“ Fragen, ob die
Energiewende überhaupt notwendig sei oder ob die Folgen von Klimaschutz
nicht viel schlimmer seien als die Klimakrise selbst. Kompromisse seien
dann nicht mehr möglich. „Aber noch gibt es in der Gesellschaft den
Konsens, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden muss und wir auf
dieser Grundlage über das Wie streiten können.“
Damit es nicht zu Fundamentalisierungen kommt, spricht sich Sommer dafür
aus, dass Klimaschutzmaßnahmen sozialverträglich umgesetzt werden. Außerdem
könnten andere Beteiligungs- und Repräsentationsformate wie beispielsweise
Bürger:innenräte für eine höhere Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen
sorgen.
24 Sep 2021
## LINKS
[1] /Warnung-des-Weltklimarats-IPCC/!5792170
[2] /Streit-um-Klimaschutz-in-Hamburg/!5789513
## AUTOREN
Tjade Brinkmann
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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Soziale Spaltung
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Alice Weidel
Schwerpunkt Klimawandel
Greta Thunberg
Schwerpunkt Fridays For Future
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