| # taz.de -- Marzahn Pride am 17. Juli: „Das bunte Miteinander“ | |
| > Der Marzahn Pride zieht zum zweiten Mal durch den Stadtbezirk, in dem der | |
| > größte Teil der russischsprachigen Bevölkerung Berlins lebt. | |
| Bild: Der Marzahn Pride fand 2020 das erste Mal statt | |
| taz: Frau Chayka, den Marzahn Pride veranstaltet Quarteera, ein Verein, der | |
| gegründet wurde, um Homophobie in der russischsprachigen Community in | |
| Deutschland zu bekämpfen. | |
| Evelina Chayka: Angefangen hat [1][Quarteera] mit der Organisation einer | |
| russischsprachigen Gruppe beim Berliner CSD 2010. Damals waren wir nur eine | |
| kleine Gruppe von Enthusiasten. Wir wollten russischsprachigen Queers in | |
| Deutschland eine Stimme geben und auf die sich immer weiter | |
| verschlechternde Lage der LSBTIQ*-Community in Russland angesichts des | |
| sogenannten „Propaganda-Gesetzes“ aufmerksam machen. Und wir wollten den | |
| russischsprachigen queeren Menschen in Deutschland ein Zugehörigkeitsgefühl | |
| vermitteln. | |
| Wie macht das der Verein konkret? | |
| Derzeit setzt Quarteera jedes Jahr ein durch das Auswärtige Amt gefördertes | |
| Projekt zur Stärkung der LSBTIQ*-Community in den Ländern der östlichen | |
| Partnerschaft und Russland um. Quarteera organisiert zahlreiche | |
| Aufklärungsveranstaltungen in Kooperation mit befreundeten | |
| russischsprachigen Vereinen, führt seit 2019 ein Modellprojekt der | |
| politischen Bildung in Kooperation mit der Akademie Waldschlösschen zur | |
| Sensibilisierung zur LSBTIQ* von Russischsprachigen durch – und vernetzt | |
| über 120 Mitglieder bundesweit. | |
| Warum braucht es diesen Pride in Marzahn? | |
| Letztes Jahr sind wir auf die Idee gekommen, den ersten Marzahn Pride ins | |
| Leben zu rufen, da Marzahn für uns schon immer eine Metapher für den | |
| „Post-Ost-Raum“ darstellte. In Marzahn wohnt der größte Teil der | |
| russischsprachigen Bevölkerung Berlins. Darin haben wir die Möglichkeit | |
| gesehen, genau diese Menschen zu erreichen. Seit dem letzten Jahr hat sich | |
| unsere Beziehung mit Marzahn sehr positiv entwickelt – nun befindet sich | |
| hier unser Büro. Also sind wir in Marzahn nicht mehr zu Gast, sondern zu | |
| Hause. Da es erst seit Kurzem geschehen ist, betrachten wir den | |
| diesjährigen Marzahn Pride als eine kleine Einweihungsfete. | |
| Was hat sich nach dem ersten Pride, an dem rund 500 Menschen dabei waren, | |
| verändert? | |
| Anlässlich des ersten Pride haben wir eine Reihe von | |
| Aufklärungsveranstaltungen durchgeführt, zum Beispiel das Projekt | |
| „Lebendige Bibliothek“. Der Sinn besteht darin, dass ein Mensch das Buch | |
| des eigenen Lebens darstellt und über etwas Autobiografisches berichtet. | |
| Die Marzahner*innen konnten alle möglichen offenen Fragen an die | |
| LGBTIQ*-Sprecher*innen stellen, die ihnen am Herzen lagen. | |
| Und wie war die Resonanz? | |
| Die Reaktionen waren durchweg positiv. Außerdem haben wir angefangen, | |
| sowohl mit diversen LGBTIQ*-Organisationen aus Marzahn als auch mit | |
| Nicht-LGBTIQ*-Organisationen zu kooperieren. Und wie schon erwähnt, war der | |
| größte Erfolg seit der Durchführung des ersten Marzahn Prides, dass wir die | |
| Unterstützung des Bezirks für die Eröffnung des eigenen Büros bekommen | |
| haben. Zudem nimmt Quarteera an der Entwicklung eines Bezirksplanes zum | |
| Abbau von Homo-, Bi- und Trans*Feindlichkeit sowie an der Aktion zum | |
| diesjährigen [2][IDAHOBIT-Tag] (International Day Against Homophobia, | |
| Biphobia, Interphobia and Transphobia, Anm. d. Red.) teil. | |
| Habt ihr ein Motto? | |
| Unsere Botschaft lautet „Marzahn – das bunte Miteinander“ (oder auf | |
| Russisch: „Марцан – мы все одинаково любим“). Da… | |
| dass wir – alle Bezirksbewohner*innen und Berliner*innen, ob | |
| Migrant*innen, LSBTIQ* oder nicht – viel Gemeinsames haben. Wir lachen | |
| gleich, wir weinen gleich. Letztendlich sind unsere Sexualität oder | |
| Identität nur einer der Aspekte, die in unserem Leben eine große Rolle | |
| spielen, aber es ist keiner, der alles andere überschattet. | |
| Was habt ihr vor beim Pride? | |
| Dazu haben wir eine Social-Media-Kampagne ins Leben gerufen, wo die | |
| Menschen mit der Welt teilen können, was sie mögen und lieben und was ihnen | |
| am Herzen liegt. Die besten Mitteilungen werden auf Plakate gedruckt und | |
| beim Umzug mitgetragen. So können Menschen aus der ganzen Welt an der | |
| Parade teilnehmen, auch wenn sie physisch nicht dabei sein können. Beim | |
| Pride wird es natürlich einen Umzug geben, Grußworte von unseren | |
| Unterstützer*innen und Kooperationspartner*innen und eine | |
| kleine Fête mit Musik und Performances. | |
| Was würdet ihr euch vom Bezirk wünschen? | |
| Wir sind dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf und der Bezirksbürgermeisterin | |
| Dagmar Pohle für die ganze Unterstützung sehr dankbar. Wir wünschen uns | |
| natürlich, dass sich uns Menschen anschließen und mit uns auf der Straße | |
| gute Laune verbreiten. | |
| Und vom Senat? | |
| Wir wünschen uns, dass wir in Kontakt mit dem Senat treten können, um | |
| wichtige Kontakte für unsere Organisation aufbauen zu können. Finanzielle | |
| Unterstützung für diverse Projekte wäre natürlich nicht schlecht – so | |
| könnten wir noch mehr soziale Projekte starten und fördern. Aber auch | |
| Kontakte mit Menschen, die uns nach außen unterstützen oder die uns bei | |
| diversen Fragestellungen helfen könnten, sind Gold wert. | |
| Hat der Verein genug finanzielle Mittel für all die Arbeit? | |
| Zum Glück haben wir viele Freiwillige, die mit viel Engagement und | |
| Herzblut anpacken, deshalb sind wir bis jetzt ohne große finanzielle Mittel | |
| gut über die Runden gekommen. Allerdings wäre finanzielle Unterstützung | |
| unabdingbar, wenn der Verein sich weiter entwickeln will. So könnten wir | |
| Leute gegen Bezahlung einstellen, damit sie unsere sozialen Projekte in | |
| Vollzeit managen können. Auf diese Weise könnten wir viel mehr Menschen | |
| erreichen und die Leute unterstützen, die unsere Hilfe wirklich brauchen. | |
| Migration ist ein wichtiges Thema, [3][Quarteera klärt auf und berät]. Wie | |
| stehen die Chancen, als Lesbe oder Trans* aus Russland hier Asyl zu | |
| erhalten? | |
| Homo- oder Trans*-Sein alleine ist in Deutschland kein Grund dafür, Asyl zu | |
| erhalten. Man ist immer in der Nachweispflicht, dass man im Ursprungsland | |
| verfolgt wird – hat man es nachgewiesen, besteht die Chance, subsidiären | |
| Schutz zu erhalten. Leider ist es so, dass Menschen, die in Russland oder | |
| postsowjetischen Ländern in besonders kritischen Situationen stecken und | |
| am meisten Hilfe brauchen, die schlechtesten Chancen haben, jegliche Hilfe | |
| oder Asyl zu erhalten. Viele trauen sich nicht über die schwerwiegenden | |
| Erfahrungen zu sprechen oder wissen nicht, welche Möglichkeiten die | |
| deutsche Gesetzgebung zulässt. Außerdem ist es nicht trivial, Verfolgung | |
| nachzuweisen, wenn Feindlichkeiten aufgrund der sexuellen Orientierung | |
| nicht offiziell dokumentiert werden können, wenn lokale Polizeistellen | |
| jegliche Unterstützung verwehren, oder, schlimmer noch – LGBTQ-Menschen | |
| zusätzlich diskriminieren. | |
| 2. Marzahn Pride, Samstag, 17. Juli, Start um 12 Uhr, Helene-Weigel-Platz | |
| 16 Jul 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.quarteera.de/ | |
| [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Tag_gegen_Homo-,_Bi-,_Inter-_… | |
| [3] http://www.quarteera.de/migration | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hergeth | |
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