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# taz.de -- Internationaler Bildungsgipfel in London: Bildung für alle trotz P…
> Der Weltbildungsgipfel sammelt Milliardenhilfen. Die Schülerinnen
> beklagen vor allem eines: Den erschwerten Bildungszugang für Mädchen.
Bild: Malala Yousafzai (Bildschirm in der Mitte) erhielt besonderen Applaus
Berlin taz | Zusätzliche Milliardenhilfen sollen dazu beitragen, dass
Mädchen in armen Ländern trotz der Covid-19-Pandemie weiter zur Schule
gehen können. Auf dem [1][Weltbildungsgipfel] (Global Education Summit),
den die Regierungen Großbritanniens und Kenias am Donnerstag gemeinsam in
London ausrichteten, sagten zahlreiche Regierungen erhöhte Zuschüsse zur
[2][Globalen Bildungspartnerschaft] (GPE) zu. Das 2002 gegründete Bündnis
aus Regierungen, Vereinten Nationen, Hilfswerken und dem Privatsektor
fördert Schulbildung in den ärmsten Ländern der Welt.
Die GPE benötigt bis 2025 fünf Milliarden US-Dollar (4,2 Milliarden Euro).
Ziel des gestrigen Gipfels war, mindestens vier Fünftel davon einzusammeln
und damit bereits in diesem Jahr deutlich mehr tun zu können als bisher.
Den letzten GPE-Finanzierungsgipfel hatten vor drei Jahren Senegal und
Frankreich gemeinsam ausgerichtet. Damals gab es noch keine Pandemie –
heute überschattet sie die globale Bildungsdiskussion.
„Mehr als die Hälfte der Kinder der Welt sind von langen Schulschließungen
betroffen gewesen“, bilanzierte WHO-Generaldirektor Tedros Ghebreyesus.
Schulen seien für Kinder in armen Verhältnissen nicht nur Orte des Lernens,
sondern auch Orte der Sicherheit und der Ernährung.
Zum Höhepunkt der Pandemie seien 1,6 Milliarden Kinder weltweit vom
Schulbesuch ausgeschlossen gewesen, betonten mehrere Redner. Über 150
Millionen seien bis heute betroffen. „Covid hat die Fortschritte schneller
und stärker zunichtegemacht, als irgendjemand vorhergesagt hat“, sagte der
britische Außenminister Dominic Raab. Wenn nichts getan werde, würden 24
Millionen Kinder nie wieder in den Unterricht zurückkehren. „Das dürfen wir
nicht zulassen.“
## Teenagerschwangerschaften und arbeitslose Väter
Raab sagte für Großbritannien 430 Millionen Pfund (505 Millionen Euro) für
GPE zu. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach 700
Millionen Euro – 100 Millionen jährlich für die nächsten sieben Jahre.
Deutschland ist mit 316 Millionen Euro dabei. Zahlreiche
Empfängerregierungen versprachen ihrerseits, den Anteil der
Bildungsausgaben an ihren Staatshaushalten deutlich zu erhöhen – das
GPE-Ziel beträgt 20 Prozent, aber viele Länder erreichen das nicht. Die
Geberzusagen, die jeweils mit dem Schrillen einer Schulglocke im Londoner
Konferenzzentrum gefeiert wurden, dauerten bei Redaktionsschluss noch an.
Klarer Schwerpunkt des Gipfels war Bildung für Mädchen. Schülerinnen und
Jugendaktivistinnen aus zahlreichen Ländern vor allem in Afrika traten auf,
leiteten Panels und sprachen Klartext. Neben Corona als Grund für die Krise
der Bildung für Mädchen sagte Cynthia Nyongesa aus Kenia, warum Mädchen
tatsächlich nicht in die Schule gehen können: „Teenagerschwangerschaften
und Arbeitslosigkeit der Väter“. Sikemi Okunrinboye aus Nigeria verwies auf
mangelnde Sicherheit. Sie war Schülerin, als die [3][islamistische
Terrorgruppe Boko Haram] im Jahr 2014 mehrere Hundert Schülerinnen im Dorf
Chibok entführte. Selina Nkoile aus Kenia empfahl, mit welchen Argumenten
man traditionalistisch eingestellte Väter aus Hirtengesellschaften
überzeugt, auch Töchter zur Schule zu schicken: „Bildung ist wie eine
zusätzliche Kuh, die man zu jeder Jahreszeit melken kann.“
Besonderen Applaus erhielt die zugeschaltete [4][Friedensnobelpreisträgerin
Malala Yousafzai] aus Pakistan. „Wenn wir eine gerechtere Welt wollen,
müssen wir dafür sorgen, dass Mädchen zur Schule gehen“, sagte sie. Um das
zu erreichen, müssten die Aktivistinnen auf die eigene Kraft setzen. „Wir
sind nicht nur die Führer der Zukunft, sondern die Führer des Jetzt.“
Einige angereiste Präsidenten nutzten den Gipfel, um Reformen vorzustellen.
Julius Maada Bio aus Sierra Leone berichtete, schwangere Schulmädchen in
seinem Land – 2.000 im vergangenen Jahr, bei acht Millionen Einwohnern –
würden neuerdings nicht mehr, wie früher, von der Schule geworfen und
dürften als junge Mütter wieder in den Unterricht zurückkehren. Mohamed
Bazoum aus Niger nannte als größtes Problem die Einstellung
traditionalistischer Muslime. Die glaubten, Mädchen seien möglichst früh
von der Schule zu nehmen und zu verheiraten. Manche seien bereits mit 13
Jahren Ehefrauen, 77 Prozent aller nigrischen Mädchen schon vor dem 18.
Geburtstag. Er setzt auf Mädcheninternate, wo Schülerinnen frei vom Druck
der Familie mindestens vier Jahre lernen und ihren Oberschulabschluss
machen können.
Die konkreten Herausforderungen der Pandemie aber sind viel unmittelbarer.
Für die Jugendlichen aus armen Ländern bestand das größte Problem darin,
dass digitales Lernen und Distanzunterricht bei ihnen nicht existieren.
Mädchen seien beim Zugang zu Computern und Smartphones benachteiligt.
GPE-Gelder könnten nun vor allem in Technologie fließen, damit die ärmsten
Länder wie bereits bei der Telekommunikation eine Etappe überspringen und
ein digitales Schulwesen für alle entwerfen.
29 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.globalpartnership.org/financing-2025/summit
[2] https://www.globalpartnership.org/
[3] /Krise-in-Nigeria/!5769814
[4] /Friedensnobelpreistraegerin-in-Pakistan/!5495191
## AUTOREN
Dominic Johnson
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