# taz.de -- Große CSD-Demo am Samstag in Berlin: Politik und Party | |
> 20.000 Menschen werden erwartet: Am Samstag ist CSD in Berlin. Bei der | |
> Großdemo und weiteren Events steht in diesem Jahr die Politik im | |
> Vordergrund. | |
Bild: Tausende waren bei der East-Pride-Demo; auch der CSD erwartet viel mehr B… | |
BERLIN taz | Ermutigend, ernüchternd, irritierend. Die Berliner Pridesaison | |
2021 bot ein gemischtes Bild. Ja, das war immer so, doch es gab auch Neues | |
zu beobachten. Äußerst ermutigend etwa war der Zug Schwarzer Queers, | |
Indigener, People of Colour und ihrer Verbündeten, der am 26. Juni, zum | |
Auftakt des Regenbogenmonats, in Kreuzberg startete. Mit deutlicher | |
antirassistischer Botschaft („Niemand ist frei, bis nicht alle frei sind“) | |
und diszipliniertem Verhalten, was den Infektionsschutz betrifft, hat diese | |
Demo endgültig die jahrzehntelange weiße Dominanz im Berliner CSD-Business | |
aufgebrochen. | |
Sie war Teil einer Sterndemo, deren Zentrum der Alexanderplatz bildete. Die | |
beiden andere Demoarme, „East Pride“ mit Start in Prenzlauer Berg und die | |
von Neukölln ausgehende „Queerschutz now“-Demo, fokussierten die Bewegung | |
in der DDR und Solidarität mit osteuropäischen LGBTIs sowie den Erhalt | |
queerer Infrastruktur in Berlin. Die Sterndemo selbst – flankiert von einem | |
enorm vielfältigen Livestream – erwies sich als ein ermutigendes, | |
zukunftsweisendes Modell für die Berliner Community, denn sie demonstrierte | |
Verbundenheit bei unterschiedlichen Schwerpunkten. | |
Ernüchternd war später am Tag der Eindruck vom anarchistischen CSD am | |
Kreuzberger Mariannenplatz, der vor allem der maskenfreien Druckabfuhr nach | |
einer partyarmen Zeit zu dienen schien – nicht unähnlich der Entwicklung, | |
die der Abend in der Hasenheide nehmen sollte. Dabei ist Feiern durchaus | |
möglich, ohne politischen Anspruch und Infektionsschutz aufzugeben. | |
Das zeigten zum Beispiel der erste Berliner Trans* Pride und der | |
ermutigende Marzahn Pride, der am 17. Juli zum zweiten Mal auf die Straße | |
zog, um mit Fokus auf die russischsprachige Community Vorurteile abzubauen: | |
gegenüber LGBTI, aber auch gegenüber einem Stadtteil, der bislang als nicht | |
sonderlich queer-freundlich gilt. | |
## Regenbogeninflation und Doppelmoral | |
Verglichen damit konnte die plötzliche Regenbogeninflation irritieren, die | |
sich, ausgelöst durch die epidemiologisch mehr als zweifelhafte | |
Fußball-Europameisterschaft, bis weit ins konservative Lager ausbreitete. | |
Zuweilen schien es dabei mehr um eine Abwertung osteuropäischer Ländern zu | |
gehen, als um Solidarität mit den Queers dort. Die Doppelmoral | |
pinkwashender Großunternehmen trat deutlich zu Tage. Auch kamen die nicht | |
gerade queerfreundliche Struktur des deutschen Männerfussballs, sowie die | |
überkommene Geschlechterbinarität des Sports in der Debatte kaum vor. | |
Gegen männliche Dominanz und für lesbische Sichtbarkeit gehen, | |
beziehungsweise fahren, [1][am Freitag hingegen Lesben und Co.] beim Dyke* | |
March auf die Straße. Traditionell findet diese Demo am Vorabend des | |
„großen“ CSDs statt, der am Samstag durch die Stadt zieht. | |
Doch auch die Parade des Berliner CSD e.V, die in Berlin eine Art Abschluss | |
der Saison bilden wird, kommt in diesem Jahr anders daher. Mit Nasser | |
El-Ahmad wurde im März zum ersten Mal eine Person of Color in den Vorstand | |
des Vereins gewählt. Dieser hatte schon im vergangenen Jahr eine | |
Alternativdemo initiiert, nachdem der Verein ausschließlich auf einen | |
Livestream setzte. | |
Wesentlich kleiner als in der Vergangenheit war die Parade 2020, weniger | |
kommerziell und politischer. Dieser Charakter soll erhalten bleiben, so | |
scheint es. „Der CSD soll inhaltlich mehr eine Bühne sein und nicht nur | |
eine Bühne haben“, sagte Patrick Ehrhardt vom Vorstand kürzlich. | |
32 politische Forderungen sollen im Fokus stehen, von der Einrichtung von | |
LGBTI-Omdudsstellen durch alle zwölf Bezirke bis zur Abschaffung des | |
„Transsexuellengesetzes“. Mit 20.000 erwarteten Teilnehmenden könnte der | |
Zug zwar weit größer werden, als im ersten Pandemiejahr, Partywägen soll es | |
aber auch diesmal keine geben. Um den Verzicht auf Alkohol wird gebeten, | |
das Tragen einer Maske wird erwartet. | |
Solches gilt auch bei der Internationalist Queer Pride for Liberation, die | |
am frühen Abend in Neukölln starten soll. In der Ankündigung der radikalen | |
Komplementärdemo heißt es: „Wir setzen uns mit ganzem Herzen dafür ein, die | |
Strukturen des weißen suprematistischen, kapitalistischen Patriarchats | |
herauszufordern.“ | |
22 Jul 2021 | |
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[1] /Dyke-March-Berlin-am-23-Juli/!5781879 | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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