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# taz.de -- Wahlkampf und Arbeitskampf: Altherrensadomaso
> Unser Kolumnist hat nach wie vor kein Mitleid mit Armin Laschet, dafür
> aber so langsam mit den Bahn-Fahrgästen. Und mit sich selber sowieso.
Bild: Größter Gewerkschafter der Welt ist nach eigenen Angaben: Claus Weselsky
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Völlig erwartbare „Scholz ist doch
überschätzt“-Kommentare.
Und was wird besser in dieser?
Noch vier Wochen und Laschet ist Obama.
[1][„Natürlich stünden wir mit Markus Söder besser da“], sagte
CSU-Generalsekretär Markus Blume dem Spiegel. Bei all den Sticheleien aus
München: Haben Sie langsam Mitleid mit Armin Laschet?
Blume sucht einen Schuldigen für ein moribundes Wahlergebnis der CSU in
Bayern. Doch es klingt jetzt so, als wolle man Martin Schulz mit Peer
Steinbrück bestrafen.
Die [2][Lokführergewerkschaft GDL] fordert von der Bahn ein
„verhandlungsfähiges Angebot“ bis Anfang dieser Woche, ansonsten gebe es
weitere Streiks. Führen Sie uns bitte mal aus diesem Kopfbahnhof raus?
Die GDL leidet am „Kleiner-Mann-Syndrom“ (Napoleon, Peter Maffay, Armin
Laschet). Das Gewerkschaftchen wacht morgens beleidigt auf und wird ab da
empfindlicher. Ihr Selbstbild ist angemessen gigantomanisch, sie will alle
Bahngewerke vertreten und je dreister die Bahn sie dabei überfährt, desto
eher steht alles still. Und das kam so: Erst splitterte sich die Bahn – wie
viele Konzerne – in Einzelbetriebe auf. Das bricht die Macht der
Einheitsgewerkschaft. Darauf radikalisieren sich kleine elitäre
Gewerkschaften – Lokführer, wie anderswo Ärzte, Piloten, auch Journalisten.
Darauf mischt sich der Staat ein: Per „Tarifeinheitsgesetz“ soll nur noch
die größte Gewerkschaft abschließen dürfen. Und der größte Gewerkschafter
der Welt ist, nach Recherchen von Claus Weselsky: Claus Weselsky. Im
Sadomasochismus redet man bei solchen Lagen auch gern von „Tunnelspielen“.
Also: Sitzplatzreservierung online für eine Elefantenhorde wäre leichter,
doch ein Lösungsansatz wäre, Konzernen die scheinheilige und mutwillige
Zersplitterung zu erschweren.
5.688 Menschen seien im ersten Halbjahr des Jahres 2020 aus Deutschland
abgeschoben worden, auch nach Afghanistan, so berichten es die Zeitungen
der Funke Mediengruppe. Trotz allem business as usual also?
Vor zwei Jahren schwelgte Innenhorst Seehofer in „69 Abschiebungen nach
Afghanistan an meinem 69. Geburtstag“. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 140
Menschen nach Kabul verklappt, was dem biologischen Alter von Seehofers
Ansichten nahekommt. Insgesamt steigt die Zahl wieder, nachdem unter Corona
weniger geflogen worden war. Das moralische Dilemma, Menschen an
Schurkenregimes auszuliefern, ist unterdes nicht geklärt.
RBB-Moderatorin [3][Marion Brasch] hat einen Wahlaufruf für Klaus Lederer,
den Spitzenkandidaten der Berliner Linken, mit unterzeichnet. Als Strafe
bekommt sie bis zur Bundestagswahl Sendeverbot. Ihr Kollege Jörg Thadeusz
hingegen, der eine Kolumne im Wahlkampfmagazin des Berliner
FDP-Landesverbands verfasst hat, musste sich dafür nur eine Standpauke
anhören und eine Stellungnahme veröffentlichen. Geht das mit
öffentlich-rechtlichen Dingen zu?
Achtung, Maximaldisclaimer: Ich kenne, schätze und verehre die KollegInnen,
arbeite auch für den RBB und hatte flurfunkende Gespräche zum Thema. Danke,
taz, es war schon schwerer, sich komplett unbeliebt zu machen. Versuchen
wir’s mal: Ich möchte keines Kollegen Unterschrift oder Besinnungsaufsatz
für, sagenwirmal, die AfD sehen. Deshalb ist die einheitliche Regelung – no
go für alle und alles – schweren Herzens nachvollziehbar. So sieht es
übrigens auch das Justiziariat des RBB. Beide haben verstoßen. Die
Begründung, wonach nun die Kulturjournalistin zu sperren sei, der
Meinungsmoderator hingegen nicht, ist sportlich. Umgekehrt wäre plausibler
falsch.
Im Ergebnis maßregelt man eine Kollegin, die in der DDR mutig die
Resolution für Glasnost und Perestroika im SED-Funk unterschrieb. Und
begnadigt einen Kollegen, der vor vier Jahren wegen eines Wahlkampfjobs mit
Merkel für die CDU schon mal ermahnt worden war. Wahrscheinlich kann man
rhetorisch beides hinbiegen: Wer heute im TV eine Viertelstunde
parteilichst pro Feminismus, anti Rassismus predigt, wird nicht bestraft,
sondern bekommt alle Fernsehpreise. Oder, siehe oben, beide sperren. Das
dazwischen ist vom Übel, gibt Mitarbeitenden keine Orientierung und – nun
ja – hätte eine ziemlich spannende Sondersendung werden können.
Und was machen die Borussen?
Zu wenig in der Abwehr.
Fragen: Rieke Wiemann, waam
12 Sep 2021
## LINKS
[1] /CSU-Parteitag-mit-Soeder-und-Laschet/!5800104
[2] /Tarifstreit-bei-der-Deutschen-Bahn/!5800109
[3] /Dokumentarfilm-Familie-Brasch/!5525325
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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