# taz.de -- Folgen der Coronakrise: Jenseits der Belastungsgrenze | |
> Bei vielen Mitarbeiter:innen von Krankenhäusern und Pflegeheimen hat | |
> Corona Spuren hinterlassen. Wer hilft eigentlich denen, die anderen | |
> helfen? | |
Genug Masken waren da, Schutzkleidung auch, es gab eine Regelung für | |
Besucher:innen. Als Louisa Blankenstein ihren neuen Job in einem Pflegeheim | |
in Bayern antrat, waren die Coronamaßnahmen schon Alltag, die erste | |
Infektionswelle war vorbei, alles lief geordnet. Die Physiotherapeutin | |
sollte in dem Heim dafür sorgen, dass die Bewohner:innen möglichst | |
beweglich bleiben und den Mitarbeitenden zeigen, wie sie ergonomisch und | |
rückenschonend arbeiten. Dann brach Ende 2020 in dem Heim eine | |
[1][Coronainfektion] aus. Bewohner:innen und Mitarbeiter:innen | |
haben sich infiziert. Wie viele es waren, weiß Blankenstein nicht genau, | |
aber es seien viele gewesen. | |
Blankensteins Job hatte dann mit ihren eigentlich Aufgaben nicht mehr viel | |
zu tun. „Ich habe geholfen, wo es ging“, sagt die 26-Jährige. Das hieß, | |
Menschen, die isoliert werden mussten, zu betreuen, an Demenz erkrankten | |
Bewohner:innen immer wieder erklären, warum sie in ihrem Zimmer bleiben | |
mussten, oder aufpassen, dass niemand auf den Flur geht. Besonders in dem | |
geschützten Bereich, in dem Demente auf einer geschlossenen Station leben, | |
war das anstrengend. Zu der Erkrankung gehört, dass die Menschen oft | |
unruhig sind, viel Beschäftigung brauchen. „Ich glaube manche Menschen sind | |
komplett wahnsinnig geworden, weil sie nicht verstanden haben, warum sie | |
ihr Zimmer nicht verlassen dürfen.“ | |
Louisa Blankenstein sitzt im Juli auf einer Holzbank vor einer Bar im | |
Münchner Werksviertel. Es hat den ganzen Tag geregnet, jetzt scheint wieder | |
die Sonne. Familien sind unterwegs, Gruppen sitzen bei Getränken zusammen. | |
Im Vergleich zum Frühjahr sind die Zahlen der Corona-Neuinfizierten | |
vergleichsweise niedrig. Was in dem Altenheim passiert ist, die kranken | |
Menschen, die Schutzausrüstung, die Coronatests, das kann man in so einer | |
Situation, draußen in der Sonne bei einem kalten Getränk, leicht | |
verdrängen. | |
## Bilder, die nicht verschwinden | |
Aber es gibt eben auch die, die das nicht wegschieben können, die psychisch | |
belastet oder sogar traumatisiert sind von dem, was sie [2][in Alten- und | |
Pflegeheimen und Krankenhäusern gesehen und erlebt haben]. Die Menschen, | |
denen das Atmen so schwer fällt, die mit großer Angst, ob sie überleben | |
werden, die, die sterben, obwohl sie noch jung sind. Die piependen | |
Monitore, die Geräusche der Beatmungsmaschinen, die Schutzkleidung, unter | |
der es unsagbar heiß ist, das Gefühl, die Menschen nicht so gut es geht | |
pflegen zu können, weil es einfach so viele sind. Die Angst, etwas falsch | |
zu machen bei all dem Stress. | |
Der International Council of Nurses, der Weltbund der Pflegekräfte, | |
[3][warnte im Januar], dass die Pflegekräfte in der Pandemie nicht nur an | |
ihre körperlichen Grenzen kommen, sondern auch psychisch enorm belastet | |
sind. Umfragen unter Pflegepersonal haben gezeigt, wie massiv gestresst und | |
erschöpft das Pflegepersonal ist. Wer hilft in so einer Situation | |
eigentlich denen, die immer anderen helfen? | |
Louisa Blankenstein erinnert sich noch besonders gut an eine Bewohnerin des | |
Altenheims. Die Frau atmete merkwürdig, offenbar bekam sie schlecht Luft. | |
Die Mitarbeiter:innen haben sie dann so gelagert, dass ihr das Atmen | |
leichter fällt. „Erst ein paar Tage später war klar, dass sie positiv ist�… | |
erzählt Blankenstein. Die Frau sei dann bald in ein Krankenhaus gebracht | |
worden und dort wenig später verstorben. | |
Was in dem Pflegeheim, in dem sie arbeitet, passiert ist, nennt die | |
26-Jährige mal „heftig“, mal spricht sie von „Wahnsinn“. Dass es sie | |
belastet, darüber hat sie gar nicht so sehr nachgedacht, sagt sie. Geändert | |
hat sich das erst, als Mitarbeiter:innen des Pflegeheims bei einer | |
Intervention mitgemacht haben. Eine Psychologin hat sich angehört, wie es | |
ihnen geht und erklärt, warum das Erlebte belastend ist und wie sie damit | |
umgehen können. | |
## „Es geht um Leben und Tod“ | |
„Corona hat für nicht wenige Menschen im Gesundheitswesen traumarelevante | |
Ausmaße angenommen“, sagt Marion Koll-Krüsmann. „Es geht um Leben und Tod | |
und man ist hilflos.“ Die Psychologin und Psychotherapeutin sitzt im ihrem | |
Büro in der Geschäftsstelle des Vereins [4][PSU Akut] in der Nähe des | |
Westparks in München. Auf einem Tisch stapeln sich Kartons mit Infomaterial | |
und Flyern. Auf einem anderen Tisch steht die Urkunde des Münchner | |
Gesundheits- und Pflegepreises, den der Verein Anfang Juli bekommen hat. | |
Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mitarbeitenden des | |
Gesundheitswesens nach schwerwiegenden Ereignissen Hilfe anzubieten. Für | |
solche Interventionen geht der Verein in Pflegeheime und Krankenhäuser, | |
hauptsächlich in Bayern. Außerdem werden Menschen, die selbst im | |
Gesundheitswesen arbeiten, ausgebildet, um ihre Kolleg:innen mit | |
Gesprächen unterstützen zu können. Das Konzept ist nicht neu. In anderen | |
Bereichen, beim Rettungsdienst, der Feuerwehr oder der Bundeswehr ist es | |
schon jahrelang etabliert. | |
0800-0911912 – am Ende dieser Leitung hat Marion Koll-Krüsmann in den | |
vergangenen Monaten auch gesessen. Der Verein hat eine Rufnummer | |
eingerichtet, eigentlich sollte sie für die Menschen sein, die ihren | |
Kolleg:innen Hilfe anbieten und selbst mal mit jemandem sprechen | |
wollten. Gleich zu Beginn der Pandemie wurde sie für alle Mitarbeitenden | |
des Gesundheitswesens geöffnet. Mehrere solcher Nummern gibt es seit der | |
Pandemie speziell für Pflegekräfte, Ärzt:innen und andere, die im | |
Gesundheitswesen arbeiten. | |
Man könnte meinen, die Hürde, eine Nummer zu wählen, um jemand Fremden | |
seine Probleme zu erzählen, ist hoch. Bei manchen ist die Verzweiflung oder | |
das Bedürfnis zu sprechen, aber offenbar einfach noch größer. | |
Bei der [5][PSU-Nummer] haben hunderte Menschen angerufen. Zu Beginn der | |
Pandemie war Angst das vorherrschende Thema, sagt Koll-Krüsmann. „Das ist | |
die Angst, das Virus auf die Arbeit zu tragen, die Angst Angehörige | |
anzustecken, sich selbst anzustecken.“ Andere Anrufer:innen erzählten, | |
dass sich die Bilder von dem, was auf den Intensivstationen passiert ist, | |
wie die Patient:innen aussahen, in ihr Gedächtnis eingebrannt hätten. | |
Das sei ein Leitsymptom einer posttraumatischen Belastungsstörung, erklärt | |
Koll-Krüsmann. Sie ist im Gespräch sehr darauf bedacht, das Erzählte zu | |
anonymisieren. Dass sich die Menschen, die sich ihr anvertraut haben, nicht | |
in diesem Text erkennen, ist ihr sehr wichtig. Sie will das Vertrauen nicht | |
gefährden. | |
In den Pflege- und Seniorenheime hat sich die Pandemie angefühlt wie ein | |
Tsunami, sagt Koll-Krüsmann. Viele Menschen haben sich dort infiziert und | |
starben. Die Bewohner:innen dieser Heime sind dort oft lange Zeit, | |
Mitarbeiter:innen und Bewohner:innen kennen sich, bauen ein | |
Verhältnis auf. „Und normalerweise haben solche Heime Palliativkonzepte, | |
das Sterben ist würdevoll“, sagt Koll-Krüsmann. „Dann kam die Pandemie und | |
die Menschen waren in ihren Zimmern eingesperrt. Auch das hat vielen | |
Mitarbeitern unglaublich weh getan.“ | |
## Ein Trauergottesdienst für das Personal | |
Bei den Interventionen in den Pflegeheimen sei es deshalb viel um | |
Verarbeitung von Trauer gegangen. „In einem der ersten Häuser, wo wir | |
waren, haben wir einen Trauergottesdienst organisiert“, erzählt | |
Koll-Krüsmann. Das Personal war erstaunt, nicht selbst auf diese Idee | |
gekommen zu sein. „Man hat richtig gemerkt, dass alle noch total erstarrt | |
waren. Sie haben bis dahin einfach gearbeitet, wie in einem Hamsterrad.“ | |
Koll-Krüsmann und ihr Team haben auch Personal von Intensivstationen | |
begleitet. Besonders deren Hilflosigkeit des Personals spielte dabei eine | |
Rolle. „Da kam ein relativ junger Mensch nachmittags zu Fuß in die Klinik | |
und am nächsten morgen ist er tot und das Team hat nichts machen können.“ | |
Wer so etwas erlebt, muss es verarbeiten. Das ist wichtig, sagt die | |
Psychologin. Verarbeitete Ereignisse machen die Menschen stark, was nicht | |
verarbeitet wird, kann später zu größeren Problemen bis hin zum Burnout | |
führen. | |
Dabei ist Verdrängen, Weglachen, das Runterbeten von Durchhalteparolen oft | |
so viel leichter, als um Hilfe zu bitten. Ein Dienst noch, bald ist | |
Feierabend, dann Urlaub, nicht mehr lange. | |
Dass das Personal im Gesundheitswesen überlastet ist, ist kein Phänomen der | |
Pandemie. Die Betten, in denen die Coronapatient:innen lagen, waren | |
vorher nicht leer. Schon seit Jahren herrscht ein eklatanter Personalmangel | |
in der Pflege, tausende Stellen waren und sind unbesetzt. „Ich kenne die | |
Medizin schon sehr lange“, sagt auch Koll-Krüsmann. „Das, was sich in den | |
letzten zwanzig Jahren zu einer zunehmenden Kommerzialisierung des | |
Gesundheitswesens entwickelt hat, macht die Arbeit für die Mitarbeitenden | |
sehr schwer.“ Die Belastungen durch die Pandemie, die Ängste, die | |
zusätzlicher Arbeitsaufwand, Kolleg:innen, die selbst erkrankt sind, das | |
alles hat sich da noch einmal oben drauf gesetzt. | |
In vielen Krankenhäusern und Pflegeheimen arbeiten zwar Seelsorger:innen, | |
sie betreuen aber überwiegend Patient:innen, Bewohner:innen und deren | |
Angehörige. Hilfsstrukturen speziell für das Personal sind selten. In einer | |
[6][Umfrage des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe] im Dezember 2020 | |
gaben fast zwei Drittel der befragten Pflegekräfte an, dass es in der | |
Einrichtung, in der sie arbeiten, kein Angebot zur psychosozialen | |
Unterstützung, Beratung oder Supervision für Mitarbeiter:innen gibt. | |
Sascha Scharmann muss bei der Frage lachen, ob ihm und seinen | |
Kolleg:innen irgendeine Unterstützung angeboten wurde. Er sitzt an einem | |
Dienstag im Juli in einem Café in der Nähe des Kurfürstendamm in Berlin. | |
Scharmann hatte Frühdienst, er ist Gesundheits- und Krankenpfleger. Jetzt | |
nimmt sein Handy, sucht ein Foto. Darauf zu sehen ist er selbst, in den | |
Händen hält er eine große silberne Schale. „Da waren geraspelte Möhren | |
drin, das war nicht mal Salat, nur geraspelte Möhren. Und das hat die | |
Pflegedienstleitung als Dankeschön in die Küche gestellt“, erzählt er. „… | |
musste lachen und war gleichzeitig sprachlos. Da kommt man sich richtig | |
verarscht vor.“ | |
Scharmann hat seine Ausbildung in Bremen absolviert, zog später nach | |
Berlin. Dort hat er während der ersten Corona-Welle von März bis Juni 2020 | |
auf einer Intensivstation gearbeitet. Wegen des Personalmangels war das | |
auch vorher schon anstrengend, sagt er. Und dann kam Corona. | |
Er beschreibt Bilder, wie man sie im Fernsehen gesehen hat. Die Maske, die | |
tiefe Spuren im Gesicht der Pflegekräfte hinterlassen hat, Dienste, in | |
denen er nicht auf die Toilette konnte, weil das Aus- und wieder Anziehen | |
der Schutzkleidung zu lange gedauert hätte und er die Kollegin nicht mit | |
den Patient:innen allein lassen wollte. Die vielen jungen | |
Patient:innen, die keine Vorerkrankungen hatten und trotzdem schwer an | |
Covid-19 erkrankten. Die Angst und Panik der Patient:innen, die noch wach | |
waren und gemerkt haben, dass es ihnen schlechter geht, ihnen gesagt wurde, | |
dass sie beatmet und ins künstliche Koma versetzt werden müssen. „Das ist | |
so schlimm, das tat mir so leid“, sagt Scharmann. „Du hältst deren Hand und | |
sagst, alles wird gut. Aber man wusste eigentlich gar nichts. Man war so | |
super hilflos.“ | |
Weinend zusammenbrechen, weil man dem nicht gerecht wird und einfach nicht | |
zufrieden ist, das ist ihm auch passiert. Entlastet hat ihn, wenn | |
Seelsorger:innen mit den Patient:innen sprechen konnten. Aber | |
selber bei einer Hotline anrufen? Das hätte er nicht gemacht, er wüsste | |
nicht, was er sagen soll. Aber an einer Supervision im Team, daran würde er | |
auf jeden Fall teilnehmen. | |
Das zeigt auch, wie schwer es ist, den richtigen Weg und das richtige | |
Angebot für die zu finden, die sonst anderen helfen. In der Umfrage des | |
Pflegeverbands haben nur rund 14 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte | |
überhaupt auf die Frage geantwortet, welche unterstützenden Maßnahmen sie | |
bräuchten. | |
## „Überfordert und überlastet“ | |
„Niemand war zuvor in solch einer Situation, niemand wusste, wie es werden | |
würde. Es ist vollkommen normal, dass man sich da überfordert und | |
überlastet fühlt“, sagt Barbara Voigt. Sie ist leitende Psychologin an der | |
Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik der Charité, arbeitet am | |
Campus Benjamin Franklin. Dort sitzt sie auf einer Bank im Park des | |
Geländes, ganz in der Nähe des Hubschrauberlandeplatzes. Dass Menschen auf | |
der Intensivstation sterben, das kennen die Mitarbeiter:innen dort, | |
sagt sie. Aber nicht in der Masse, wie in der Pandemie. Wer zuvor einen | |
Patienten an einer künstlichen Lunge betreuen musste, hatte plötzlich drei. | |
Manchmal blieb nur abwarten, ob es de:r Patient:in schafft. | |
Wer sich belastet fühlt, ist nicht gleich psychisch krank. Nicht jede*r | |
muss sofort eine Psychotherapie machen. Zu sagen, ich kann nicht mehr, | |
bedeutet nicht gleich, für den Beruf nicht geeignet zu sein. Als in Italien | |
schon die Krankenhäuser mit Corona-Patient:innen überlastet waren, hat ein | |
italienischer Kollege Voigt und ihren Kolleg:innen [7][von der Belastung | |
seiner Mitarbeiter:innen] erzählt. „Die Kollegen konnten nur noch | |
reagieren, wir haben uns deshalb überlegt, was wir für unsere Mitarbeiter | |
tun können.“ | |
Zusammen mit anderen Fachrichtungen des Krankenhauses haben sie und ihre | |
Kolleg:innen [8][ein Netz aus Hilfen] aufgebaut. Es gab eine Hotline, | |
die alle Mitarbeiter:innen anrufen konnten. Den Teams wurde | |
Supervision, Fortbildung und Krisenintervention angeboten. Zwischenzeitlich | |
waren auf den Stationen, auf denen Corona-Patient:innen versorgt wurden, | |
insgesamt 16 Psycholog:innen im Einsatz. Sie waren für die | |
Patient:innen und Angehörigen ansprechbar, aber eben auch für die | |
Mitarbeiter:innen. „Dabei ging es nicht unbedingt um lange Gespräche, | |
sondern darum, dass jemand da ist, der beispielsweise fragt: Wie ging es | |
Dir mit der Reanimation gerade“, sagt Voigt. Zwischendurch muss sie ihre | |
Erzählung unterbrechen, der orangene Rettungshubschrauber startet zu einem | |
Einsatz. | |
Nur zu wissen, dass sie eine:n Ansprechpartner:in hätten, sei für die | |
Teams schon eine Entlastung. Und auch wenn sie glaubt, dass es nicht immer | |
so viel Gesprächsbedarf wie in der Pandemie geben wird, so hofft Voigt, | |
dass insbesondere das Konzept der fest auf den Intensivstationen | |
arbeitenden Psycholog:innen an der Charité auch über die Pandemie | |
hinaus bestehen bleibt und vielleicht auch Vorbild für andere Kliniken | |
werden kann. | |
## Bedarf an psychosozialer Unterstützung | |
Voigt will nicht, dass es so rüber kommt, als sollten Pflegekräfte durch | |
die Angebote bei Stange gehalten werden. „Ich glaube, man muss das trennen: | |
Es gibt strukturelle Probleme und es gibt unabhängig davon den Bedarf an | |
psychosozialer Unterstützung.“ | |
Marion Koll-Krüsmann vom Münchner Verein PSU Akut ist sich sicher, dass die | |
Frage, ob sich Arbeitgeber:innen im Gesundheitswesen um ihre | |
Mitarbeiter:innen kümmern, immer wichtiger werden wird, die Kliniken | |
damit werben werden. Sie sagt aber auch: „Wenn das ganze vorbei ist, werden | |
wir echt ein Problem kriegen mit dem Personal.“ Aus den Kliniken wird ihr | |
erzählt, dass man sich dort auf die vierte Welle vorbereitet. „Das Personal | |
hat ein starkes Verantwortungsbewusstsein, die verlassen jetzt nicht ihren | |
Posten, aber ich fürchte, wenn das alles vorbei ist, dann könnten einige | |
gehen.“ | |
Ihre Befürchtungen sind nicht unbegründet. Unter dem Hashtag #Pflexit | |
schreiben Pflegekräfte seit Monaten in den sozialen Medien, warum sie | |
überlegen, den Beruf zu verlassen oder schon gegangen sind. Überstunden, | |
die Anrufe an den freien Tagen, zu wenige Pflegekräfte, die für zu viele | |
Patient:innen zuständig sind, mangelnde Wertschätzung. Die Liste lässt | |
sich fortführen. Die Bezahlung spielt oft nur eine kleinere Rolle. | |
## Es fehlt nicht unbedingt am Geld | |
Das sagt auch Louisa Blankenstein. In dem Pflegeheim, in dem sie arbeitet, | |
sind viele Mitarbeiter:innen unzufrieden. Nicht, weil das Geld fehlt. | |
Sondern weil ihren Job nicht so gut machen können, wie sie es gerne | |
möchten. Die Arbeitsbelastung ist zu hoch, es fehlen Kolleg:innen, die | |
Stimmung ist schlecht, sagt sie. | |
Sascha Scharmann ist ausgestiegen, im Juni 2020 hatte er seine vorerst | |
letzte Schicht auf der Intensivstation. Er hatte das Angebot bekommen, in | |
einer Arztpraxis zu arbeiten. „Ich bin unglaublich gerne Krankenpfleger und | |
auch stolz darauf. Und da habe ich mich gefühlt, als hätte ich aufgegeben.“ | |
In der Arztpraxis ist er dann aber nicht lang geblieben. Heute arbeitet er | |
wieder auf einer Intensivstation, in einer kleineren Klinik. Er finanziert | |
sich damit das Studium der Gesundheitspsychologie und Medizinpädagogik. | |
9 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Marthe Ruddat | |
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