Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Proteste gegen Lukaschenko in Belarus: Oppositionelle erwartet ihr …
> Der Aktivistin und Musikerin Maria Kolesnikowa drohen zwölf Jahre Haft.
> Mit ihrer Festsetzung hat die Opposition ihr wichtigstes Gesicht
> verloren.
Bild: Maria Kolesnikowa sitzt seit September 2020 in Untersuchungshaft
Kiew taz | Wer an der Grenze seinen Pass zerreißt, um in der Heimat bleiben
zu können, wohl wissend, dass in dieser nur Gefängnis wartet, muss sein
Land schon sehr lieben. Vor allem, wenn im fernen Stuttgart gute Arbeit und
interessante Projekte auf einen warten.
Maria Kolesnikowa, Sprecherin des Koordinierungsrates der
[1][belarussischen Opposition], hatte am 8. September 2020 an der
belarussisch-ukrainischen Grenze genau dies getan: Sie zerriss ihren Pass
und machte damit dem belarussischen Geheimdienst KGB bei seiner
inszenierten Deportation in die Ukraine einen Strich durch die Rechnung.
Dafür droht Kolesnikowa in diesen Tagen eine Freiheitsstrafe.
Für viele war Kolesnikowas Gang in die Politik Anfang 2020 überraschend
gekommen. Präsidentschaftskandidat [2][Viktor Babariko] hatte sie zur
Chefin seines Wahlkampfstabes ernannt. Die heute 39-Jährige hatte
eigentlich die Belarussische Staatliche Musikakademie als Dirigentin und
Querflötenspielerin abgeschlossen, bereits mit 17 Jahren Flötenunterricht
gegeben und im Nationalen akademischen Konzertorchester mitgespielt.
Zwischen 2007 und 2019 lebte sie vorwiegend in Stuttgart, wo sie an der
Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst wirkte.
Erst nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter 2019 entschied sie sich, wieder
nach Belarus zu ziehen, um in der Nähe des Vaters sein zu können. Nun
übernahm sie in Minsk den Job einer Art-Direktorin des Kulturclubs „Hub
OK16“, organisierte mit der Künstlervereinigung „Artemp“ Festivals,
Vorlesungen und Ausstellungen. Ihre Vorlesungen „Musikunterricht für
Erwachsene“ wurden oftmals von mehreren Hundert Zuhörern besucht.
## Immer wieder Überraschungen
Seit 2017 arbeitet sie mit Viktor Babariko, dem Chef der Belgazprombank,
die dem russischen Konzern Gazprom gehört, zusammen. Ihr Motto: „a2b“ (art
to business). Die Kunst sollte eine viel größere Rolle im Geschäftsleben –
und auch in der Politik – spielen, so das Credo.
Auch als Koordinatorin der Oppositionsbewegung überraschte sie immer
wieder. Weder die Gründung einer eigenen Partei noch ihre regelmäßigen
Versicherungen, man werde sich an alle Vereinbarungen mit dem großen
Nachbarn Russland halten, waren in der belarussischen Opposition
konsensfähig.
Mit ihrer [3][Verhaftung im September] 2020 hat die Opposition ihr
wichtigstes Gesicht verloren. Vor wenigen Tagen drang ein Video an die
Öffentlichkeit, das sie bei einer Gerichtsverhandlung zeigt. Und zur
erneuten Überraschung aller sieht man sie dort, wie sie hinter den
Gitterstäben tanzt und lacht.
Am heutigen Montag wird das Urteil verkündet werden. Das Gericht wird sich
wohl an der Forderung der Staatsanwaltschaft von 12 Jahren Haft
orientieren. Der Vorwurf: Gefährdung der nationalen Sicherheit,
Verschwörung zur verfassungswidrigen Machtergreifung und Gründung einer
extremistischen Gruppierung. Überraschungen von Richter oder Staatsanwalt
sind nicht zu erwarten. Von Maria Kolesnikowa schon. Immer wieder.
6 Sep 2021
## LINKS
[1] /Proteste-in-Belarus--ein-Jahr-danach/!5793821
[2] /Urteil-gegen-Oppositionellen-in-Belarus/!5784282
[3] /Proteste-in-Belarus/!5707963
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Belarus
Opposition
Haft
Lukaschenko
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
Schwerpunkt Krisenherd Belarus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Repression in Belarus: Gewerkschaften verboten
Der oberste Gerichtshof hat die letzten unabhängigen Gewerkschaften
verboten. Sie werden für die Protestbewegung mitverantwortlich gemacht.
Urteil gegen Oppositionelle in Belarus: Perfider Rachefeldzug
Die belarussische Oppositionelle Kolesnikowa muss elf Jahre ins Gefängnis –
ein hartes Urteil. Es zeigt: Machthaber Lukaschenko kennt keine Gnade.
Proteste in Belarus – ein Jahr danach: Fotos aus einem anderen Leben
Vor einem Jahr protestierten Zehntausende Belaruss*innen gegen
Machthaber Lukaschenko. Doch der ist immer noch da. Und die Angst ist
zurück.
Buch über Proteste in Belarus: Die weibliche Massenbewegung
In „Die Frauen von Belarus“ erzählt Journalistin Alice Bota von den
Protagonistinnen der Proteste. Doch sie stellt auch unbekannte Frauen ins
Zentrum.
Repressionen in Belarus: Razzien und Festnahmen
Machthaber Lukaschenko setzt die Unterdrückung fort. Nach
Hausdurchsuchungen bei Redaktionen und NGO's landeten mehrere Menschen im
Knast.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.