# taz.de -- Evakuierungen aus Afghanistan: Retten, wen man retten kann | |
> Die Bundesregierung muss die Evakuierungen ausweiten, fordert „Pro Asyl“ | |
> – und auch in Nachbarländer geflüchtete Menschen aufnehmen. | |
Bild: Nach der Evakuierung aus Afghanistan: Zwischenlandung in Taschkent | |
BERLIN taz | Die Menschenrechtsorganisation „Pro Asyl“ hat die | |
Bundesregierung aufgefordert, alle Schutzbedürftigen mit Bezug zu | |
Deutschland aus Afghanistan zu retten. Dafür müssten die Evakuierungen aus | |
Kabul so lange wie möglich fortgesetzt und gleichzeitig Aufnahmeprogramme | |
aus den Nachbarstaaten vorbereitet werden, erklärte der Geschäftsführer der | |
Organisation, Günter Burkhardt, in einem Pressegespräch am Freitag. Bereits | |
jetzt müsse die Bundesregierung Gespräche etwa mit Iran, Pakistan und | |
Usbekistan aufnehmen und den Ländern versichern, geflüchtete Ortskräfte von | |
dort nach Deutschland zu holen. | |
Die Betroffenen bräuchten eine verbindliche Zusage, dass Deutschland sie | |
aufnimmt, so Burkhardt weiter. Insgesamt sei die Gruppe der | |
aufnahmeberechtigten Ortskräfte zurzeit viel zu eng gefasst: „Die Taliban | |
interessiert nicht der Arbeitsvertrag“, stellte er klar. Menschen, die von | |
Subunternehmen beschäftigt wurden, sowie Personen, deren Arbeitsverhältnis | |
vor mehr als zwei Jahren endete, müssten ebenfalls sofort in die | |
Rettungsmission einbezogen werden. | |
Auch die Gruppe der Familienangehörigen, die schutzberechtigt sind, muss | |
laut „Pro Asyl“ weiter gefasst werden. „Die Engführung auf die Kernfamil… | |
wie sie das Bundesinnenministerium festgelegt hat, ist unerträglich“, | |
kritisierte Burkhardt. Bislang erhalten nur Ehepartner:innen sowie | |
deren minderjährige Kinder Schutz. Dabei seien volljährige Kinder und | |
weitere Familienmitglieder genauso gefährdet, so Burkhardt. Das gleiche | |
gelte für Angehörige von in Deutschland lebenden Geflüchteten: Auch sie | |
seien in Lebensgefahr. Alle Botschaften in der Region müssten deshalb | |
unbürokratisch und schnell Visa zum Familiennachzug ausstellen, forderte | |
Burkhardt. | |
Trotzdem bleibt die Frage: Wie gelangen die Menschen überhaupt aus dem Land | |
– zumal die Sorge besteht, dass der Flughafen von Kabul nicht mehr lange | |
offen gehalten wird. Für Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von „Pro | |
Asyl“, steht fest: „Es hängt von den Taliban ab, ob die Leute | |
herauskommen.“ Nach Auffassung von „Pro Asyl“ bleibe nichts anderes übri… | |
als mit den Taliban zu verhandeln. Nur so bestehe die Chance, dass | |
zumindest die Fluchtwege in die Nachbarländer offen bleiben. | |
## Mit Taliban verhandeln | |
Die Evakuierungen müssten dann aus den Anrainerstaaten fortgesetzt werden. | |
„Dabei geht es um das individuelle Recht auf Schutz und nicht um abstrakte | |
Zahlen“, stellte Burkhardt klar. Mehrere Bundesländer hatten in den | |
vergangenen Tagen Aufnahmeprogramme aufgelegt und Kontingente festgelegt. | |
Das helfe wenig, so Burkhardt, da jede Schätzung derzeit reine Spekulation | |
sei. Das wichtigste Kriterium bleibe die Schutzbedürftigkeit. | |
Auch aktuelle und ehemalige Mitarbeiter:innen der Gesellschaft für | |
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) riefen die Bundesregierung am Freitag | |
dazu auf, ihre Anstrengungen zur Evakuierung von Ortskräften und deren | |
Angehörigen auszuweiten. Sie warnten in einem offenen Brief davor, | |
einheimische Helfer:innen der Entwicklungszusammenarbeit im Stich zu | |
lassen. Die Ortskräfte hätten nie gezögert, sich für ihre deutschen | |
Kolleg:innen in Gefahr zu begeben. Nun gelte es, sie unbürokratisch und | |
schnell zu retten. | |
Der „World University Service“, eine internationale | |
Nichtregierungsorganisation, forderte die Bundesregierung auf, auch | |
Wissenschaftler:innen die Ausreise zu ermöglichen. Studierende und | |
Wissenschaftler:innen aus Kabul und Herat hätten sich an die | |
Organisation gewandt: „Die Universität ist geschlossen und wir wissen | |
nicht, wie es weitergeht. Bitte vergesst uns nicht und holt uns raus“. | |
Deutschland habe sich in den vergangenen zwanzig Jahren für die Hochschulen | |
in Afghanistan engagiert, so die WSU. Jetzt müsste Deutschland den | |
Studierenden eine Fortsetzung ihres Studiums ermöglichen und den | |
Wissenschaftler:innen Lehr- und Forschungsmöglichkeiten eröffnen. | |
20 Aug 2021 | |
## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
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