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# taz.de -- Evakuierungen aus Afghanistan: Geld gegen Sicherheit
> Rund 3.000 Menschen hat die Bundeswehr aus Afghanistan evakuiert. Klare
> Aussagen, wer noch ausgeflogen werden soll, macht die Bundesregierung
> nicht.
Bild: Ein Fallschirmjäger auf dem Rollfeld von Taschkent bereitet sich auf sei…
Berlin taz | Fast 3.000 Menschen wurden bislang durch die Bundeswehr aus
Afghanistan ausgeflogen. Unter den Evakuierten sind laut Angaben der
Bundesregierung 1.800 Afghanen und 143 Deutsche sowie Angehörige anderer
Staaten. Das gab Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin
bekannt. Doch wie viele Afghan:innen tatsächlich noch auf eine
Ausreisemöglichkeit nach Deutschland hoffen können, ist völlig unklar.
Fest steht nur: Das Zeitfenster zur Evakuierung wird immer kleiner. Erst am
Montag erklärte ein Taliban-Mitglied dem britischen Nachrichtensender Sky
News, dass die Taliban die Evakuierungsmission westlicher Staaten nicht
verlängern wollen, weil das einer Verlängerung der militärischen Besatzung
seines Landes gleich käme. Die für den 31. August festgesetzte Frist sei
eine „rote Linie“.
Was das genau für die [1][Evakuierungspläne] der Bundesregierung bedeutet,
steht noch nicht fest. „Solange die Lage vor Ort es erlaubt, werden wir die
Luftbrücke aktiv halten, sagte Christofer Burger, Sprecher des Auswärtigen
Amts auf der Regierungspressekonferenz. „Pausenlos“ werde in Berlin,
Taschkent und Kabul daran gearbeitet, Menschen zu evakuieren. „Wir denken
auch jetzt schon über diesen Zeitraum hinaus. Es gäbe auch „Gespräche mit
den Taliban“ darüber, so vielen Menschen wie möglich die Ausreise zu
ermöglichen.
Doch klare Aussagen der Bundesregierung dazu, wer eigentlich evakuiert
werden soll, gibt es nicht. Auf die Nachfrage, ob nur Ortskräfte
ausgeflogen werden sollen, die einen direkten Vertrag mit der Bundeswehr
oder anderen deutschen Institutionen haben, wich Regierungssprecher Seibert
aus. Er wies lediglich darauf hin, dass über die Ortskräfte hinaus auch
Personen aus der Zivilgesellschaft, die sich etwa menschenrechtlich,
frauenrechtlich oder für Demokratiebestrebungen eingesetzt haben, aus dem
Land geholt werden sollen.
## GIZ erntet Kritik für Bleibeprämie
Für viel Kritik sorgte das Vorhaben der Deutschen Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ), afghanischen Ortskräften, die im Land
bleiben wollen, ein Jahresgehalt auszuzahlen. Die Grüne Britta Haßelmann
nannte dies einen weiteren „Tiefpunkt im Handeln der Bundesregierung“.
„Dass in dieser Situation die Gesellschaft für Internationale
Zusammenarbeit den Ortskräften eine Bleibeprämie anbietet, ist obszön“,
erklärte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion
Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Philipp Rock, der Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums, versuchte
das Vorhaben am Montag zu verteidigen. „Das, was als Bleibeprämie
bezeichnet wird, dabei handelt es sich um ein Hilfsangebot, das wir den
afghanischen Ortskräften machen wollen“, sagte er. Die Ortskräfte, die
freiwillig im Land bleiben wollen, müssten „aus rechtlichen Grünen“ ein
Dokument unterschreiben, dass sie freiwillig in Afghanistan bleiben wollen.
Dies beträfe etwa Menschen, die kranke Angehörige pflegen wollen oder
Menschen, „die in Regionen lebten, wo die Sicherheitslage relativ stabil“
sei.
Konkret bedeutet das, dass diese Menschen nicht in das Programm für die
Rückführung von [2][Ortskräften] kommen. Allerdings gäbe es laut
Ministerium die Möglichkeit, sich wieder auf die Ausreiseliste setzen zu
lassen, wenn sich die Sicherheitslage ändere. Wie viele Menschen davon
Gebrauch machen, konnte der Sprecher nicht beantworten. Ebenso nicht, ob
sich dieses Angebot nur an Ortskräfte richtet, die in den letzten zwei
Jahren für die GIZ gearbeitet haben.
Nach einem Bericht des Spiegels kritisierten mehrere GIZ-Ortskräfte das
Angebot. Eine afghanische GIZ-Mitarbeiterin habe den Eindruck, der
Bundesregierung gehe es vor allem darum, die Zahl der Menschen die nach
Deutschland kommen, möglichst niedrig zu halten, heißt es in dem Bericht.
Sie wolle „kein Geld, sondern Sicherheit“.
23 Aug 2021
## LINKS
[1] /Ortskraefte-in-Afghanistan/!5790027
[2] /GIZ-Mitarbeiter-ueber-Ortskraefte/!5792382
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
Taliban
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