| # taz.de -- Steuersünderplattform in Stuttgart: Petzen für den guten Zweck | |
| > Steuerstasi oder Mittel zum Zweck? Baden-Württembergs Meldeplattform für | |
| > Steuersünder:innen ist zu Recht umstritten. | |
| Bild: An der Steuer vorbeigeschafft | |
| Wer schon einmal aus heiterem Himmel eine Steuerprüfung hatte und sich | |
| dabei vom Finanzamt behandelt fühlte wie Uli Hoeneß in Kleinformat, der | |
| wird angesichts des Grünen-Vorschlags einer Meldeplattform für | |
| Steuersünder:innen wohl laut aufschreien: Stasimethoden! | |
| Denunziantentum! Blockwartmentalität! | |
| Ja, so kann man das sehen. Solche Vorwürfe durfte sich Baden-Württembergs | |
| grüner Finanzminister [1][Danyal Bayaz], der ein solches Portal für sein | |
| Bundesland vorstellte, bereits anhören. Dass die Kritik an Bayaz' Vorschlag | |
| vielfach mit rassistischen Ressentiments gegen seine Person unterlegt | |
| wurde, ist natürlich überzogen und komplett unzulässig. Unangebracht ist | |
| auch das Vokabular aus dem Sprachschatz von Diktaturen. | |
| Man muss dem Grünen erst einmal zugute halten, dass ihm die verloren | |
| gegangenen Einnahmen am Herzen liegen. Der Staat wird durch | |
| [2][Steuerkriminalität] um bis zu 100 Milliarden Euro jährlich geprellt. | |
| Ebenso darf man davon ausgehen, dass dem Minister weder eine Steuerstasi | |
| vorschwebt, noch dass er dazu animieren möchte, Nachbarn zu verpetzen. | |
| Ganz von der Hand zu weisen ist die Kritik trotzdem nicht. Auch wenn sowohl | |
| die Grünen als auch das baden-württembergische Finanzministerium | |
| versichern, dass es gar nicht um die Nachbarn und ihre illegal beschäftigte | |
| Haushaltshilfe gehe (solche Hinweise würden erst gar nicht weiter | |
| verfolgt), sondern um „die ganz großen Fische“. Um Unternehmen, Banken, | |
| Anlageberater:innen, um Finanzskandale wie Cum-Ex. | |
| Zugang zu besonderen Informationen | |
| Solche Schweinereien gehören natürlich dringend aufgeklärt und die | |
| Betreiber:innen hart bestraft. Aber anonyme Meldungen waren auch | |
| bislang schon möglich. Nur konnten die Finanzämter mit den anonymen | |
| Anzeiger:innen nicht weiter kommunizieren. Was durch dieses Portal nun | |
| möglich sein soll. Dadurch gewönnen die Ermittler:innen von Beginn an | |
| mehr Anhaltspunkte, um einem Verdacht gezielter nachgehen zu können. | |
| Schon möglich, dass eine solche weiterführende Kommunikation hilfreich ist. | |
| Doch bevor es dazu kommt, sollten die ersten Angaben bereits „schlüssig | |
| formuliert sein, wahre Angaben und konkrete Informationen enthalten“. So | |
| jedenfalls formuliert es das Finanzministerium Baden-Württemberg auf | |
| Twitter. Wer aber kommt an solche Informationen in Unternehmen, Banken, | |
| Finanzinstituten heran? Wohl nur Personen, die selbst in den Unternehmen | |
| arbeiten und Zugang zu besonderen Informationen haben. Erinnert sei an | |
| dieser Stelle an die zahlreichen Steuer-CD, deren Daten sich Whistleblower | |
| über zum Teil dubiose Wege verschafft haben. Ist kriminelles Handeln zum | |
| Aufklären von Kriminalität erstrebenswert? | |
| Noch ein Wort zu den „kleinen Fischen“. Auch Hinweise zu ihnen werden | |
| verfolgt – trotz gegenteiliger Beteuerungen. Bereits bei kleinsten, auch | |
| unbewussten Vergehen verhängen Finanzämter drakonische Strafen. Da wären | |
| wir wieder beim Verpfeifen. | |
| 2 Sep 2021 | |
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