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# taz.de -- China erhöht Druck: Hongkong verschärft Zensur
> Künftig sind Filme verboten, die gegen das Sicherheitsgesetz verstoßen.
> Ein Blick nach Festlandchina zeigt, wie weit das noch gehen könnte.
Bild: Drehte einen Film über die Protestbewegung in Hongkong: Regisseur Kiwi C…
Peking taz | Es ist nicht so, dass die Filmindustrie Hongkongs am Boden
liegen würde: Regisseure der einst britischen Kronkolonie drehen nach wie
vor handwerklich solide Unterhaltungsware, die vor allem in den Kinos in
Festlandchina satte Einspielergebnisse erzielt. Die wahre Sternstunde des
Kinos aus Hongkong war jedoch spätestens 1997 mit der Übergabe an
Festlandchina besiegelt. Denn das politisch beklemmende Klima schränkte
zunehmend die Kreativität der Filmemacher ein.
Doch seitdem Peking der Finanzmetropole im vergangenen Sommer ein
drakonisches [1][nationales Sicherheitsgesetz] aufgezwungen hat, nimmt die
Zensur geradezu dystopische Züge an: Am Dienstag enthüllten die Autoritäten
ein Gesetz, das sämtliche Filme unter Verbot stellt, die potenziell gegen
ebenjenes Sicherheitsgesetz verstoßen.
„Jeder Film, der öffentlich aufgeführt wird, wird eine Genehmigung
brauchen“, sagte Hongkongs Handelssekretär Edward Yau. Wer sich nicht daran
hält, muss bis zu drei Jahre hinter Gitter und umgerechnet rund 110.000
Euro zahlen.
Die rechtliche Grundlage für die Repressionen bildet das nationale
Sicherheitsgesetz aus der Feder der Parteikader in Peking. Dieses sieht
mehrjährige Gefängnishaft für die Strafbestände Sezession, Subversion,
Terrorismus und „Verschwörung mit ausländischen Kräften“ vor. Die einzel…
Punkte sind dabei bewusst vage formuliert, damit die Regierung sie nach
Belieben interpretieren kann.
Aus vorauseilendem Gehorsam und schlichter Angst vor Verurteilung, haben
die meisten Hongkonger seither ihre Profile auf sozialen Medien gelöscht.
Die meisten kritischen Bürgergruppen – von Lehrergewerkschaften hin zur
politischen Opposition – haben sich aufgelöst. Die führenden Köpfe der
Demokratiebewegung sind ohnehin [2][längst im Gefängnis], allen voran
[3][Joshua Wong].
Auch den Kulturbetrieb wird längst von Peking beeinflusst. In den letzten
Monaten wurden sämtliche Bücherbestände der Bibliotheken gesäubert und
Karaoke-Etablissements zum Löschen „subversiver“ Lieder verdonnert.
## Szenen bei Blockbuster rausgeschnitten
Nun trifft es die Kinobranche. Genaue Verbotskriterien wurden bislang nicht
publiziert, doch ganz sicher wird es die jüngsten Dokumentarfilme treffen,
die die Protestbewegung der letzten Jahre begleiten – etwa „Revolution of
our times“ von Kiwi Chow, der kurzfristig beim diesjährigen Festival in
Cannes präsentiert wurde.
Doch wer nach Festlandchina blickt, weiß, dass die Zensurwut der
Kommunistischen Partei keinerlei Grenzen kennt: Bei vielen apolitischen
Unterhaltungsfilmen fehlen oftmals einzelne Einstellungen oder
Dialogzeilen, ohne dass Zuschauer den genauen Grund erkennen können.
So wurde eine Szene aus dem Film „Mission Impossible 3“ herausgeschnitten,
weil es den Drehort Shanghai in schlechtem Licht darstellt: Tom Cruise
liefert sich in der Passage eine Verfolgungsjagd, während man im
Hintergrund aufgehängte Unterwäsche zum Trocknen sieht. Auch der Film
„Joker“ hat keine Erlaubnis in China bekommen – mutmaßlich, weil der
Blockbuster anarchistisches Verhalten ohne moralische Verurteilung
porträtiert.
Doch auch jede Kunstausstellung oder Foto-Vernissage muss stets im
Vorhinein vom örtlichen Kulturbüro genehmigt werden. Genau wie sämtliche
Underground-Bands vor ihrem Auftritt sämtliche Liederzeilen bei staatlicher
Stelle einreichen müssen: Wer [4][von der Playlist abweicht], dem drohen
satte Strafen. Dass sämtliche Regelungen bald auch für das einst freie
Hongkong eingeführt werden, ist keine Frage des Ob, sondern nur des Wann.
25 Aug 2021
## LINKS
[1] /Ein-Jahr-Sicherheitsgesetz/!5783608
[2] /Repressives-Klima-in-Hongkong/!5775487
[3] /Repressionen-in-Hongkong/!5770385
[4] /Hongkongs-Popstar-Anthony-Wong/!5786418
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Hongkong
China
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Zensur
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zeitgenössische Fotografie
Hongkong
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