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# taz.de -- Selektive Aufnahme von Geflüchteten: Zwei-Klassen-Asyl
> Die Luftbrücke aus Kabul ist richtig. Umso größer ist der Hohn für die
> Schutzsuchenden, die nicht für ausländische Regierungen gearbeitet haben.
Bild: Welcome to Europe: Aliah aus Afghanistan im September 2020, im Flüchtlin…
Es gibt neuerdings zwei Klassen von Fliehenden aus Afghanistan. Die einen
haben in der Vergangenheit für ihr europäisches Gastland gearbeitet und
sich dadurch in der afghanischen Heimat in Gefahr gebracht, seit dort
wieder die Taliban an der Macht sind. Sie [1][bekommen jetzt Einreisevisa
und Aufenthaltsrecht und werden mit dem Flugzeug abgeholt] – jedenfalls
sofern sie die richtigen Papiere haben und überhaupt zum Flughafen von
Kabul gelangen, was vielen verwehrt wird mittels Bürokratie und
Waffengewalt oder einfach deswegen, weil sie gar nicht bis in die Stadt
kommen.
Die anderen Flüchtenden aus Afghanistan werden einfach nur verfolgt und
fürchten um ihr Leben, weil ihre bisherige Vita nicht den
Moralvorstellungen der Taliban entspricht. [2][Sie können jetzt sehen, wo
sie bleiben]. Entweder werden sie gleich an den Toren des Flughafens von
Kabul zurückgewiesen und erschossen, oder sie landen in von Spitzeln
durchsetzten Lagern in der Islamistenhochburg Pakistan, oder sie sterben
auf dem Weg nach Europa: auf der lebensgefährlichen Odyssee durch Iran und
die Türkei, in der Hölle der griechischen Insellager oder irgendwo in einem
der vielen rechtsfreien Räume Europas zwischen Bosnien und Calais, in denen
„Illegale“ gejagt werden wie Ungeziefer.
Diesen Flüchtlingen wird Europa nicht die Hand reichen, denn „2015 darf
sich nicht wiederholen“, wie es [3][derzeit fast täglich irgendein
deutscher Politiker sagt]. Man wird vielleicht noch ein paar medienwirksame
Sonderevakuierungen veranstalten – für „Verteidiger der Menschenrechte,
Künstler, Journalisten“, wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
verspricht – und vielleicht kommen sogar einige Zehntausend in den Genuss
eines Resettlement-Programms. Aber auch das heißt: Europa wählt einzelne
Personen aus, der Rest wird ignoriert.
Das ist neu: Europa sucht sich seine Afghanistanflüchtlinge selbst aus.
Über Einreise und Aufnahme entscheidet nicht das Ausmaß der Gefährdung,
sondern der Grad der Loyalität beziehungsweise das europäische Interesse.
„Die Menschen, die für uns gearbeitet haben, denen gegenüber haben wir eine
Verpflichtung – aber das muss exakt begrenzt sein auf diese Menschen“: Wer
hätte gedacht, dass die Maxime von AfD-Fraktionschef Alexander Gauland zu
Afghanistanflüchtlingen ziemlich genau die Position der EU und ihrer
Regierungen wiedergibt.
Die westliche Luftbrücke aus Kabul ist gut und richtig. Sie zeigt, was
möglich ist, wenn man nur will. Umso größer ist der Hohn für die große
Mehrheit der Afghanen, die Schutz brauchen, ohne für ausländische
Regierungen gearbeitet zu haben.
20 Aug 2021
## LINKS
[1] /Rettungsaktion-nach-Taliban-Einmarsch/!5793856
[2] /Bundeswehrmandat-fuer-Afghanistan/!5789912
[3] /Laschets-Afghanistan-Aeusserung/!5789611
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Schwerpunkt Afghanistan
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Protest
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